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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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Gelegenheit günstig. Sollte er nach der Musikanlage fragen, war sie eben in Reparatur oder für eine neue in Zahlung gegeben. Sie wartete, der vereinbarte Zeitpunkt war längst überschritten, aber der Wagen kam nicht. Telefonisch war er nicht zu erreichen. Konnte sie sich auch auf ihn nicht mehr verlassen, der sonst immer pünktlich war? Tatsächlich erschienen Panneders Leute vor der vereinbarten Zeit am Tor, als Mattuschkes Mitarbeiter ihnen die Durchfahrt verwehrten. »Anordnung vom Chef, hier darf keiner passieren. Frau Leblanc ist auch nicht im Haus, es hätte ohnehin keinen Sinn.« Verärgert fuhren sie wieder zurück. Fahrt und Diskussion hatten Zeit gekostet, die sie anderweitig wieder einsparen mussten. Als Louise später die näheren Umstände erfuhr, kochte sie vor Wut. Woher wussten sie von der geplanten Aktion? Saß der Informant in der Försterklause, war es einer ihrer eigenen Kollegen? Offiziell wussten nur Gila, Panneder und die Clique von der Transportfahrt. Ihre Stimmung war so niedergeschlagen, das sie froh war, den Abend für sich zu haben, zumal sie wusste, dass Mattuschke über Nacht wegblieb, Paul war mit Hano zum Laufen verabredet.
    Am Abend arbeitete sie noch ein paar Dinge für den Betrieb auf, als ihr der Gedanke kam, seine Abwesenheit für eine Wohnungsinspektion zu nutzen. Sie hatte den Schlüssel, um Mirka zu füttern, an Tagen, an denen er und Frau Schlemil nicht da waren. Sie schlich hinein. Alles war penibel aufgeräumt, das Katzenschälchen ausgeschleckt, in der Spüle stand noch ein Whiskyglas mit dem Rest einer braunen Flüssigkeit am Boden. Die Küche roch nach dem alkoholischen Inhalt, moderig und nach Malzbonbons. Vorsorglich füllte sie das Katzenschälchen für den Fall, dass Mattuschke unverhofft zurückkommen oder einer seiner Vasallen ihm vom Licht in der Wohnung berichten sollte. Dann gäbe es einen plausiblen Grund, die Wohnung betreten zu haben.
    Sie öffnete den Schrank, in dem er seine Alben aufbewahrte. Als sie damals das Foto von Sina entdeckte, hätte sie gerne weitergeblättert, aber er stellte es zurück. Sie schlug es wieder auf, eigenartig, ihn als jungen Mann zu sehen, schmaler und ohne Bärtchen. Bilder aus der Zeit bei Kornfeld folgten, alle sorgfältig mit Daten versehen. Eine markante Persönlichkeit dieser Kornfeld, dachte sie beim weiteren Blättern. Ein Foto zeigte ihn und Heinz mit einer gut aussehenden Frau, die lässig den Arm um ihn legte. Sollte das seine Frau gewesen sein? Es folgten Bilder von der jungen Trapezartistin Britta, die sehr sympathisch wirkte, als Seiltänzerin und etwas älter, in Jeans und Bluse mit verliebtem Blick zum Fotografen. Ein paar Seiten weiter stutzte sie, ein handgeschriebener Brief, statt Fotos, den sie schnell überflog. Kornfeld kündigte ihm Freundschaft und Verbindung auf, offenbar im Zusammenhang mit dem Tod seiner Frau. Augenblicklich lief es ihr kalt über den Rücken. Danach befanden sich keine Bilder mehr im Buch. Sie legte es wieder zurück. Über die Umstände der mysteriösen Kündigung hätte sie gerne mehr erfahren. Als sie die Schublade herauszog, in der er Pauls Visitenkarte aufbewahrte, pfiff sie leise durch die Zähne. Drei weitere lagen dort, Paul hatte ihm nur eine gegeben. Dann könnte er ja doch …? Sie wagte den Gedanken kaum fortzusetzen. Daneben fand sie einen Zettel mit aufgekritzelter Telefonnummer, irgendwie kam sie ihr bekannt vor. Sie nahm ihren Stift aus der Hosentasche und schrieb sie neugierig auf.
    Alle Räume der Wohnung waren ihr bekannt, außer seinem Schlafzimmer, dem einzigen neben dem Bad, das an ihre Wohnung anschloss. Vorsichtig öffnete sie die Tür, das Zimmer war größer, als vermutet. Ein antiquiertes Doppelbett mit geblümter Tagesdecke stand an der Kopfseite, die an ihr Zimmer grenzende Mauer war mit einer Bücherwand verkleidet, die vom Boden bis zur Decke reichte. Über und über mit Büchern bestückt, einige lagen quer über den stehenden, ein bibliophiler Anblick von Unordentlichkeit, den sie hasste. Sie war verblüfft. Das, was sie anzutreffen befürchtete, gab es nicht. Für einen kurzen Moment strömte Erleichterung durch ihren Körper, Amina musste sich geirrt haben, aber woher kamen dann die Detailkenntnisse und Veras Verführungsversuch, den es tatsächlich gab? Ihr fiel wieder ein, wie sie sich in beschwipstem Übermut vor dem Spiegel verbeugte, mit den Schultern zuckte und Handküsse verteilte. Sie fand es damals irrsinnig komisch. Sie begann die Wand zu

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