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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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anfallen, alles Leute in den Vierzigern mit Herzstillstand oder so. Und daß die, wie soll ich sagen, auf die umliegenden Friedhöfe strategisch verteilt werden.«
    Matzbach rümpfte die Nase. »Momentchen, Momentchen. Das wüßt ich gern genauer.«
    Genenger nickte. »Dacht ich’s mir doch. Paß auf. Irgend wie komisch ist mir das schon lange vorgekommen. Jetzt war zufällig gestern abend Kollegentreff – alle Bestatter der unteren, mittleren und oberen Ahr zunebst Umgebung, und da hab ich mich unauffällig umgehört.«
    Matzbach strahlte. »Alles für mich?«
    »Klar, alles für dich.« Genenger zuckte mit den Schultern. »
Mir
ist das doch im Prinzip schnurz, aber du jammerst ja immer über Mangel an interessanten Leichen, du Superdetektiv. Deshalb.«
    Baltasar verneigte sich im Sitzen. »Bei Gelegenheit und nach ausgiebiger Vor- sowie Hauptwäsche werd ich dir die Füße küssen.«
    Genenger schüttelte sich. »Iiii.«
    »Zurück zu den werten Verstorbenen. Also wie war das?«
    Der Privatbestatter schloß die Augen, reckte den linken Arm vor und zählte mit kräftigen stumpfen Fingern auf. »Erstens: Privatklinik mit massenweise Ärzten. Zweitens: produziert massenweise Leichen. Drittens: Alle, soweit ich das übersehe, waren in deinem Alter …«
    »Danke.«
    » … und hatten nichts Ernstes. Viertens: Herz, diese Pumpe, ist ein ziemlich diffuser Befund, was Todesursachen angeht. Fünftens: Die letzten acht Kadaver wurden in der näheren Umgebung verteilt – drei zu mir, die anderen liegen auf fünf verschiedenen Friedhöfen.« Er öffnete die Augen, betrachtete die abgespreizten Finger der Linken, schloß die Hand zur Faust, ließ sie sinken und musterte Matzbach.
    »Drei bei dir, die andern einzelweise verteilt?«
    »Just.«
    »Kamen die denn aus der Gegend, in der sie verbuddelt worden sind?«
    Genenger beugte sich vor. »Du porkelst den Kern aus dem toten Pudel, Junge. Nein. Alle von ganz woanders – Bonn, zum Bleistift. Düsseldorf. Wiesbaden. So was.«
    »Normalerweise wird man doch nicht da vergraben, wo einen der Blitzstrahl der Götter trifft, sondern da, wo man wohnt, oder?«
    »Normalerweise schon.«
    »Hatten die denn alle keine Familien?«
    Genenger bleckte die Zähne. »Teils teils. Die bei mir Deponierten waren Solisten; die anderen fünf haben trauernde Witwen und Kindlein hintergelassen.«
    Matzbach zupfte an seinem rechten Ohrläppchen. »Inserent. Sehr inserent. Also Leichen ohne Anhang zu dir, die anderen auf normale Friedhöfe?«
    »Just.«
    »Und die Knete?«
    »Reichlich – ohne Gegenfrage und …« Genenger wackelte mit dem Kopf. »Vielleicht ist das eine Überinterpretation, aber irgendwie war das schon so, als ob man mir signalisiert: ›Du kriegst mehr Geld, als die Sache wert ist, also stell weniger Fragen, als dir in den Sinn kommen.‹ So etwa.«
    »Was heißt: Mehr als die Sache wert ist?«
    »Zwanzig Kilo nehm ich für was normal Ausgefallenes. Wenn’s ausgefallen Ausgefallenes sein soll, nehm ich mehr, je nach Ansprüchen. Aber diese drei …« Er hob die Hände. »Nix Besonderes. Einsargen und verbuddeln, ohne Pope und Publikum. War jedesmal nur ein Typ von der Klinik dabei; ich weiß nicht, ob Arzt oder Verwaltung oder Gärtner oder was.«
    »Und was nimmst du für derlei schlichte Kisten?«
    »Hatte ich noch nie.« Genenger fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich weiß, was das bei den Kollegen kostet – normal und schlicht. Schlimmstenfalls fünf Kilo. Das ist dann aber schon ein guter Sarg. Und Trinkgeld für die Totengräber. Aber so was Normales hab ich noch nie gehabt. Die Leute aus dem Dorf da unten legen sich auf ihren Dorffriedhof.«
    »Was hast du denn genommen?«
    Genenger kniff ein Auge zu. »Zwanzig Kilo. Ich hab denen gesagt, das wäre mein Normaltarif – stimmt ja auch fast. Die haben ohne mit irgendwas zu zucken bezahlt. Jedesmal.«
    Matzbach steckte die Hand unter sein Frotteehemd und kratzte sich lautstark den Bauch. »Sollte man sich mal drum kümmern. Ja. Aber dazu müßtest du mir noch ein bißchen mehr über diese Klinik erzählen. Und ich brauchte die Namen und letzten Adressen der werten Damen und Herren Leichen.«
    Heinrich Genenger zog die Beine aus der Grube und stand auf. »Sollst du alles kriegen«, sagte er mit einem schiefen Lächeln.
    »Aber?« Matzbach erhob sich ebenfalls.
    Genenger deutete auf die Charonsgondel. »Da drin ist noch eine Schaufel.«
    Matzbach verzog das Gesicht und ächzte.

3. Kapitel
    Oberhalb des Friedhofs

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