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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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Zeit unterbrochen, danach setzte sie den Unterricht zwar fort, konnte aber nicht mehr an die damaligen Erfolge anknüpfen. Als Ersatz übernahm sie Rollen in der Theatergruppe des Gymnasiums. Auf Rat ihres Vaters begann sie mit dem Studium der Philologie und schloss es erfolgreich ab. Sie lebte in einer Wohngemeinschaft mit drei Männern und einer Studentin. Sie hatten eine sehr geräumige Wohnung mit hohen Decken und reicher Stuckverzierung zur Verfügung, jeder nutzte zwei eigene Zimmer. Zwei Bäder mit Duschen sowie eine separate Gästetoilette reichten für ihre hygienischen Bedürfnisse. Einzig die Küche war klein, aber damit konnten sie sich arrangieren, größere kulinarische Orgien waren ohnehin nicht ihre Sache. Mit Christina, die Psychologie studierte, verstand sie sich sofort. Basti, Sportstudent, der überall die Türen offen stehen ließ, einschließlich der Toilette, war nett und hilfsbereit, Rolf, angehender Biologe, der sympathische Stimmungsmacher, nur Sven war nicht ihr Fall, verschlossen und wortkarg. Er studierte Ökotrophologie, was man allerdings seinem kalorienreichen Speiseplan in keiner Weise ansah. Christina kannte ihn schon seit dem Kindergarten. Das Wohnhaus war repräsentativ, aber alt, hatte feudale Zeiten gesehen, die längst und nicht spurlos vorbeigegangen waren. So bescherte es ihnen öfter ein Dark-Dinner, einen ausgefallenen Herd oder streikenden Kühlschrank, weil es Kurzschlüsse gab oder die alten Leitungen den Geist aufgaben.
    Eines Nachts, als ein heftiges Gewitter tobte, das Licht im Haus und sogar das der Straßenbeleuchtung ausfiel, packte Vera solche Angst, dass sie zu Christina ins Bett flüchtete und sich an sie kuschelte. Schon als Kind flößten Gewitter ihr panische Angst ein. Christina streichelte sie wie ein Kind, sie fühlte sich wohl in der geborgenen, tröstenden Wärme. Ihre Hand wanderte beruhigend über ihren Rücken, langsam hinunter zu ihrem Gesäß, was ein eigenartiges Kribbeln auslöste, vorsichtig über den Bauch zu ihren Brüsten. Sie wurde rot, spürte Hitze in ihren Kopf steigen, wie gut, dass es stockdunkel war und niemand sie sehen konnte, versuchte, sich ihr zu entziehen, aber das aufregende Gefühl hinderte sie daran. Sie stellte sich schlafend, wollte die Erregung, die sich plötzlich einstellte, nicht unterbrechen. Christina schob auch ihr Nachthemd hoch, sie spürte ihre nackte Haut, als sie sich an sie schmiegte und dort berührte, wo sich noch nie eine fremde Hand befunden hatte. Das Gefühl wurde nach einer Weile so stark, dass sie ein Stöhnen nicht zurückhalten konnte und sich ganz der Führung ihrer Freundin hingab. Erfahrungen sexueller Art hatte sie kaum gemacht, ein paar Küsse mit Jungs ausgetauscht, flüchtige Berührungen, die ihr aber nichts bedeuteten.
    Ab dieser Nacht fühlte sie sich zu Christina hingezogen und zu Frauen, statt zu Männern, zumindest, wenn es um erotische Kontakte ging. Als sie ihr Studium beendeten, zogen sie in eine gemeinsame Wohnung und lebten als Paar, streng verborgen vor ihren Eltern, die noch immer an eine bloße Wohngemeinschaft aus Kostengründen dachten. Christina war für sie wie eine zweite Tochter. Warum sollten sie ihre Illusion zerstören, sie hatten nicht die Toleranz und Flexibilität, damit umzugehen. Vera ließ sich als Dolmetscherin ausbilden, hatte Anstellungen bei Verlagen und Privatschulen, konnte aber den Theatertraum nie aus ihrem Herzen verdrängen. Christina arbeitete in einer psychologischen Praxis. Mit ihr teilte sie alle Interessen, es war eine glückliche Zeit. Sie war ein Sonnenschein, stets gut gelaunt, humorvoll, vielseitig interessiert, und wie sie, eine begeisterte Theaterbesucherin. Es gab gemeinsames Lachen, Gedankenlesen, Reisen in interessante Länder, in denen Veras gute Sprachkenntnisse von Nutzen waren. Ihre morgendlichen Ballettübungen machte sie noch an jedem Tag, aber sonst erfreute sie sich daran nur noch als Zuschauerin.
    Christina hatte es entdeckt, das Haus lag an dem Waldweg, den sie bei ihrem Wochenendjogging immer passierten. »Mein Hexenhaus«, nannte sie es, »wenn das mal verkauft wird, dann wird es unseres.« Es war ihr gemeinsamer Traum. Irgendwann war es soweit, die Besitzerin wurde krank und zog zu ihrem Sohn, das Haus bot sie zum Verkauf an. Der Kaufpreis war nicht zu hoch, die Renovierungsarbeiten schlugen weit mehr zu Buche. Die Bank half mit einem günstigen Kredit. Endlich konnten sie sich ihren Wunsch erfüllen, waren überglücklich mit dem

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