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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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gespannt war.
    Im Bad hörte sie wieder das eigenartige Quietschen, sie wollte Mattuschke schon mehrmals darauf aufmerksam machen, vergaß es aber immer, vielleicht genügte ein Tropfen Öl für die Technik. Sie kam nackt aus dem Bad, es war sehr warm im Zimmer, da sie die Heizung aufgedreht hatte. Müde war sie nicht, vielleicht hatte das Tonic-Water aufputschende Wirkung. Das mitgenommene Handtuch breitete sie auf dem Sessel aus, bevor sie sich darauf hockte, ein Bein unterlegte und Musik aufdrehte. Nach Katie Melua war ihr zumute ,The One I Love Is Gone, sie hörte die getragenen, wehmütigen Klänge und schloss die Augen. Sie hatte Paul zurückgewonnen und Vera verloren. Wie eigenartig ist das Leben, um ein Haar wäre sie beider beraubt worden. Sie musste schlucken, hatte das Gefühl, Tränen auf ihrer Zunge zu spüren, salzig und bitter.
    Mattuschke beobachtete sie, per Schneidersitz im Sessel sitzend, sanft ausgeleuchtet von ihrer Lampe wie von einem Fotografen. Das lange Haar floss über Nacken und Schultern, warmes Licht streifte Arme, Brust und Beine, ließ sie golden glänzen. Die Augen hielt sie geschlossen, das Gesicht wirkte wie eine Maske, leicht wiegend im Takt der Musik. Manchmal zuckten ihre Lippen und formten die Texte der Sängerin nach, deren eindrucksvolle, akzentuierte Stimme bis zu ihm durchdrang. Seine Blicke wanderten ihren Körper entlang zu den angewinkelten Schenkeln und deren glatter Haut. Er hätte schreien mögen beim Anblick ihrer Schönheit, es war ein so starkes Erlebnis, dass es ihn schmerzte. Manchmal trieb er ein teuflisches Spiel mit sich und schloss dabei für Momente die Augen. Das freiwillige Entsagen ließ Qualen des Verlangens entstehen, die nicht zu beschreiben waren und seine Wollust noch zu steigern wussten.
    Die Musik war nicht mehr zu hören. Sie erhob sich, schritt in ihrem unnachahmlichen Gang direkt auf ihn zu, verweilte Augenblicke an ihrem Bett, stand unmittelbar vor ihm wie ein lebensgroßes Poster, das er in seinem Kopf zu verewigen suchte, in ihrer ganzen Anmut und Vollkommenheit.
    Tränen liefen plötzlich über sein Gesicht, Tränen der Freude und Rührung, dass ihm, seinen Augen, dieser Anblick vergönnt war. Jetzt konnte er verstehen, dass Kunstliebhaber vor ihren Lieblingsgemälden zusammenbrachen, weil sie das Ausmaß der erhabenen Schönheit nicht ertragen konnten. Ihn überschwemmte ein Meer dankbarer Ergriffenheit und gleichzeitiger Unersättlichkeit. Er fühlte sich reich in seiner Macht, fürstlich beschenkt und reflektierte sein Leben mit jenem winzigen Mangel an Reue, der ein Schuldgefühl nicht ausschließt, es aber nie zum echten Gegenspieler seiner Begierden werden lässt. Diese unvergleichlichen Augenblicke trösteten ihn über die schlimmsten Phasen der Schwermut hinweg, die er im Labyrinth seiner Unvollkommenheit ertragen musste.
    »Mir ihren Anblick, dieses Juwel meiner Träume zu erhalten, ist alles wert, selbst den Tod«, flüsterte er leise vor sich hin. Er konnte nicht ahnen, dass sich ihm der Blick auf den unverhüllten Körper nur noch ein einziges Mal bieten würde. Hätte er es in diesem Augenblick größten Glücks und erregtester Gefühle erfahren, hätte es ihn um den Verstand gebracht.

Der verabredete Mittwoch kam, Louise fuhr – wieder beschattet – zum Schwimmbad und traf dort Amina. Eigenartig, sie im Badedress, mit zusammengesteckten Haaren zu sehen. Figürlich eher klein, hatte sie eine attraktive weibliche Figur, die Männer und Frauen gleichermaßen faszinieren konnte. Ihre Brust fest und prall, die Hüften gerundet wie Kürbisse, die Haut seidig zart.
    »Ich bin froh, dass du kommen konntest. Lass uns ins Badcafé gehen.«
    Sie schlang das flauschige Handtuch um die runden Hüften, schlüpfte in zierliche Badeschuhe und ging voraus. Im Café war kaum Betrieb, so dass sie sich den Platz am Fenster zum Innenhof aussuchen konnten. Gedämpft fielen letzte neugierige Sonnenstrahlen ein, die noch den rechten Winkel hatten, den Innenhof zu erkunden.
    »Wir sind alle von Mattuschke gesteuert«, begann sie, »Vera, ich und auch du.«
    Louise warf ihr einen verständnislosen Blick zu.
    »Vera hat seit Jahren bestimmte Dienstleistungen für ihn erbracht, Heinz setzte sie zuletzt auf dich an, um dich zu verführen. Das Ganze hat sie mir erst unmittelbar vor ihrem Tod erzählt, ich konnte es nicht fassen. Bei einem Umbau ließ er einen großen Spiegel in deine Schrankwand einbauen.« Sie sah Louise mit einem Blick an, der

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