Mattuschkes Versuchung
er mir angeboten, das Dessert aus Gebäck, alkoholisierten Himbeeren, Mascarpone und Schokolade obenauf, zuzubereiten.«
Frank Koch, passender hätte der Name gar nicht sein können, war Küchenchef der Försterklause, seit zwei Jahren. In dieser Zeit hatte das Lokal erheblichen Aufschwung genommen, er kochte ausgezeichnet und produzierte ständig neue Ideen, zuletzt die Themenwochen, die an jedem Abend ein ausverkauftes Lokal garantierten. Frank, eine Seele von Mann, gab gerne und bereitwillig Tipps, zumal, wenn er Louise oder Gila damit einen Gefallen erweisen konnte.
Nach kurzer Visite im Bad fielen sie todmüde ins Bett. Louise verzichtete darauf, die Liege im Arbeitszimmer herzurichten, sodass sie gemeinsam ins französische Bett krochen und augenblicklich einschliefen. Sie freute sich, dass Heinz selbst der Nachttisch schmeckte, er aß nie Dessert, nur selbst gemachtes, wenn er die Zutaten kannte.
Ein paar Tage später lud sie ihre Mutter ein, die seit der kürzlichen Weinplünderung vor Neugierde platzte, die neue Wohnung kennen zu lernen. Sie war begeistert.
»Hier wohnt man ja wie im Paradies, aber Kind, wie willst du denn nur diese Miete bezahlen?« Im letzten Moment gelang es ihr, die neue Jacke unter dem Bett zu verstecken, bevor sie den Schrank inspizierte und die gut durchdachte Platzaufteilung lobte.
»Das wird schon gehen«, erklärte sie, »Herr Mattuschke hat mir einen nicht schlecht bezahlten Nebenjob angeboten, so dass ich mit dem, was ich in der Klause verdiene, über die Runden komme.«
»Ich denke nur, etwas einfacher wäre es sicher auch gegangen.«
»Natürlich, aber diese war komplett möbliert«, schwindelte sie, »bei einer anderen hätte ich erst noch alles kaufen müssen.« Mutter schwieg.
»Diesen Mattuschke hätte ich gerne einmal kennengelernt«, ihr Gesicht war in Falten gelegt und der Blick von Zweifeln umwölkt.
Kurz darauf klingelte es, und er stand leibhaftig vor der Tür.
»Entschuldige Louise, ich wollte dir nur das Schälchen zurückgeben.«
»Haben sie dir so gut geschmeckt, dass du sie alle auf einmal verschlungen hast?« Sie war verblüfft, gerade hatte sie sich gewünscht, er wäre da, um ihn Mutter präsentieren zu können.
»Natürlich nicht, aber ich wollte dein Geschirr nicht so lange blockieren. Ich erlaube mir pro Tag nur eine dieser Köstlichkeiten.«
Sie lachte laut: »Darf ich dich vielleicht kurz hineinbitten, Heinz? Meine Mutter ist gerade da, wenn es dir recht ist, möchte ich euch gerne miteinander bekannt machen.«
Mattuschke begrüßte sie mit ausgesuchter Höflichkeit und blieb für eine kurze Konversation. Louise amüsierte sich. Das Gesicht ihrer Mutter, eben noch von argen Zweifeln gezeichnet, hatte einen weichen Glanz angenommen, die in letzter Zeit eher weinerliche Stimme, das Gurren eines Täubchens und ihre Sprache wirkte seltsam gewählt und akzentuiert. Der Mann gefiel ihr, das war nicht zu übersehen. Wahrscheinlich stellte sie sich gerade vor, einen solchen und nicht ihren weichen Ehegatten mit den wankenden Grundsätzen geheiratet zu haben.
»Wenn du wüsstest, dass ich ihm einen Kredit über 6.000€ schulde, wäre der Anflug von Glückseligkeit schnell aus deinem Gesicht verschwunden«, sagte sie leise zu sich, als sie in der Küche hantierte. Er trank noch ein Glas Sekt mit ihnen, von dem guten, den Vera nach dem Einzug mitgebracht hatte, unterhielt sich angeregt mit Frau Leblanc, machte versteckte Komplimente und verabschiedete sich. Er habe leider noch zu arbeiten. Mutters Zweifel waren wie weggeblasen.
»Ein interessanter Mann, charmant und mit Manieren …«, sie verdrehte genüsslich die Augen, wirkte gelöst, heute waren keine Klagen oder Vorwürfe mehr zu erwarten, so dass sie sich wie in guten Zeiten unterhalten konnten.
»Was hast du denn bei deiner Einladung gekocht?« Sie erzählte ausführlich, ohne jedoch den Nachtisch zu erwähnen. Mutter gab noch den einen oder anderen Tipp, dann fielen beide schwärmend in Erinnerungen ihrer Lieblingsgerichte ein, die sie schon Jahre nicht mehr gegessen hatten. Ragout fin in Blätterteigpasteten. Lachend überboten sie sich im Aufzählen der Zutaten. »Kalbszunge, Kalbsbraten.«
»Huhn, nicht zu vergessen die Champignons.«
»Und natürlich Kapern für die feine Säure.«
»Ich sterbe für dieses Gericht«, seufzte Louise laut. Seit langem war es wieder ein lockeres Gespräch, das sie miteinander führten, sie wusste sich gar nicht mehr zu erinnern, wann sie ihre Mutter
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