Maurice, der Kater
Inzwischen waren die meisten geflohen. Wären die Gerüche in dem Zimmer Geräusche gewesen, hätte man Tausende von Schreien gehört. Sie füllten den Raum mit einer sonderbaren Art von Druck. Selbst Maurice fühlte ihn, gleich als Keith die Tür aufgebrochen hatte. Er verglich ihn mit Kopfschmerzen, die außerhalb des Kopfes auf der Lauer lagen und versuchten hineinzugelangen. Er klopfte gegen die Ohren.
Maurice blieb ein wenig hinter den anderen zurück. Man brauchte nicht sehr schlau zu sein, um zu erkennen, dass es sich um eine schlimme Situation handelte, die jeden Augenblick eine Flucht erfordern konnte.
Zwischen den Beinen von Keith und Malizia sah er Sonnenbraun, Gekochter Schinken und einige andere Veränderte. Sie standen in der Mitte des Raums und sahen zu den Käfigen auf.
Erstaunt stellte Maurice fest, dass sogar Gekochter Schinken zitterte. Aber er zitterte vor Wut.
»Lass sie frei!«, rief er Keith zu. »Lass sie sofort frei!«
» Noch eine sprechende Ratte?«, fragte Malizia.
»Lass sie frei!«, heulte Gekochter Schinken.
»All diese grässlichen Käfige…«, sagte Malizia und starrte. »Ich habe euch ja auf das Drahtgeflecht hingewiesen«, meinte Keith.
»Seht nur, man kann erkennen, wo es repariert wurde. Die Ratten haben sich durch Draht genagt, um zu entkommen!«
»Du sollst sie freilassen!«, kreischte Gekochter Schinken. »Lass sie frei, oder ich töte dich! Unheil! Unheil! Unheil!«
»Aber es sind doch nur Ratten…«, sagte Malizia.
Gekochter Schinken sprang und erreichte die Taille des Mädchens. Von dort aus lief er bis zu ihrem Hals hinauf. Malizia erstarrte.
»Dort drin stecken Ratten, die sich gegenseitig fressen ! Ich beiße dich, du…«
Keith griff zu und nahm Gekochter Schinken von Malizias Hals.
Das Fell der Ratte hatte sich gesträubt. Sie quiekte zornig, bohrte ihre Zähne dann in den Finger des Jungen.
Malizia schnappte nach Luft. Selbst Maurice zuckte zusammen.
Gekochter Schinken hob den Kopf. Blut tropfte von seiner Schnauze, und er blinzelte entsetzt.
Tränen bildeten sich in Keiths Augen. Ganz vorsichtig setzte er Gekochter Schinken auf den Boden. »Es ist der Geruch«, sagte er ruhig. »Er bringt sie durcheinander.«
»Ich… ich dachte, die Ratten sind zahm!«, sagte Malizia, als sie die Sprache wiederfand. Sie griff nach einem Stück Holz, das an einem Käfig lehnte.
Keith stieß es ihr aus der Hand. »Du darfst niemals einen von uns bedrohen!«
»Er hat dich angegriffen !«
»Sieh dich um! Dies ist keine Geschichte! Dies ist die Realität! Verstehst du? Die Ratten sind wahnsinnig vor Angst!«
»Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden?«, rief Malizia.
»Ich rrkrkrk rede so, wie es mir passt!«
»Einen von uns, wie? War das ein Fluch in der Rattensprache? Hast du eben auf Rattisch geflucht, Rattenjunge?«
Genau wie Katzen, dachte Maurice. Sie stehen dicht voreinander und schreien sich an. Seine Ohren drehten sich, als er in der Ferne ein anderes Geräusch vernahm. Jemand kam die Leiter herunter. Maurice wusste aus Erfahrung, dass dies nicht der geeignete Zeitpunkt war, um mit Menschen zu reden. Sie sagten dann immer Dinge wie »Was?« und »Das ist nicht richtig!« oder »Wo?«.
»Verschwindet von hier, sofort !«, rief Maurice, als er an Sonnenbraun vorbeilief. »Sei nicht zu menschlich, und lauf .«
Das war genug Heroismus, fand er. Man geriet in Schwierigkeiten, wenn man sich von anderen Leuten aufhalten ließ.
Ein rostiges altes Gitter steckte in der einen Wand. Maurice rutschte auf dem glitschigen Boden, als er die Richtung änderte, und dort, ja , war ein mauricegroßes Loch, wo ein Gitter durchgerostet war. Seine Krallen kratzten über altes Gestein und versuchten, ihn zu beschleunigen, als er durch das Loch sprang, genau in dem Augenblick, als die Rattenfänger den Keller betraten. Im Schutz der Dunkelheit drehte er sich um und sah in den Raum zurück.
Zeit für eine Kontrolle. War Maurice sicher? Alle Beine da? Auch der Schwanz? Ja. Gut.
Er beobachtete, wie Sonnenbraun an Gekochter Schinken zerrte, der erstarrt zu sein schien. Die anderen Veränderten liefen zu einem weiteren Gitter in der gegenüberliegenden Wand. Das passiert, wenn sie die Kontrolle über sich verlieren, dachte Maurice. Sie halten sich für gebildet, aber wenn’s hart auf hart geht, ist eine Ratte nur eine Ratte.
Bei mir sieht die Sache anders aus. Mein Gehirn funktioniert perfekt, die ganze Zeit über. Bin immer wachsam. Halte dauernd Augen, Ohren und Nase offen.
Die
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