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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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Bald war man ja vereint und teilte ohnehin, Glück, Sorgen und Geld. Dann kam der Schock, der erhoffte Bräutigam, ein seit langem gesuchter Betrüger, brachte etliche Frauen wortreich um ihr Gespartes. Jetzt fand der Prozess statt und die mehr als peinliche Zeugenbefragung. Deshalb hatte sie bis zuletzt geschwiegen. Sie tat Louise leid.
    Dieser unglückliche Umstand führte aber glücklicherweise dazu, dass sie an jenem Tag mit Paul alleine im Büro sein konnte. Die ausgetauschten Blicke wurden eindeutiger, hatten keine Zuschauer zu befürchten. Schließlich nahm er sich ein Herz, umarmte und küsste sie. Sie glaubte, den Boden unter den Füßen weggleiten zu sehen. Für den nächsten Abend verabredeten sie sich in seiner Wohnung, sie wollten vermeiden, gemeinsam in der Öffentlichkeit zu erscheinen.
    Aufgeregt stand sie vor seiner Tür mit dem sorgfältig geschriebenen Namenszug ,Paul Ganthner. Sie hatte sich die Wohnung des Junggesellen, in Erinnerung an Ricks Behausung, anders vorgestellt. Sie war picksauber, aufgeräumt und gediegen eingerichtet. Modernes Mobiliar stand auf einem cremefarbenen Wollteppich, Vorhänge und Gardinen harmonierten farblich, an den Wänden hingen fein gearbeitete botanische Radierungen einer Malerin, die ihr aus dem Kunstunterricht bekannt war.
    » Brigitte Coudrain,« murmelte sie leise, Paul war überrascht.
    »Du kennst dich in der Malerei aus? Ich liebe die Arbeiten dieser Frau, sie enthalten unglaubliche Feinheiten. Wenn es dich interessiert, zeige ich dir auch die anderen Bilder.«
    »Gerne, ich mag sie sehr, sie war eine Schülerin von Friedlaender; die Pflanzen erscheinen mir schöner in ihrer lithografischen Feinheit, als in der Wirklichkeit, wahrscheinlich auch, weil man sie dort flüchtiger betrachtet.«
    Als sie an diesem Abend nach Hause fuhr, war ihr Herz so weit, angefüllt mit Glücksgefühlen, Sehnsüchten und Übermut, wie ein soeben aufgerissener stahlblauer Himmel, dass sie Purzelbäume hätte schlagen können. Sie war verliebt, fühlte sich in einem Rausch, der ihren Körper in Spannung hielt und angenehm erzittern ließ. Sie stellte das Radio an. Eros Ramazotti, jetzt passte er zu ihrer Gefühlslage. Ausgelassen interviewte sie sich zum Spaß selbst beim Fahren. »Haben Sie einen neuen Geliebten, Frau Leblanc? Dürfen wir für unsere Zuhörer und Leser etwas mehr erfahren? Sind sie glücklich, glauben Sie, dass es der Richtige ist, haben Sie schon Heiratspläne?«
    Alle Fragen beantwortete sie dem imaginären Fragesteller laut und unter Lachen; sie musste aufpassen, nicht an die Bordsteine zu geraten. Tränen liefen über ihr Gesicht. Wie konnte sie nur so albern sein. Bei allem Übermut bemerkte sie den dunklen Wagen nicht, der vor dem Haus gewartet hatte und langsam hinter ihr herfuhr.
    Für das Wochenende verabredeten sie sich in der Försterklause, Louise hatte wieder Dienst, es war unauffällig, dort zusammenzutreffen, und sie konnte ihn Gila vorstellen. Gila bekam ausreichend Gelegenheit, sich mit ihm auszutauschen. In einer kurzen Pause flüsterte sie ihr zu: »Du hattest ja bisher wenig Vertrauen in meine Einschätzungen, aber diesmal ist es der Wurf in die neun, der Mann ist goldrichtig für dich, mit ihm erlebst du keine Enttäuschung, du weißt doch, wie gut ich die Männer einschätzen kann.«
    Sie freute sich über Gilas Worte; auch wenn sie sich manchmal über die ungeschminkte Kritik geärgert hatte, musste sie ihr im Nachhinein zugestehen, richtig gelegen zu haben, umso mehr waren ihre heutigen goldenen Worte wert. Für Paul empfand sie Gefühle in einer Tiefe und Intensität wie bisher für keinen Mann. Manchmal hatte es ihrer Eitelkeit geschmeichelt, dem männlichen Begehren nachzugeben, dann wieder waren es experimentelle Reize, oder stärkere Gefühle wie bei Rick oder Karsten, die aber nie die hier erlebte Dimension erreichen konnten. Tief waren auch die Dankbarkeitsgefühle für Heinz, aber Dankbarkeit und Liebe waren etwas ganz Verschiedenes.
    Sie fuhr mit Paul zurück und verbrachte die Nacht bei ihm. Es war eine neue Erfahrung. Sie spürte keine Ungeduld, keine Hast, nur das Genießen der unfassbar schönen Berührung ihrer Körper. Kein Drängen, als ob es keine Rolle spiele, allein in der zarten Berührung zu verharren oder ineinander zu dringen bis zum leidenschaftlichen Schlussakkord des Gefühls. Nie zuvor hatte sie jemand mit solcher Geduld berührt, ohne unausgesprochene Forderung oder gezeigte Erwartung und ihr damit Zeit für die

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