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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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nur gehört, klärte sich der Irrtum auf. Ihr war zu Gute zu halten, dass sich das Schnarchen tatsächlich alles andere als menschlich anhörte. Noch Jahre später wurde Mira nicht nur mit ihrem kompatiblen Namen, sondern auch mit dieser Geschichte gehänselt.
    Wenn man es genau nimmt, war Boris Feuerspucker und -schlucker in einer Person. Oft hatte er ihm beim Üben und in den Vorstellungen zugesehen. Früher verwendete er Benzin, dann hoch gereinigtes Petroleum, spie es so in die brennende Fackel, dass ein feiner Sprühnebel entstand, der sich wie ein Feuerschweif entzündete. Da er sich dabei zurücklehnte und die Flamme nach oben stieß, bestand immer die Gefahr, dass sie in seinen Mund zurückschlagen oder er das giftige Öl schlucken könnte. Einige Brandnarben in dem grobkörnigen Gesicht zeugten davon. Spektakulär war jedes Mal das Finale, wenn er die brennenden Fackeln in seinem Mund löschte und für den Betrachter zu schlucken schien. Dabei hatte er ihn genau beobachtet. Eine Weile bevor er die Fackel zum Mund führte, hielt er die Luft an, so dass sich der Kohlenmonoxidgehalt im Atem konzentrierte und die Flamme beim Ausatmen erstickte. Sicher stammte der dauernde Husten von den über Jahre hin eingeatmeten heißen Dämpfen.
    Er stand auf, ging zum elterlichen Wohnwagen und legte sich ins Bett. In der Nacht suchten ihn verführerische Bilder von Sinas elfenhaftem Körper heim, das blonde Haar quoll üppig aus ihrem Kopf, floss langsam über sein Gesicht, den Körper, das Bett und erstarrte am Boden zu trockenem Wasser. Unruhig wand er sich im Schlaf.

Max Zukolowsky, das Chapiteau, wurde ein Opfer guten Appetits und mangelnder Bewegung. Er erlitt einen Herzinfarkt, ausgerechnet in der Galavorstellung mit den Honoratioren der Stadt, die sich ohne Eintrittsgeld in den Logenplätze aalten. Gottlob ereilte es ihn unmittelbar vor der großen Pause, als er auf den Schoß des Bürgermeisters sank, so dass man ihn ohne großes Aufsehen hinausbringen und das Ganze als vorübergehende Unpässlichkeit verkaufen konnte.
    Zu dieser Zeit war Mattuschke auf Wunsch seiner Eltern in einem Internat untergebracht; just an diesem Tag begannen die großen Ferien, so dass er gleich am nächsten zum momentanen Standort reisen konnte. Er freute sich auf die Zeit mit den Eltern, die Zirkusluft, die er so gerne schnupperte, auf Britta, die inzwischen eine der großen Attraktionen war und natürlich Sina, die ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte. Während einige der Mitschüler stolz auf erste Erfahrungen mit Mädchen zurückblickten, hatte er nur seine erotischen Beobachtungen und hielt sich bei den Gesprächen bedeckt, um nicht als unwissend zu gelten.
    In unmittelbarer Nähe des Internats war ein Mädchenpensionat, von Nonnen geleitet und streng bewacht. Die Lehrer sprachen etwas despektierlich von dort untergebrachten höheren Töchtern.
    Zu den Gebäuden gehörte ein separates Häuschen, in dem Wäsche gewaschen und Badetag abgehalten wurde. Die Gebäude, auch Kloster und Kirche, lagen hinter hohen Mauern vor Blicken geschützt, nur das Badehaus bildete den seitlichen Abschluss des Areals und war als einziges nicht von einer Mauer umgeben. Es war kein Geheimnis, dass an jedem Freitag Wasch- und Badetag war. Schon am Morgen wurden die Öfen mit Brennmaterial gestopft, die Kessel mit Wasser gefüllt, bald stieg weithin sichtbarer Rauch aus dem Schornstein, Schwaden milchigen Wasserdampfs quollen aus den Fenstern und verbreiteten ihr seifiges Odeur. Im Anschluss an die Wäscheaktion, die ihn an die Geschäftigkeit im Waschzelt erinnerte, begannen die Badeexerzitien nach strengen Regeln. Mehrere Zinkwannen mit dampfendem Wasser, aus dem Fichtennadelduft bis hin zum Internat kräuselte, standen bereit, an den Wänden waren Waschbecken angebracht, daneben harrten Duschen, aus denen nur kaltes Wasser floss, auf die Mutigen. Sechs Mädchen wurden in den Raum hineingelassen, sobald sie Dusche und warmes Bad hinter sich hatten, durfte die nächste Abteilung antreten. Seit er von diesen Ritualen erfahren hatte, reizte es ihn, hinter die Kulissen zu schauen und das Spektakel zu beobachten.
    Im Herbst, als alle zum Pilze suchen in die nahen Wälder ausschwärmten, schlich er heimlich zurück und untersuchte die Außenwand des Badehauses. Sie bestand nicht aus den dicken Bruchsteinen der umlaufenden Mauer, sondern einer dünnen Ziegelsteinwand, die er auf brüchige Stellen hin abklopfte. An einigen war der Mörtel herausgebrochen, an

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