Matzbachs Nabel
Schande über gewisse mangelhafte Fertigkeiten im Umgang mit Zündungen, Zündern und Entzündungen.«
»Und«, sagte Matzbach, »wenn’s schiefgeht, müssen wir nicht mehr Köpfe riskieren als unbedingt nötig.«
»Darüber reden wir noch«, sagte Jorinde; es war eher ein Knurren.
»Du schuldest uns noch eine Geschichte.« Genenger zwinkerte. »Irgendwas mit einem Schneeschuhkarnickel, glaube ich.«
Matzbach winkte ab. »Das ist eine Geschichte für Überlebende. Wenn überhaupt.«
22. Kapitel
Die Klinik lag inmitten üppiger Gartenanlagen, mit Baumgruppen und schattigen Wegen, einem Heckenlabyrinth, Teichen, Sportplätzen und Blumendschungeln; alles war umgeben von einer zwei Meter hohen Mauer aus bemoosten Bruchsteinen. Die Gebäude selbst, angeordnet wie Fragmente eines eckigen Hufeisens, schienen vor kurzem neu verputzt worden zu sein. Der prospektive Patient B. Maselberg entlohnte den Taxifahrer und stand mit einer Reisetasche ein paar Sekunden vor dem großen Eisentor, ehe er die Gegensprechanlage fand. Nachdem er sich vorgestellt hatte, wurde der Summer betätigt.
Matzbach wanderte den mit schneeweißem Kies belegten Fußweg entlang; die asphaltierte Auffahrt schlug sich rechts in einem weiten Bogen durchs Gebüsch, aus dem plötzlich der Geierkopf von Hannes Finkele auftauchte. Sie wechselten ein Blinzeln.
Unter dem weißen Vordach, getragen von weißen Säulen, wartete eine Weißgewandete mit dunklem Haar, die sich als Schwester Edeltraud vorstellte. Sie geleitete Matzbach in den Mitteltrakt des Klinikgebäudes. Als sie über den mit weißem Linoleum ausgelegten weißgestrichenen Flur gingen, sog Matzbach tief die aromatische Luft ein.
»Ich kann mir nicht helfen – irgendwie riecht es nach Krankenhaus.«
Die Schwester lächelte; sie hatte spitze weiße Mausezähne. »Das liegt wahrscheinlich daran, daß wir ein Krankenhaus sind.«
»Ach.«
Finkele hatte Lage und Einrichtung des großen Konsultationsraums trefflich beschrieben, wie Matzbach feststellte.Aus den unendlich großen, bis zum Boden zu öffnenden Fenstern blickte man auf die Lebensbaumwülste und Buchsbaumpyramiden des Auffahrtgeländes. Die weißen Wände prangten mit guten Picassodrucken und protzten mit medizinischen Auszeichnungen.
Der Professor, statuesk hinter einer Art Chippendale-Schreibtisch mit zierlich gekrümmten Beinen und beschnitztem Plattenrand, blickte über seine Brille auf den neuen Klienten.
»Professor Laibnitz, mit a-i und t-z, keine Kekse«, sagte er. »Und Sie sind Herr Maselberg?«
Er erhob sich, kam in einer Art von schleichendem Schweben um den Tisch, drückte Matzbachs Hand, nickte der Schwester zu und deutete auf die burgunderroten Ledersessel. Eigenhändig brachte er ein Tablett mit silberner Thermoskanne, Tassen, Sahne und Zucker zum Tisch der Sitzgruppe.
»Darf ich Ihnen einen Begrüßungskaffee eingießen?«
»Sehr gern, vielen Dank.«
Die Tür schloß sich hinter der Schwester. Laibnitz füllte zwei Tassen, schob die Brille höher auf den Nasenrücken und lehnte sich in den Sessel; die Hände faltete er über dem kleinen Spitzbauch.
»Nun, Sie haben also Probleme mit Ihrem Nabel?«
Matzbach nickte, langte in die Reisetasche und zog ein Bündel Banknoten heraus.
»Zur Klärung dieses Teils der Behandlung«, sagte er. »Ich hoffe, zehntausend Mark sichern mir zumindest für die ersten Tage Ihr Wohlwollen und Ihre guten Dienste.«
Laibnitz nahm das Bündel entgegen, spielte damit, klatschte es auf seinen linken Oberschenkel. »Darauf können Sie sich verlassen. Danke sehr – zunächst einmal. Könnten Sie mir ein wenig mehr über Ihr Problem erzählen?«
Matzbach rührte in seinem Kaffee. »Das ist gleichzeitig einfach und kompliziert, Professor. Darf ich, bevor ich in dusselige Monologe ausbreche, nach Ihrer Ausbildung fragen?«
»Ich war zunächst Internist, bin aber relativ bald auf Chirurgie umgestiegen, Spezialgebiet Kosmetische Chirurgie. Außerdem bin ich Psychoanalytiker.«
Matzbach atmete auf. »Wunderbar. Die ideale Kombination, jedenfalls für meinen Bedarf. Das erspart uns vielerlei Drumherumreden. – Sagen Sie, meine oralen Gelüste sind sehr ausgeprägt. Darf ich rauchen?«
Laibnitz zögerte, betrachtete dann das Notenbündel und nickte. »Selbstverständlich.« Er stand auf, ging zu einem Glasschränkchen und kam mit einem Metallnapf zurück. »Bitte sehr.«
Matzbach entzündete eine Zigarre. »Ah. So ist es gut. Ich glaube, ich sollte Ihnen, ohne zu sehr ins Detail zu
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