Maulende Rebellen, beleidigte Zicken
wichtig zu wissen, dass sie »normal« sind. Sie denken ständig darüber nach, ob ihre Ohren zu groß, ihre Brüste zu klein, ihre Nase zu stupsig, ihre Füße zu breit, ihr Bauch zu rund, ihre Beine zu dick und ihre Haare zu fettig sind. Das Akzeptieren des neuen Körpers und der Geschlechtsreife gehört heute genauso wie damals zum Erwachsenwerden dazu.Wenn sich Eltern daran erinnern, wie verwirrend diese Entwicklung für sie selbst war, und ihr Kind sooft wie möglich dazu ermuntern, über diese Themen zu sprechen, helfen sie viel.
Auch wenn es nicht so aussieht: Ihr Teenager ist tatsächlich an Ihrer Meinung zum Thema Sexualität interessiert. Er wird sich das natürlich nicht anmerken lassen und vielleicht sogar erst einmal das Gegenteil von dem tun, was Sie sagen, aber das bedeutet nicht, dass Sie aufhören sollten, Ihrem Teenager Ihre Gedanken mitzuteilen. Ermutigen Sie Ihren Teenager auch mit anderen vertrauenswürdigen Erwachsenen über das Thema Sexualität zu reden (oder bitten Sie die entsprechenden Menschen, das Thema bei Gelegenheit anzusprechen). Eltern nehmen oft an, dass ihre Kinder sexuell weit aufgeklärter sind, als sie es wirklich sind. Sie können sich aber darauf verlassen, dass Ihr Kind seine Informationen von jemand anderem (wahrscheinlich Freunden) bekommen wird, wenn Sie
als Eltern zu diesem Thema schweigen. Und diese anderen Quellen sind nicht unbedingt verlässlich - oder vertreten wahrscheinlich nicht die gleichen Ansichten, die Sie Ihrem Kind mitgeteilt hätten. Sie können und sollten Ihrem Kind in diesem Bereich einiges vermitteln und beibringen.
Wer bin ich eigentlich?
Teil der Jugend ist immer auch - gestern wie heute - die Identitätsfindung. Jugendliche müssen herausfinden, wer sie sind - und wer sie sein wollen. Das Konzept der Adoleszenz ist relativ neu. Vor nicht allzu langer Zeit wurden aus Kindern im Alter von 14 oder 15 Jahren Erwachsene, die zu diesem Zeitpunkt arbeiten gingen, heirateten und ihre eigenen Kinder hatten. Heutzutage werden aus Kindern im Alter von 12 bis 13 Jahren Jugendliche und im Alter von 19 bis 21 Jahren dann Erwachsene - oder auch nicht (Sie kennen wahrscheinlich wenigstens einen »40-jährigen Teenager« in Ihrer Familie oder Nachbarschaft). Das Ziel der Adoleszenz ist es, sich von der Familie abzunabeln, selbstständig zu werden und die eigene Identität zu finden. Zu diesem Prozess gehört die Auflehnung gegen die Werte und Einstellungen der Eltern. Erst kommt diese Rebellion in Form von Kleidung, Haarfarbe, Piercings und Musikgeschmack zum Ausdruck. Wenn das nicht genug erscheint, um sich von der Generation der Eltern zu unterscheiden, dann greifen Jugendliche zu drastischeren Maßnahmen: Drogen, Alkohol, Tattoos, Gewalt, Gangs, Kriminalität, radikale Sekten und Interessengruppen. Die meisten wissenschaftlichen Studien zur Adoleszenz werden in Nordamerika und Europa durchgeführt. Aber vereinzelte Beobachtungen von Anthropologen zeigen, dass Jugendliche in Kulturen in Afrika und Asien weniger auffälligesVerhalten zeigen. Dies liegt wahrscheinlich weniger an biologischen oder genetischen Unterschieden, sondern vor allem an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. In diesen Kulturen wird der Übergang ins Erwachsensein durch oft schmerzhafte und mehrere Tage andauernde Riten gefeiert. Außerdem ist der damit verbundene neue Status klarer und eindeutiger definiert. Nach Konfirmation, Firmung oder Jugendweihe erlebt ein europäischer Jugendlicher kaum mehr eine Veränderung im täglichen Leben. Jugendliche, für die es unklar ist, wann sie erwachsen sind und was das eigentlich bedeutet, scheinen stärker rebellieren zu müssen. 5
Wechselnde Freundeskreise, Freizeitaktivitäten und das Persönlichkeitsprofil auf Internetseiten wie »My Space« erlauben es Jugendlichen, mit verschiedenen Identitäten zu experimentieren. Einige dieser Identitäten werden sie beibehalten, viele andere sind nur temporär und werden schnell aufgegeben. Je mehr ein Jugendlicher mit verschiedenen Identitäten experimentieren kann, desto schneller wird er herausfinden, welche sich authentisch anfühlen und welche nur Masken sind.
Auch wenn Jugendliche diesen Prozess der Selbstfindung durchlaufen müssen, um als Erwachsene das Leben erfolgreich zu meistern, bedeutet das nicht, dass sie ihre Eltern während dieses Prozesses nicht mehr brauchen. Im Gegenteil: Die Wahlmöglichkeiten sind heutzutage so vielfältig, dass Teenager ohne elterlichen Einfluss schnell in
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