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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ersfeld
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des Saals in anderer Kleidung wieder auftauchen ließen. Sie hatten ihre Show weiter perfektioniert. Ein Gefäß mit glasklarer Flüssigkeit war aufgestellt, Kerzen vom Hochzeitstisch sollten hineingetaucht werden und vollständig verschwinden, ohne überdeckendes Tuch, doppelwandiges Glas, Spiegel oder ähnliches. Es funktionierte. Die Kerzen verschwanden vor den fassungslosen Gästen innerhalb von Zehntelsekunden ohne jeglichen Rückstand, die Flüssigkeit blieb kristallklar, die Kerzen existierten nicht mehr.
    Die Stimmung war großartig. Was Mattuschke allerdings nicht gefiel, war die Art, in der Guido Mira Bellenbaum ansah und heimlich bedrängte.
    »Wie funktioniert dein neuer Trick?«, wollte er von seinem Vater wissen.
    »Diesmal ist es kein Trick, sondern Chemie«, sagte er und nahm genüsslich einen Schluck aus dem Whiskyglas, »in dem Glasbehälter befindet sich magische Säure, millionenfach saurer als Schwefelsäure, sie löst das Paraffin restlos auf. Ich kann dir die genauen Zusammenhänge selbst nicht erklären, es hängt mit der Molekularstruktur zusammen. Ein Chemiker, mit dem ich seit langem zusammenarbeite, hat mir den Tipp gegeben. Es ist ein Gemisch aus Fluorsulfonsäure und Antimonpentafluorid. Man muss mit der Zeit gehen auch in der Zauberei, hier liegt unsere Zukunft, nicht mehr beim Messer werfen.«
    Heinz und Martine fanden Wege, körperliche Sehnsüchte zu erfüllen. Martine hatte herausgefunden, dass es ihn erregte, ihr beim Umkleiden zuzusehen. Sie machte ihm gerne die Freude, abends vor ihm das Schafzimmer aufzusuchen, die Tür einen Spalt offenzulassen und sich langsam, manchmal bewusst lasziv, auszuziehen und nackt vor dem Spiegel zu bewegen, ihre Haare zu bürsten, sich einzucremen und für die Nacht vorzubereiten. Sie wusste, dass er ihr heimlich nachstieg und sie beobachtete, ließ sich aber nichts anmerken. Sie spielte das Spiel der Illusion gerne mit, freute es sie doch, dass sie ihm gefiel und ihr Anblick ihm Freude bereitete. Was sie bedrückte, war, dass er ihren nackten Körper nie berührte, so als fürchte er, sich anzustecken, wie an Aussatz. Außer Küssen und Umarmungen im bekleideten Zustand musste sie auf Zärtlichkeit verzichten. Zwar waren sie sich einig, nicht miteinander zu schlafen, aber mit totalem Verzicht hatte sie nicht gerechnet. Sprach sie ihn hierauf an, antwortete er ausweichend, es gehöre zum Gesamtpaket der Vereinbarung. Wie sich das anhörte Gesamtpaket in diesem Zusammenhang? Ansonsten verstanden sie sich ausgezeichnet, sie wusste, dass er sie liebte und sprichwörtlich auf Händen trug.
    Das kleine EDV-Unternehmen, das er gekauft hatte, entwickelte sich prächtig, er entschloss sich mit seinen Teilhabern, Plattformen, Know-how und Patente an einen der Branchenriesen zu verkaufen, womit sie einen horrenden Gewinn machten. Auch seine Beteiligung an einer Supermarktkette stieß er zu vorteilhaften Bedingungen ab. Eine kleine Maschinenfabrik, die Präzisionsteile herstellte, und die er ebenfalls aus einer Insolvenzmasse gekauft hatte, zeigte eine gute Entwicklung, sie wollte er behalten. Er war inzwischen ein vermögender Mann, hatte bei ,Chapiteau und Kornfeld die feinen Dinge des Lebens kennen- und schätzen gelernt, eine zauberhafte Frau und hätte glücklich sein können, wenn nicht die Sucht wieder aufgeflammt wäre. Erneut begann er, sich nachts herumzutreiben, wagte es, in Häuser einzusteigen, wurde kühner und unvorsichtiger, bis man ihn bei einer dieser Aktionen erwischte. Zu verlockend war die Aussicht, eine der Freikörperkultur frönende Dame bei ihrem sorglosen Tun zu beobachten. Unglücklicherweise hatte er sich ein bereits von Dieben heimgesuchtes Objekt ausgesucht, das mit Überwachungsanlagen ausgestattet war, so dass er überführt werden konnte. Da nichts gestohlen wurde, er das Schlafzimmer aufsuchte, ohne sich an der Dame des Hauses zu vergehen, erreichte sein Anwalt eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs, sein Mandant sei in trunkenem Zustand in das Haus eingedrungen, in der Annahme, es sei sein eigenes, um dort dem dringenden Schlafbedürfnis nachzukommen. Da er nicht einschlägig vorbestraft war, kam er glimpflich davon, aber seine Reputation war dahin.
    Kornfeld ließ ihn seine Missachtung deutlich spüren.
    Martine war tief enttäuscht, von diesem Zeitpunkt an, begann die Liebe zwischen ihnen zu bröckeln. Sie entschlossen sich, fortzuziehen, eine eigene Existenz zu gründen und ein neues Leben in der Nähe von Ulm zu

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