Maurice, der Kater
geht’s los, dachte Maurice. Er wird sich mit übermenschlicher Kraft auf den Burschen stürzen, weil er so wütend ist, und die beiden Rattenfänger werden sich wünschen, nicht geboren zu sein…
Keith sprang mit gewöhnlicher menschlicher Kraft, und ihm gelang nur ein Schlag, bevor ihn Rattenfänger 1 mit einem weiteren wuchtigen Hieb brutal zu Boden schickte.
Na schön, er ist niedergeschlagen worden, dachte Maurice, während Keith nach Luft schnappte. Aber er kommt bestimmt wieder auf die Beine.
Ein schriller Schrei erklang, und Maurice dachte: Aha!
Aber der Schrei stammte nicht vom keuchenden Keith. Eine graue Gestalt sprang von den obersten Rattenkäfigen dem Rattenfänger mitten ins Gesicht. Sie landete mit den Zähnen voran, und Blut spritzte aus der Nase des Mannes.
Aha!, dachte Maurice erneut. Gekochter Schinken kommt zur Rettung! Was Mrillp ! Ich denke wie das Mädchen! Ich denke so, als wäre es eine Geschichte!
Der Rattenfänger griff nach der Ratte und hielt sie auf Armeslänge am Schwanz. Gekochter Schinken wand sich hin und her, heulte dabei vor Zorn. Mit der freien Hand tastete der Rattenfänger nach seiner Nase und blickte dann auf die zappelnde Ratte.
»Ein echter Kämpfer«, sagte Rattenfänger 2. »Wie ist er entwischt?«
»Dies ist keine von unseren Ratten«, erwiderte Rattenfänger 1. »Es ist ein Roter.«
»Ein Roter? Was soll denn rot an ihm sein?«
»Eine rote Ratte ist eine Art Grauratte, wie du wüsstest, wenn du ein erfahrenes Mitglied der Rattenfängergilde wärst«, sagte Rattenfänger 1. »Normalerweise kommen hier keine roten vor. Man findet sie unten in der Ebene. Seltsam, hier einen Roten anzutreffen. Sehr seltsam. Schmutziger alter Bursche. Aber verdammt aggressiv.«
»Deine Nase blutet.«
»Ja, ich weiß. Ich hatte in meinem Leben mehr Rattenbisse als du
warme Mahlzeiten. Ich fühle sie überhaupt nicht mehr«, sagte Rattenfänger 1 in einem Tonfall, der darauf hindeutete, dass die zappelnde, immerzu quiekende Ratte wesentlich interessanter war als sein Kollege.
»Mein Mittagessen bestand nur aus kalter Wurst.«
»Und wenn schon. He, du bist wirklich ein kleiner Kämpfer. Ein richtiger kleiner Teufel, voller Schneid.«
»Es ist nett von dir, so etwas zu sagen.«
»Ich meine die Ratte, Junge.« Rattenfänger 1 stieß Keith mit dem Stiefel an. »Fessel die beiden Kinder«, sagte er zu Rattenfänger 2. »Wir bringen sie zunächst in einem der anderen Keller unter. In einem mit einer Tür, die sich abschließen lässt. Und ohne irgendwelche Falltüren. Und du gibst mir den Schlüssel.«
»Sie ist die Tochter des Bürgermeisters«, sagte Rattenfänger 2. »Bürgermeister können sich sehr aufregen, wenn es um ihre Töchter geht.«
»Dann wird er tun, was man ihm sagt.«
»Willst du die Ratte zu den anderen stecken?«
»Was, einen solchen Kämpfer? Soll das ein Witz sein? Es liegt an dieser Denkweise, dass du für immer der Assistent eines Rattenfängers bleibst. Ich habe eine viel bessere Idee. Wie viele sind im besonderen Käfig?« Maurice beobachtete, wie Rattenfänger 2 einen Käfig an der gegenüberliegenden Wand überprüfte.
»Nur noch zwei«, berichtete er. »Sie haben die anderen vier gefressen und nur das Fell übrig gelassen.«
»Dann dürften sie toll in Form sein. Mal sehen, was sie mit ihm hier anstellen.«
Maurice hörte, wie eine Käfigtür geöffnet und wieder geschlossen wurde.
Gekochter Schinken sah rot. Sein ganzes Blickfeld war damit gefüllt. Seit Monaten brodelte Zorn in ihm, tief in seinem Innern, Zorn auf die Menschen, Zorn auf das Gift und die Fallen, Zorn darüber, dass die jüngeren Ratten keinen Respekt mehr zeigten, Zorn auf die Welt, die sich zu schnell veränderte, Zorn darauf, dass er alt wurde… Und jetzt strömten die Gerüche des Schreckens, des Hungers und der Gewalt dem Zorn entgegen, der aus der anderen Richtung heranschwappte, und beides vermischte sich miteinander, wurde zu einem großen roten Strom der Wut, der durch Gekochter Schinken floss. Er war eine Ratte, die in der Klemme steckte. Aber er war auch eine Ratte, die in der Klemme steckte und denken konnte. Er hatte immer mit allen Mitteln gekämpft, auch damals, als es noch kein Denken gab, und er war noch immer sehr stark. Zwei dumme, angeberische junge Kiekies, die nichts von Taktik verstanden, keine Erfahrung in Hier-ist-alles-erlaubt-Kellerkämpfen hatten, die Beinarbeit vernachlässigten und ohne irgendeinen Gedanken waren, konnten es nicht mit ihm aufnehmen. Ein
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