Mattuschkes Versuchung
die neue Form reicher Liebe, Begierde. Unbekannte Wünsche entstanden, Phantasien wollten ausgelebt werden, und Dirk war darauf versessen, sie zu erfüllen, auszuprobieren, was die lustvollen Gedanken ihnen zuflüsterten.
Warum sollte sie dem Mann, der sie so glücklich sein ließ, nicht bei seinem sehnlichsten Wunsch unter die Arme greifen? Sie besprachen das Saunavorhaben, erstellten den Businessplan, führten Gespräche mit Lieferanten und Banken. Dirk bewunderte ihre Erfahrung, die souveräne Art zu verhandeln, die mehr überzeugte, als seine oft zu ungeduldige. Sie gab ihm die Summe, die an Eigenkapital fehlte, und der Traum begann, reale Formen anzunehmen.
,Dirks Wellnessoase' eröffnete, Massage- und Saunaräume waren nach modernsten Gesichtspunkten ausgestattet, mit sorgfältig abgestimmten Farben. Martine war gerührt, seine kindliche Freude und Begeisterung zu erleben. Sein Optimismus und der seiner Mannschaft war grenzenlos. Endlich fand er sich am Ziel seiner Wünsche, in diesem Qualitätsniveau gab es weit und breit keine Konkurrenz.
Mattuschke war geschockt, als er den wahren Grund für Martines häufige Abwesenheit erfuhr. Seine Leute hatten gut recherchiert, konnten mit Daten, Adresse und Fotos aufwarten. Einige, im Sommer auf einer Wiese aufgenommen, zeigten sie eindeutig beim Liebesakt, der ihr nach eigenem Bekunden keinesfalls möglich sein sollte. Er sank auf seinen Stuhl, fühlte sich hundeelend, zerbrochen, aller Lebensfreude beraubt. Wie konnte sie ihm das antun? Wie sehr schmerzt jeden die Erkenntnis, betrogen zu werden, belogen und hintergangen? Aber er fühlte sich in weit schlimmerer Weise verletzt und verwundet.
Ihr intimstes, von beiden gehütetes Geheimnis, das es ihm in seiner elementaren Beschränkung überhaupt ermöglichte, sie zu heiraten, mit ihr glücklich zu leben, war verraten, stellte sich als Trugschluss heraus. Es gab noch nicht einmal Waffengleichheit zwischen ihm und dem jungen Rivalen, der unter keinen Einschränkungen litt. Schmerz und Enttäuschung überwältigten ihn so sehr, dass sein Herzschlag auszusetzen drohte. Er schrie im Schmerz wie von Sinnen, die Hände an seinen Kopf gepresst, rannte trunken gegen Wände und Gegenstände, bis er schließlich sein Bett erreichte und sich darauf fallen ließ. Die Nacht über ließ ihn die Ungeheuerlichkeit nicht zur Ruhe kommen, er schlief, ohne zu schlafen, sagte sich immer wieder, dass seine Verletzung weit schwerer war, als die jedes normalen Betrogenen.
Am nächsten Morgen packte er die nötigsten Sachen ein, legte Martine eine kurze Nachricht hin und fuhr zu Rudinskys Jagdhütte, er brauchte Ruhe zum Nachdenken, wollte keinen Menschen sehen. Aber er war machtlos gegen die immer wieder aufkommenden schmerzhaften Bilder seiner Frau in den Armen dieses Jünglings. Wie Schübe des Erbrechens würgte es in seinem Inneren und zwang ihn, seine Pein hinauszuschreien, hinaus in das stetige Flüstern der im Wind bewegten Blätter, die ihn, so schien es, beruhigen und besänftigen wollten. Lange Spaziergänge durch einsame Waldstücke ließen ihn durchatmen und wieder klare Gedanken fassen. Martine, die ihm allein gehörte, hatte ihn in übler Weise verraten, hintergangen und bei ihrem Liebhaber gefunden, was er ihr nie geben konnte. Wie leicht war es ihr gefallen, ihm Normalität vorzuspielen, ihn zu belügen, wenn sie ihre Abwesenheit mit harmlosen Erklärungen begründete, unschuldig neben ihm im Bett lag, er liebevoll ihre Hand hielt, um den imaginären Stromkreis zwischen ihnen auch in der Nacht nicht zu unterbrechen, während sie nur an den anderen dachte. Unsägliche Trostlosigkeit und Tropfen kalten Hasses sickerten aus seinem Kopf in das wunde Herz. Was bin ich? Ein verlassener, betrogener, armer Mann in seinem naturbedingten Exil. Als er zurückfuhr, hatte er eine Entscheidung getroffen.
Er stellte Martine zur Rede, sie war überrascht, dass er von dem Verhältnis wusste, natürlich hatte sie ein schlechtes Gewissen, ihn zu belügen, sie fürchtete sich vor dem Gespräch und seiner Reaktion. Dass sie in einer Weise mit Dirk zusammen sein konnte, die sie ihm immer verwehrte, musste ihn furchtbar treffen. Umso verwunderter war sie, seine gefasste Haltung zu erleben.
»Es ist mir nicht leicht gefallen, dich zu hintergehen, aber ich habe einfach keinen Mut gehabt, mit dir zu sprechen, dich zu enttäuschen, hatte Angst vor deiner Reaktion. Ich kann dir nicht erklären, wie es passiert ist, es kam ungeplant und
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