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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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versorgte seine Blessuren, zog sich um und fuhr zu Louises Wohnung. Er war zwar noch nie dort, konnte sich aber anhand ihrer früheren Schilderung orientieren. Ein meterhoher Zaun umschloss das Gelände, das Tor war verschlossen, ohne Klingel oder Sprechmöglichkeit. Er rüttelte daran, rief verzweifelt ihren Namen, aber nichts regte sich in dem weit hinten liegenden Haus. Es brannte Licht, aber in welcher Wohnung? Noch immer war ihr Handy ausgeschaltet. Nachdem auch auf weitere Rufe niemand reagierte, fuhr er enttäuscht nach Hause. Sie vermisste ihn wohl gar nicht. Es war schon spät und der Schreck saß ihm noch immer in den Knochen. Er würde sie morgen im Büro sehen.
    Am nächsten Morgen begrüßte Louise ihn mit ungewohnter Kühle.
    »Ich muss unbedingt mit dir sprechen«, flüsterte er, als er an ihr vorbei ging.
    »Hast du deine Uhr verlegt, oder den Tag verwechselt?«, fragte sie spöttisch. Die Enttäuschung saß noch immer tief. Alice Mühsam blickte auf, dieser Ton war ungewöhnlich. Es war wie verhext, es ergab sich einfach keine Gelegenheit zu einem Gespräch. Erst am Abend bat er sie, ihm ein paar Minuten zuzuhören. Als sie seine Schilderung vernommen hatte, die unglaublich klang, meinte sie: »Eine bessere Story konnte dir wohl kaum einfallen.« Jetzt sollte sie ihm auch noch diese Räuberpistole glauben. Er zeigte ihr seine Hände und Knie.
    »Ich würde dich nie belügen Louise, soweit müsstest du mich doch kennen.« Sie sah seine Betroffenheit, die sie verunsicherte.
    »Wenn das wirklich wahr ist, Paul, wäre es fürchterlich.« Sie musste sich setzen, ihr wurde plötzlich übel.
    »Es ging wirklich um Haaresbreite und der Zug hätte mich zerquetscht. Während du ankamst, saß ich auf dem Bahnsteig und wurde mit den Zeugen von der Polizei vernommen. Ich habe nachher alles versucht, um dich zu erreichen, war in der Klause, rief an und bin zu deiner Wohnung gefahren, aber die ist ja geschützt und verschlossen wie Fort Knox.«
    Louise erinnerte sich wieder an den Pulk mit den Polizisten, dem sie keine Beachtung geschenkt hatte. Hätte sie doch nur näher hingesehen, der Gedanke, dass er dort zu Tode geschockt saß, mit aufgeschürften Gliedern, um ein Haar getötet worden wäre, während sie nur an sich dachte und ihre Enttäuschung pflegte, schnürte ihr den Hals zu. Tränen stiegen in ihre Augen. Sie schlang ihre Arme um ihn.
    »Die Vorstellung, dass dir etwas passiert wäre, ist unerträglich für mich«
    Sie pressten sich aneinander, als würden sie im nächsten Augenblick von Naturgewalten auseinandergerissen. Lange blieben sie schweigend umklammert, dann sagte Louise bestimmt: »Das kann kein Zufall oder Unfall gewesen sein, hätte der Mann dich unabsichtlich angestoßen, wäre er dageblieben, um zu helfen.«
    »Das habe ich auch gedacht, aber wer sollte mich umbringen wollen? Die Polizei geht von Personen aus, die solche Taten als Nervenkitzel verüben und sich wahllos geeignete Opfer aussuchen. Ich stand tatsächlich nah an der Kante und war in Gedanken versunken.«
    Louise schämte sich ihrer Enttäuschung und Wut, die sie noch bis vor kurzem empfand und wie sie Paul behandelt hatte. »Kannst du mir verzeihen? Ich habe mich auf das Wiedersehen gefreut und war so enttäuscht, weil ich dachte, du hast es vergessen oder ich sei weniger wichtig als andere Dinge. Ich hätte es besser wissen müssen.«
    Er drückte sie stumm an sich. »Natürlich verzeihe ich dir, es waren lauter unglückliche Umstände an diesem Abend.«
    Am nächsten Tag erschien ein ausführlicher Bericht in der Tageszeitung mit Pauls Bild auf der Titelseite. Er hatte gar nicht bemerkt, dass jemand fotografierte. Am Abend nahm sie ihn mit nach Hause.
    Das Tor stand weit offen. »Hier habe ich gestanden und alles versucht, hineinzukommen, vergebens.«
    »Das breite Tor ist natürlich nachts verschlossen, damit niemand an die Wagen kommt, aber das kleine hier«, sie zeigte auf die in den Zaun eingelassene Tür, »ist für Besucher normalerweise immer offen. Das verstehe ich nicht.«
    Sie war froh, dass ihre Differenzen ausgeräumt waren, glücklich, dass er heute bei ihr war und besorgt, weil ihr die Sache an den Gleisen nicht aus dem Kopf ging. Sie hatte das Gefühl, dass Paul noch zärtlicher als sonst mit ihr umging. Liebevoll glitten seine Hände über ihre Haut und weckten die elektrisierende Spannung, wie nur er es vermochte.
    »Bist du gerne mit mir zusammen?«, fragte er und wickelte eine ihrer Haarlocken um den

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