Mattuschkes Versuchung
sie, in der sie dank Mattuschkes liebenswürdiger Großzügigkeit exklusiv lebte. »Mein Märchen-Prinz«, murmelte sie spaßhaft und sandte einen angedeuteten Kuss in Richtung Ferienhaus.
Er stand mit einem Fernglas am Fenster seines Zimmers. Von hier hatte er den besten Ausblick auf die Klippen und das Meer, vor allem aber auf den Felsen, den die anmutigen Körper der beiden Frauen schmückten. Das Glas war von brillanter Qualität, was Ralf kaufte, war immer gut und reiflich überlegt. Jetzt kam es ihm wieder zustatten. Jede Einzelheit ihrer in der Sonne räkelnden Körper konnte er erkennen, ohne dass sie die geringste Ahnung hatten, beobachtet zu werden. Das war es, was ihn besonders erregen konnte, über den schönen Anblick einer in seinem Sinne appetitlichen Frau hinaus. Louises dunkelblondes Haar floss nach hinten über den Stein, erst jetzt fiel ihm auf, dass es exakt die wellenförmige Struktur der sich dahinter kräuselnden Wasserfläche hatte, die wie plissiert wirkte. Würde man diese augenblicklich trocknen und wie eine Zeitaufnahme festhalten, wäre ihr Relief mit der Maserung der Haare identisch. Jetzt glaubte er endlich zu verstehen, was Heidrun mit dem mystischen Satz gemeint hatte: »Sie hat Haare wie getrocknetes Wasser und eine reine Seele«. Die Erinnerung zwang ihn zu einem Lächeln.
Er setzte das Glas hastig ab mit dem Gefühl, Louise hätte ihm eine Kusshand zugeworfen und war leicht erschrocken. Unmöglich, dass sie ihn bemerkt haben konnte. Ein Fensterflügel war schräg gestellt, so dass er Einblicke von außen verhindern musste. Nein, es war wohl nur eine zufällige Geste, die er falsch interpretiert hatte. Es war reizvoll, die beiden Körper miteinander zu vergleichen, den der jungen, sehr weiblichen Louise mit langen geschwungenen Beinen und den der reiferen, durchtrainierten, eine Spur maskulineren Vera. Sie hatte ihre schwarze Scham rasiert, was sie aus der Ferne fast geschlechtslos erscheinen ließ, im Gegensatz zu Louise, die ihr dunkelblondes akkurates Dreieck wie ein weithin sichtbares Locksignal des Körpers trug. Vera setzte sich auf und rieb ihre Freundin mit Sonnenmilch ein, bevor sie sich auf den Bauch drehte und ihm Rücken und Po präsentierte. Michelangelo hätte ihn nicht schöner meißeln können. Er grinste, weil ihm der Vergleich gefiel. Die Krönung wäre es, die makellosen Körper heimlich im Liebesspiel miteinander zu sehen, was würde er dafür geben. Allein die Vorstellung übermannte ihn, machte ihn unruhig, dörrte ihm förmlich die Kehle aus.
Louise drehte sich träge zur Seite. »Weißt du, wie man einen Keks nennt, der unter dem Apfelbaum liegt?«
Vera blinzelte aus halbgeschlossenen Augen. »Keine Ahnung.«
»Ein schattiges Plätzchen …, genau das, was ich jetzt brauche.«
Amüsiert ließen sich beide vom glatten Stein direkt ins kühle Meer gleiten.
»Das ist ja viel besser, als vom Strand aus«, rief Louise begeistert, »fast wie eine Rutsche und direkt ins tiefere Wasser.«
Vera schwang sich erneut auf den Felsen und sprang Kopf über hinein. Sie schwammen ein Stück wie im Wettkampf gegeneinander, spritzten sich übermütig Wasser zu, spuckten das salzige Nass in weitem Bogen aus und ließen sich im Nichtstun treiben. Wieder trockneten sie sich in der Sonne und strebten dann, in Badetücher gehüllt, dem Haus entgegen.
»Das einzige, was hier unten fehlt, ist eine Dusche, die nehmen wir im Haus, ansonsten bin ich wunschlos zufrieden«, sagte Vera außer Atem. Als sie vom Duschen kamen, hatte Heinz frischen Salat mit Gurken, Zwiebeln, Oliven und Tomatenscheiben angerichtet, dazu Weißbrot knusprig aufgebacken. Eine riesige Schüssel mit Pfirsichen, Trauben und Feigen wartete als Nachtisch.
»Ich fühle mich wie im Schlaraffenland«, freute sich Louise über den appetitlichen Anblick.
»Jetzt warten wir nur noch auf das gebratene Huhn mit der Gabel im Rücken«, witzelte Vera, worauf Heinz schlagfertig bemerkte: »Mein Vater hätte eins gezaubert, so einfach wäre das.«
Am Nachmittag fuhren sie in die Stadt. Das Taxi entließ sie unmittelbar vor der alten Stadtmauer, einer bis zu sechs Meter breiten Befestigungsanlage. Durch das reich verzierte Pile Tor gelangten sie in die Altstadt, vorbei am Wasser speienden Onofrio Brunnen und betraten den Stradun, die Prachtstraße und Flaniermeile im Herzen der beeindruckend schönen Altstadt. Die schrägstehende Sonne warf ihren gelbrötlichen Schein auf den Marmor des Straßenbelags und ließ ihn
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