Matterhorn
Fitch. »Was hat Kendall gesagt?«
»Dass es ihm leidtut und dass er sich drum kümmert. Was soll das heißen, mein Scheißjob?«
»Was haben Sie denn sonst zu tun?«, warf Mellas ein.
»Also, eins muss ich ganz bestimmt nicht, nämlich mir irgendwelche dämlichen Sprüche von frischgebackenen Lieutenant-Klugscheißern anhören, so viel steht mal fest.«
Mellas lachte, aber er bereute seine dumme Witzelei. Zugleich versuchte er verzweifelt, sich sämtliche Einzelheiten des fehlgeschlagenen Hinterhalts gegen die Kühe in Virginia in Erinnerung zu rufen.
Fitch reinigte eine Weile seine Fingernägel, dann ergriff er das Wort. »Ich schicke eine Gruppe des Ersten Zugs zu einer Randale raus.«
»Wozu denn das?«, fragte Hawke.
»Der Three hat mich angefunkt und mir gesagt, dass er das will.«
»Aber wozu denn?«, insistierte Hawke.
»Er sagt, der Six und er finden beide, das wäre eine gute Gelegenheit, ein paar Gooks zu töten.«
»Sie meinen wohl, eine gute Gelegenheit, dem Regiment zu zeigen, wie toll wir auf Zack sind.«
»Vielleicht.«
Fitch blieb stumm, weil er wusste, dass es keinen Ausweg gab, aber Hawke musste Gelegenheit bekommen, allen mitzuteilen, dass er anderer Meinung war. Er wandte sich an Mellas und seufzte. »So ist das«, sagte er. »Ich lasse Eins und Zwei die Lücke füllen. Die sollen Ihre Schützenlöcher übernehmen, Mellas, wenn Ihre Jungs draußen sind. Gehen Sie mit?«
Wieder der Test und die sehr reale Versuchung, Bass oder Connolly damit zu beauftragen. Er unterdrückte sie. »Ja. Warum nicht? Irgendwann muss ich ja gehen, und es gibt schließlich nur ein einziges großes Jetzt.«
»Was? Sind Sie vielleicht ein Scheißbuddhist oder so was?«, fragte Hawke.
Es dauerte einen Moment, bis der Groschen bei Mellas fiel, dann notierte er im Geiste die Bemerkung und revidierte seine Einschätzung von Hawke erneut. Er lachte. »Nein. Lutheraner. Uns bleibt die ganze Ewigkeit, aber wir haben deswegen ein schlechtes Gewissen.«
»Scheiße, wovon quatscht ihr beiden eigentlich?«, fragte Fitch, ehrlich verwirrt. Er sah auf seine Uhr. »Kommt mal lieber in die Gänge, ehe es so dunkel wird, dass man nichts mehr sieht.«
Trotz seiner Angst fand Mellas den Gedanken, einen Hinterhalt zu legen, aufregend. Das Bataillon würde sofort erfahren, wer die Aktion geleitet hatte. Vielleicht bekam er sogar eine Auszeichnung, wenn sie genügend Feinde töteten. Und wenn er schon die ganze Nacht draußen im Regen und in der Kälte liegen musste, konnte er sich wenigstens die Befriedigung verschaffen, jemanden zu töten. Sobald ihm dieser Gedanke in den Sinn kam, tadelte er sich für seine Gefühllosigkeit. Er wusste auch, dass er nicht den Nerv hatte, jemand anderen aufzufordern, den Hinterhalt anzuführen.
Er war gerade damit fertig geworden, Jacksons Gruppe – sie war an der Reihe – in die bevorstehende Aktion einzuweisen, als Hamilton ihm zurief, dass gleich eine Besprechung der Actuals stattfand.
»Jetzt gleich? Ich komme doch gerade von dort.«
»Jetzt gleich, Sir.«
Ziemlich geladen ging Mellas zu Fitchs Unterschlupf zurück. Alle anderen waren schon da, auch die beiden Kit-Carson-Kundschafter. Ihr Wert lag angeblich darin, dass sie die NVA genauestens kannten. Leider sprach keiner in der Kompanie Vietnamesisch, sie sprachen kein Englisch, und einem Deserteur trauten die Marines sowieso nicht. Das Ganze war eine weitere dieser hirnrissigen Ideen, die man sich nur in Washington, sechzehntausend Kilometer von der Wirklichkeit entfernt, hatte ausdenken können.
Die beiden Kit Carsons hockten auf dem Boden und versuchten, mit ihrem Transistorradio vietnamesische Musik zu hören.
»Hey, Arran«, knurrte Cassidy den Hundeführer an, »sag den kleinen Arschlöchern, sie sollen das verdammte Gedudel abdrehen.« Weil Arran ungefähr sieben Wörter Vietnamesisch kannte – mehr als jeder andere –, redete immer er mit den Kit Carsons. Er zeigte auf das Radio und machte mit den Händen hackende Bewegungen. Irgendwann kapierte der kräftigere der beiden kleinen Männer, was man von ihm wollte, und schaltete aus. Sein Arm war schrecklich zernarbt. Die Marines vermuteten, dass er die Verwundung davongetragen hatte, als er noch auf der anderen Seite gewesen war. Er hielt das Radio hoch und grinste.
»Nummah eins.«
Arran sah ihn finster an. »Radio Nummer zehn. Nummer zehn.« Er zeigte himmelwärts. »Dunkel, NVA . Nummer zehn.«
Der Kit Carson nickte. »Nummah zehn.«
»Ja, stimmt genau, du
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