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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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Entfaltung ihrer Bereitschaft in einer Hülle der Zärtlichkeit geschenkt, die sich schließlich im Sich-Vergessen entladen konnte. Eng an seinen ästhetischen Körper geschmiegt, lag sie lange, ohne zu schlafen, verwundert über das unbekannt Schöne, das ihr widerfahren war und das sie zu begreifen suchte. Seine regelmäßigen Atemzüge, die sich wie sanfte Dünung auf ihre Haut übertrug, wurden zu einer Melodie, die sie davonschweben ließ, wie auf einem fliegenden Teppich aus Träumen.
    War ich bisher zu oberflächlich, zu naiv in Liebschaften hineingerutscht?, sinnierte sie. Ja, das war so, aber es hat mich reifen und jetzt den Wert dieser Beziehung erkennen lassen.
    »Ich liebe«, flüsterten ihre Lippen leise, »ich liebe, zum ersten Mal liebe ich wirklich in meinem Leben.«
    Früh am Morgen rief sie Mattuschke an, damit er beim Frühstück nicht auf sie warten sollte. Er schien nicht sonderlich überrascht zu sein, meinte nur, schade und dass ihm die Marmelade von Ida jetzt nur halb so gut schmecken werde. »Du wirst es überstehen, ich bin ja bald wieder bei dir«, sagte sie bester Laune.
    »Du frühstückst mit deinem Vermieter, sprichst mit ihm wie zu deinem Kind, gehst mit ihm aus, findest du das nicht sehr ungewöhnlich?«, fragte Paul noch schläfrig.
    »Natürlich ist es ungewöhnlich, aber er ist auch ein ungewöhnlicher Mann, dem ich viel verdanke, natürlich nicht etwas so unvergleichlich Schönes wie dir. Er war immer korrekt mir gegenüber, sonst wäre das innige Verhältnis nie entstanden.«
    Sie küsste Paul, seine Wangen waren rau wie Schmirgelpapier, die Bartstoppeln stachen schwarzblau heraus. »Damit könntest du mich glatt verwunden«, meinte sie, »wir sollten mal einen Weichmacher verwenden.« Er musste laut lachen, bedeckte sie mit Küssen: »Ich liebe dich Louise, ich weiß gar nicht, wie unendlich lange schon.« Mit einem Satz sprang er aus dem Bett. »Dann werde ich mich mal schön machen für die hübsche Dame, es wäre unverzeihlich, ihre zarte Haut zu ritzen.«
    Sie hörte ihn im Bad rumoren und streckte sich wohlig im Bett aus, das ihr jetzt allein gehörte. Ganz gleich, wie das Wetter heute wird, es kann nur ein wundervoller Tag werden, wenn er mit einem solchen Morgen beginnt.
    Sie hatte dienstlich in Nürnberg zu tun; als sie es Vera erzählte, war sie Feuer und Flamme mitzufahren.
    »Ich habe spielfrei an den Tagen, was hältst du davon, wenn ich mitkomme und wir die Fahrt mit einem Abstecher nach Bayreuth zu meinen Eltern verbinden?«
    »Das wäre großartig, was sagt Amina dazu?«
    »Sie ist ausgebucht, Eskortservice für einen Industriellen inkognito.« Nachdem sich auch Gila entschloss mitzufahren, machte sich das Trio per Zug auf den Weg. Während Louise ihre geschäftlichen Dinge erledigte, nutzten Gila und Vera die Zeit für Einkäufe. Abends aßen sie im Lokal Z ur ewigen Lampe. D as Essen war nicht schlecht, aber das Ganze hatte in der Tat den Hauch ewiger Gestrigkeit, der welkhäutige Kellner wirkte wie nach hundertjährigem Tiefkühlschlaf aufgetaut. Trotzdem war ihre Stimmung ausgezeichnet, lange hatte es in diesen Räumen mit dem Hauch des Ewigen nicht mehr so munteres Gelächter gegeben. Veras Eltern empfingen sie herzlich, froh, ihre Tochter wiederzusehen, dazu in solch reizender Begleitung. Da sie mit Mann und erwarteten Enkelkindern neckten, schloss Louise, dass sie noch immer nichts von Veras Veranlagung wussten, die über ihr Handy kurz Kontakt zu Amina aufnahm. Während des Gesprächs hielt sie sich kichernd die Hand vor den Mund und wünschte noch viel Spaß. Als sie später erzählte, Aminas millionenschwerer Industrieller habe den lustigen Namen Hasenköttel, brach Louise in Gelächter aus und berichtete von ihren Erfahrungen. »Hoffentlich hat er vorher gezahlt, sonst fürchte ich um Aminas Einnahmen, zu beneiden ist sie um seine Gesellschaft jedenfalls nicht.«
    Am Abend zeigte Vera ihnen Bayreuth, den grünen Hügel der Festspiele, das markgräfliche Theater, den roten Main, Erinnerungen an ihre Studentenzeit und das Haus, das sie mit Christina bewohnte. Eine bunte Kachel hing neben der Eingangstür: Hier wohnen die vier Berge, daneben waren zwei große und zwei kleine Hügel gemalt. Familie Berg mit zwei Kindern. Sie werden glücklich sein hier am Wald, in unserem Hexenhaus, dachte sie mit Wehmut, ich bin verwundert, wie fremd Vertrautes plötzlich sein kann. Sie war zum ersten Mal nach ihrem Auszug wieder an diesem Platz und empfand große Distanz.

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