Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
wandte sich Bolitho an Allday. »Erinnerst du dich an die
Achates
?«
Der Bootssteurer zog eine Grimasse und rieb sich die Brust. »Die vergesse ich bestimmt nicht. Aber das ist vier Jahre her.«
Bolitho legte ihm die Hand auf den Arm. »Trotzdem, mein Freund. Weißt du noch, wie wir sie fast verloren hätten?«
Allday spürte, daß es ihm trotz der Mittagshitze eiskalt über den Rücken lief. »Sie denken an einen Brander, Sir?« Er senkte die Stimme, die Männer an den Riemen sollten nichts mitbekommen.
Doch Bolitho sprach laut weiter. »Ich weiß, was ich damit von den Leuten verlange.« Ein Fisch sprang aus dem Wasser, fiel zurück. »Aber sonst verlieren wir noch mehr Männer und Schiffe.«
Der Rudergänger im Beiboot konzentrierte sich ganz auf das Anlegemanöver bei der
Miranda.
Schließlich würden sie wohl nie wieder einen Flaggoffizier an Bord haben. Niemand im Boot ahnte, was Bolitho durch den Kopf ging. Er sagte zu Allday: »Mr. Simcox hat etwas Wichtiges über den Wind hier gesagt. Es muß bald sein, denn der Feind könnte Anker lichten und davonsegeln. Aber wir können nur Freiwillige gebrauchen.«
Allday biß sich auf die Lippen. Die Männer auf dem Schoner waren ihm fremd, nicht Bolithos Leute, die mit ihm durch dick und dünn gegangen waren. Trotzdem … Er erinnerte sich an die
Achates
, wie sie in San Felipe vor Anker gelegen hatte. Das fremde Schiff hatte sich ihr scheinbar harmlos genähert und war dann in Flammen aufgegangen und auf sie zugetrieben. Wenn es etwas Schlimmeres gab, als einen Brander abzuwehren, dann war es für die eigenen Leute, diesen Brander zu bemannen. Dafür Freiwillige finden? Die waren so selten wie Jungfrauen in Seemannskneipen.
Bolitho griff in die Rüsten, als das Boot an der
Miranda
längsseits ging und die Mannschaft die Riemen hob. Er sah Allday an. »Trotzdem haben wir keine andere Wahl.« Damit zog er sich über das Schanzkleid und sprach sofort mit Tyacke. Der würde es dem Admiral kaum danken, schätzte Allday, nicht nach dem schrecklichen Brand, der ihm diese furchtbare Wunde beigebracht hatte.
Bolitho fühlte sich von Kommodore Warren beobachtet, als er Ozzard sein verschwitztes Hemd zuwarf und in ein frisches schlüpfte. Dann trat er zu den Heckfenstern in der Kajüte der
Themis
und sah ungeduldig zu, was auf dem nahen Versorger und dem gekaperten Sklavenhändler geschah. Wie lange brauchten die Leute bloß, um den Angriff vorzubereiten? Die Zeit wurde knapp. Und es war wichtig, daß Warren genau verstand, was er vorhatte.
»Der Schoner
Dove
wird Ihre Signale als Relaisstation an die Fregatten weitergeben, die draußen patrouillieren.« Bolitho sah im Geist die
Searcher –
eine Fregatte mit sechsunddreißig Kanonen – hinter dem Horizont kreuzen: Warrens erste Verteidigung gegen jeden Feind, der sich von Westen näherte. Der zweite Schoner hielt Kontakt zum Geschwader in der Saldanhabucht. Jeder Kommandant konnte selbst entscheiden, was er bei drehendem Wind oder bei Annäherung eines feindlichen Schiffes tun wollte, der Leutnant auf dem Schoner genauso wie der Kapitän der Fregatte. Das hatte Bolitho in seinen Befehlen präzise festgelegt. Aber einen Kampf Breitseite gegen Breitseite durfte es nur auf Befehl des Kommodore geben.
Warren protestierte: »Ich bin dagegen, Sir Richard. Wenn Sie bei diesem Handstreich fallen oder in Gefangenschaft geraten, wie soll ich das London erklären?«
Bolitho sah ihn mitleidig an. Als ob es dann noch auf Erklärungen ankäme. Hatte Varian mit seinem abfälligen Urteil über Warren vielleicht doch recht? »Ich lasse Ihnen dazu einige Briefe hier«, antwortete er. »Aber machen Sie sich darüber keine Sorgen. Es gibt in London einige, die das ganz gerne sähen.«
Allday kam mit dem alten Familiendegen und legte ihn Bolitho um. Er hatte seine kurze blaue Jacke und die weiße Leinenhose angezogen. Jetzt ermahnte er Ozzard mit einem Blick auf den prunkvollen Degen an der Wand: »Paß mir ja gut auf den auf!«
Bolitho beugte sich über die Seekarte. Die
Truculent
unter Kapitän Poland mußte inzwischen westlich der Tafelbucht stehen und auf die
Miranda
und ihre gefährliche Begleitung warten. Im Südwesten stand Varian mit ihrer stärksten Fregatte, der
Zest.
Wenn der Angriff gelang, sollte Varian die Schiffe verfolgen, die vor dem Brander auf die offene See flohen. Es war unwichtig, ob der Feind die
Albacora
wiedererkannte. Nur für die Männer an Bord war das von Bedeutung, die im letzten Augenblick in die Boote
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