Maximum Warp. Der Guide durch die Star-Trek-Romanwelten: Von Nemesis zu Typhon Pact! (German Edition)
Vielzahl von Kulturen schnell vor ungeahnte Probleme. Ein Raumschiff ist kein geschützter Raum, und folglich kann es die soziale Idee der Kindheit auch nicht hochhalten: Hier kommt es ungefiltert zu Begegnungen aller Art, die bereits Erwachsenen Schwierigkeiten bereiten können.
Die Reaktion eines Kindes muss aber nicht zwangsläufig darin bestehen, dass es die eigenen, kindlichen Maßstäbe an eine andere Kultur anlegt oder indem es sich von fremden Völkern begeistern lässt. Genauso gut kann es durch Vereinsamung reagieren. Wer ständig unter Beobachtung durch andere oder zumindest den Computer steht, sucht sich einen Rückzugsort. Und wer den nicht räumlich findet, findet ihn doch zumindest geistig. Imaginäre Freunde sind bei diesen »Kindern zwischen den Sternen« keine Seltenheit. Manchmal sehnen sich auch Erwachsene nach ihnen, wie uns das Beispiel des tollpatschigen Ingenieurs Barclay vor Augen führt. Die zeitweilige Zweckentfremdung der Holodecks mag dazu gehören.
… UND DAS UMDENKEN DER ELTERN
Doch nicht nur die Kleinen sehen sich vor unvorhergesehene Herausforderungen gestellt. Wenn Eltern oder Elternteile erstmals in den neuen Hafen der Sternenflotte einlaufen, wo sie heimisch werden wollen, zeichnen sie sich oftmals durch eine starke Regel- und Ordnungsbezogenheit aus, die nicht nur ihrer Offizierskarriere geschuldet ist. Indem sie versuchen, mit ihren Kindern zusammenzuleben, wollen sie Zugriff auf deren Entwicklung haben. Später müssen sie erkennen, dass sie ihre Kinder in eine Welt gebracht haben, in der ihnen die Erziehungskontrolle viel schneller entrissen wird, als ihnen lieb sein kann.
Beverly Crusher kam unter anderem auf die
Enterprise
, um ihrem isolierten, sich für Wissenschaft begeisternden Sohn ein neues Zuhause zu bieten. Am Ende muss sie Wesley aber mit einem mysteriösen Außerirdischen – dem Reisenden – ziehen lassen. Und als der Krieg gegen das Dominion ausbricht, kann sich Benjamin Sisko nicht durchsetzen, als Jake beschließt, auf dem von feindlichen Truppen besetzten DS9 zu bleiben. Sogar der Zwischenweltler Worf verliert zeitweilig völlig die Kontrolle über seinen Sohn Alexander.
Trotz all dieser Herausforderungen zeigt
Star Trek
in seiner Schlussmoral, dass Familienleben im Weltraum nicht nur anstrengend, sondern auch sehr lohnenswert sein kann. Die Chance besteht darin, Erfahrungen zu machen, die Kinder und Eltern gleichermaßen neue Horizonte erschließen. Wie so vieles andere auch scheint dieses Ziel nicht ganz ohne Konflikte erreichbar zu sein. Nach einer anfänglichen Phase der schwierigen Eingewöhnung auf einem Schiff oder einer Station können sich aber tatsächlich neue Bekanntschaften ergeben, und manchmal erweitern sich die Familien auf ungeahnte Weise – Patchwork im besten Sinne.
EIN NOBLER TRAUM
Die
Enterprise-D
, die Familiencouch zwischen den Sternen, gibt es mittlerweile nicht mehr – und der Dominion-Krieg hat die Sternenflotte wieder viel von ihrem antimilitärischen Kurs gekostet. Aber ganz zu alten Ufern kehrt die
Enterprise-E
auch nicht zurück.
Deshalb bleibt dort das Kinderhaben und Kinderkriegen ein Thema. Aber wer hätte erwartet, dass es ausgerechnet jenen Mann treffen würde, der in
Mission Farpoint
noch betonte, die Rolle des Captains sei nicht mit der des Vaters zu vereinbaren: Jean-Luc Picard?
Im Roman
Mehr als die Summe
macht er einen erstaunlichen Bewusstseinswandel durch, der in einer gewissen Konsequenz zur Beziehung mit Beverly steht, zu der er sich in
Tod im Winter
endlich offen bekannt hat. Und sieht man hinüber auf das Schiff von Picards ehemaligem Ersten Offizier, Will Rikers
Titan
, zeigt sich, dass der
Enterprise
-Captain nicht der letzte in der Reihe ist, für den es plötzlich lohnenswert erscheint, eine Familie inmitten der Sterne zu gründen. Das Thema hat Konjunktur.
Denn im Grunde ist es ein nobler Traum, und dass selbst eine Person wie Picard schließlich zu ihm findet, beweist die Stärke und die Verheißung dieses Traums: dort draußen zu Hause sein.
5.5.1
DANN HEIRATE DOCH DEIN BÜRO
Die First Family
Star Treks
von Christian Humberg
Helden sterben einsam – nicht zuletzt, weil sie zumeist sehr einsam lebten. Ein klassischer Serienprotagonist ist Einzelgänger. Er lebt, um zu helfen und andere glücklich zu machen, nicht sich selbst. Seine Familie besteht aus ihm.
Nicht so in
Star Trek
. Von Anfang an sahen wir in der Brückenbesatzung der
U.S.S. Enterprise
eine Art Ersatzfamilie für ihre Mitglieder.
Weitere Kostenlose Bücher