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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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halten. Dann stand sie auf.
    »Kendra, ich bitte dich, er hat doch bloß um Hilfe gebeten. Was soll das denn?«
    »Vielleicht mag ich keine Schwerter. Vielleicht mag ich ihn nicht. Er hat hier nichts verloren, und er benimmt sich komplett daneben.« Sie bewegte sich in Richtung Tür.
    Mellas legte die Hand auf die Tür, fast als wollte er Dunn den Weg versperren. Er zitterte innerlich. Er bemühte sich, mit ruhiger, beherrschter Stimme zu sprechen. »Bitte, Lieutenant, Ma’am.« Er streckte ihr eine Hand entgegen, die Handfläche nach vorn, die Finger gespreizt, wie um sie abzuwehren. »Glauben Sie mir, ich bin nicht hergekommen, um Ärger zu machen. Ich gebe zu, dass ich hier nichts verloren habe. Hören Sie, ich kann nicht erklären, warum es so wichtig ist. Bitte. Ich bin nur hergekommen, um Karen – Lieutenant Elsked – um Hilfe zu bitten, und ich finde, das liegt bei ihr. Wenn sie Nein sagt, gehe ich. Ich gehe auch, wenn sie Ja sagt. Morgen gehe ich. Dann sind Sie mich los. Vielleicht bin ich mich dann auch los.« Er wandte sich wieder an Elsked und sprudelte hervor: »Karen, ich muss dieses Schwert unbedingt haben.« Wenn es geholfen hätte, sich Dunn zu Füßen zu werfen, hätte er es getan.
    Elsked erkannte das, und ihr Gesicht zeigte Mitgefühl. Sie nickte langsam. Sie stand auf und griff nach ihrer Uniform. »Warten Sie in der Offiziersmesse«, sagte sie zu Mellas. »Dort gibt es immer heißen Kaffee. Ich komme dorthin, sobald ich kann.« Sie wandte sich an Dunn, die mit zusammengepressten Lippen zugesehen hatte. »Nun entspann dich schon. Okay? Er ist harmlos.« Ihr Blick ging zurück zu Mellas. »Jedenfalls für uns.«
    Mellas gelangte ohne Zwischenfall wohlbehalten in die Offiziersmesse, aber sein Herz hämmerte noch immer. Er goss sich einen Becher Kaffee ein und wartete. Eine Stunde verging. Er trank noch zwei Becher. Zerstreut blätterte er in Zeitschriften. Mit dem Wachwechsel kamen Schwestern und Ärzte herein. Manche nickten ihm zu oder sagten Hallo. Der Raum leerte sich. Er nahm den vierten Becher in Angriff. Eine weitere Stunde verstrich.
    Dann kam Elsked in den getäfelten Raum. Sie hatte das Schwert in der Hand. Ihre Augen glänzten, und sie atmete schwer, sodass sich ihre Brüste sichtbar auf und ab bewegten.
    »Sie haben es!«, rief Mellas. Er eilte ihr entgegen, um sie zu umarmen, bremste sich dann aber und blieb stehen.
    Sie übergab es ihm beinahe förmlich, wie bei einer Verleihung. »Mein Gott, Karen. Danke.« Mellas ergriff es am Heft und drückte es fest, die Augen feucht vor überschäumender Freude und Dankbarkeit. Er hielt es vor ihnen beiden hoch. »Ich komme mir vor wie Sir Francis Drake«, sagte er, plötzlich befangen.
    Sie lachte. »Wenn Sie wollen, schlage ich Sie damit zum Ritter, aber ich habe mich eher nicht wie Queen Elizabeth gefühlt, als ich bei dem guten Doktor angeklopft habe, der es HM - 1 Bell abgekauft hat.« Sie lachte erneut. »Aber als es darum ging, das Geschäft rückgängig zu machen, war ich die reinste Bloody Mary.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Mellas und lachte. Er blickte sie an, und ihm fiel auf, dass sie gut fünfzehn Zentimeter kleiner war als er. »Es hat einem aus meinem Zug namens Vancouver gehört. Er ist damit gestorben, als er über eine LZ gerannt ist, um ein paar Gooks auszuschalten, die von der anderen Seite rüberkamen. Ohne ihn wäre der Angriff gescheitert. Er …« Zu seiner eigenen Überraschung schnürte es Mellas die Kehle zu. »Er …« Er wollte fortfahren, aber die erstickende Traurigkeit füllte ihm Lunge und Augen und lähmte seine Zunge. Er brachte kein Wort heraus.
    »Ist schon gut«, sagte Karen. Sie berührte ihn leicht am Unterarm. »Er war ein Freund. Sie vermissen ihn, wie die anderen.« Sanft umfasste sie seinen Arm und hielt ihn fest.
    Mellas konnte nur nicken, Tränen strömten ihm übers Gesicht.
    »Ich wusste, dass es wichtig ist. Sie müssen es nicht erklären. Ich bin froh, dass ich es gefunden habe.« Ihre Blicke trafen sich, dann ließ sie seinen Arm los.
    Mellas lächelte. Das Erstickungsgefühl war vorbei. »Sie ahnen gar nicht, was Sie da für mich getan haben«, sagte er.
    »Ich glaube«, antwortete sie, »da täuschen Sie sich.«
    Mellas betrachtete das Schwert. »Ja. Als wenn ich es noch mal brauchen würde, eines Tages oder so. Schon verrückt.«
    »Nein. Gesund.«
    Er sah ihr direkt in die Augen, und sie erwiderte den Blick, klar und warm.
    »Wahrscheinlich werde ich Sie nicht wiedersehen«,

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