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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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dem Fenster hinaus in die weite Landschaft, vom Sonnenlicht wie mit einem Weichzeichner verklärt, ließ sie tief durchatmen. Wie gut, dass Gila diesen Vorschlag machte, ein Wochenende zu Hause hätte sie nicht annähernd so befreien können. Eier von eigenen Hühnern mit ungewohnt grüner Schale standen auf dem Tisch, Schinken, Käse und Quark, alles Produkte vom Biobauern aus der Nachbarschaft, dessen Kühe ihre Begrüßungsrufe gerade zu ihnen schickten. Siegfrieds Mutter hatte Brot gebacken, das seinen unwiderstehlichen Duft im ganzen Haus verbreitete und Appetit weckte. Gila lächelte zufrieden, als sie sah, mit welchem Mordshunger Louise bei der Sache war. Nach dem Frühstück sahen sie sich die alte Quelle an, aus denen Koflers das Wasser bezogen; man ließ es in ein schmales Band laufen, das die alten Herrschaften zum Wassertreten nach Kneipp’schem Vorbild nutzten. Gila ließ es sich nicht nehmen, hineinzusteigen, ihr spitzer Schrei hallte weit, so kalt und schneidend war das gesunde Nass. Alle amüsierten sich schadenfroh, am meisten der alte Kofler, dem es einen Heidenspaß bereitete. Sie wanderten zu einer abgelegenen Hütte, nahmen dort Brotzeit und Bier ein, bevor sie den Heimweg antraten. Siegfried war ein guter Führer, aufmerksam und bemüht, die Besonderheiten seiner alten Heimat zu erklären. Dann verabschiedeten sie sich von den Koflers, gaben das Versprechen ab, sie auf das nächste Wiedersehen nicht lange warten zu lassen und fuhren in guter Stimmung nach Hause, je näher sie Ulm kamen, desto stärker spürte Louise wieder das bedrückende Gefühl und die Enge um ihre Brust, die sie vor der Abreise lähmte.
    Mattuschke hatte über seinen Späher von Louises unvorhergesehener Abreise erfahren und verspürte gewaltigen Zorn in seinem Inneren. Ihre Schritte fehlten ihm im Haus. Ein ganzes Wochenende war verdorben und das sozusagen zur besten ,Sendezeit’ durch diesen Schmarotzer von Ganthner.
    In der neuen Woche herrschte wieder normaler Institutsalltag. Paul nahm seinen Platz ein wie auch Louise, die sich nach Veras Tod Urlaub genommen hatte.
    »Ich habe von Anfang an deine Unschuld geglaubt«, lächelte ihn die Mühsam an, »wie schön, dass du wieder da bist.«
    Louise verzog das Gesicht hinter ihr zu einer Grimasse, diese falsche Opportunistin, dachte sie. Sie war die erste, die ihn fallen ließ und keinen Moment an den Abgründen seiner Seele zweifelte. In diesem Moment gönnte sie ihr das Aussehen, das sie hatte. Sie meldete sich bei Amina, die merkwürdig reserviert war. »Von wo rufst du an?«
    »Aus dem Büro, von meinem Handy.«
    »Was war da mit Mattuschke?«, fragte sie barsch.
    »Ich war total überrascht, als er plötzlich auftauchte, er kam zufällig vorbei, ich sah dich kurz und gleich wieder verschwinden, deshalb habe ich ihm gesagt, auf Paul zu warten.«
    Aminas Stimme wurde freundlicher. »Du musst mich verstehen, die Sache ist brisant, was ich dir sagen möchte, darf er nie erfahren, ich tue es für Vera, als ihr Vermächtnis und für dich. Am Mittwoch habe ich Zeit, wann könnten wir uns treffen?«
    »Bei mir geht es um 18.00 Uhr. Wo?«
    »Komm ins städtische Hallenbad, du findest mich im mittleren Becken.«
    Nach dem hektischen Bürotag schauten sie kurz im Silverspot vorbei. Paul hatte Lust auf ein Bier, Louise trank Tonic-Water. Das frisch vermählte Paar fehlte, Leila lachte wieder ihr Pfefferminzlächeln, sie hatte die Scheidung von Freddy eingereicht und offenbar einen neuen Verehrer gefunden, einen Knaben mit öligem Haar, wohl einen Minze- und Eukalyptussüchtigen, denn er beschnupperte sie ständig wie ein junger Hund. Er schien der Clique nicht sympathisch zu sein. Alle klopften Paul auf die Schulter, Hano verabredete einen neuen Lauftreff und nagelte ihn gleich für Mittwoch 19.00 Uhr fest.
    »Dass du mir nicht schlapp machst nach einem Kilometer, wo du die ganze Zeit, gesessen hast.« Er zwinkerte ihm zu und lächelte süffisant. Peter meinte, er hätte die Freilassung gleich vorausgesehen. Kein Wunder bei den Froschaugen. Paul musste grinsen, er kannte Ricks Bemerkung. Eric schien ihn um die Zellenerfahrung zu beneiden, welch starke Dichtkunst könnte aus dem Gemisch verzweifelter Einsamkeit und unschuldiger Verdächtigung wohl entstehen, grübelte er. Paul war allerdings nach allem anderen, als Versen zu Mute. Für morgen verabredeten sie, bei Paul zu übernachten, da er am nächsten Tag sein Lauftreffen hatte, während Louise auf das Gespräch mit Amina

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