Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel
Japan.«
»Ich dachte, da gäb’s nur Reis«, meinte der Sergeant. »Hat mein Dad mir erzählt. Der war mal da.«
Captain Harris steckte sich umständlich einen der winzigen Kopfhörerstecker ins Ohr und drückte einen Knopf. Er lauschte dem Zischen, das achtundvierzig Jahre später von Radio Blackbury ersetzt werden würde, und nickte.
»
Irgendwas
macht das Ding«, sagte er. Er berührte den Frequenzschalter, dann blinzelte er erstaunt.
»London«, sagte er erstaunt. »Ohne jede Störung!«
»Wir hätten den Deckel in Sekunden ab«, sagte der Sergeant.
»Nein«, meinte Captain Harris. »Das muß ins Ministerium geschickt werden. Die Typen in den weißen Kitteln sollen es sich mal ansehen. Wie kriegt man Röhren in so eine kleine Kiste? Und wo ist die Antenne?«
»Sehr kleine Füße«, sagte der Sergeant.
»Was haben Sie gesagt?«
»Das hat mein Dad mir erzählt. Die japanischen Frauen. Sehr kleine Füße, hat er gesagt. Vielleicht haben sie auch kleine Hände. War nur so ‘ne Idee.« Der Sergeant versuchte, seine technologischen Spekulationen zu erläutern. »Damit könnte man doch sehr gut kleine Dinge bauen. Sie wissen schon. Flaschenschiffe und so.«
Der Captain legte das kleine Radio zurück in die Schachtel.
»Das hab ich schon mal gesehen«, sagte der Sergeant, immer noch bemüht zu helfen. »Sie nehmen eine Flasche, dann brauchen Sie sehr viel sehr dünnen Draht – «
»Er ist der beste Schauspieler, den ich je gesehen habe«, sagte Captain Harris. »Man könnte tatsächlich glauben, daß er nur ein dummer Junge ist. Aber dieses Zeug… Ich kann es einfach nicht glauben. Das ist alles sehr… seltsam.«
»Wir haben jeden Mann draußen, um nach ihm zu suchen«, sagte der Sergeant. »Und der Inspector hat eine Einheit aus West Underton hergerufen. Wir werden ihn bald erwischen.«
Der Captain versiegelte die Schachtel mit Klebeband.
»Ich möchte, daß das hier bewacht wird«, sagte er.
»Wir werden sie ins Hauptbüro stellen und ein Auge drauf haben.«
»Nein. Ich will, daß sie sicher ist.«
»Na ja, wir haben noch eine leere Zelle. Genauer gesagt ist zwar noch jemand drin, aber den können wir auch rauswerfen.«
»Noch sicherer.«
Der Sergeant kratzte sich am Ohr.
»Wir könnten sie in den Schrank für Fundsachen tun«, meinte er. »Aber dort sind wichtige Dinge drin – «
»Schrank für Fundsachen? Haben Sie keinen Safe hier?«
»Nein.«
»Und wenn Sie die Kronjuwelen im Rinnstein finden würden?«
»Dann würden wir sie in den Schrank für Fundsachen tun«, erwiderte der Sergeant sofort. »Und dann den König anrufen. Natürlich nur, wenn ein Namensschild auf den Juwelen ist. Der Schrank hat eine gute, feste Tür, und es gibt nur einen Schlüssel, und den habe ich.«
»Na gut, nehmen Sie raus, was in dem Schrank ist, und tun Sie es in diese Zelle, und dann stellen Sie diese Schachtel hier in den Schrank«, wies ihn der Captain an.
»Das wird dem Chief Inspector aber gar nicht gefallen. Diese Fundsachen sind sehr wichtig.«
»Sagen Sie ihm, wir können friedlich zusammenarbeiten, aber wenn er es vorzieht, kann ich dafür sorgen, daß ihn der Chief Constable anruft«, sagte Captain Harris und legte die Hand aufs Telefon.
Der Sergeant schaute beunruhigt drein. »Meinen Sie das ernst, Sir?« fragte er.
»O ja.«
»Das Zeug da wird doch nicht explodieren oder so?«
»Ich bin nicht sicher. Aber ich glaube nicht.«
Fünf Minuten später ging der Sergeant nach hinten zu den Zellen, die Fundsachen aus dem Schrank auf den Armen und einen gereizten Ausdruck im Gesicht. Er legte die Fundsachen auf eine Bank im Flur und holte den Schlüssel hervor. Dann schob er die Klappe in einer der Zellentüren auf.
»Alles in Ordnung, altes Mädchen?«
»Das glaubste vielleicht. Ha, blaue Stifte! Man sieht doch, daß es ein Junge ist, Mister Shatwell.«
»Ja, ja«, sagte der Sergeant und öffnete die Tür.
Die alte Dame saß auf dem Bett. Sie war so klein, daß ihre Füße ein paar Zentimeter über dem Boden hingen. Auf dem Schoß hatte sie eine Katze. Sie grollte, als sie den Sergeant sah – ein gedehntes, lauter werdendes Grollen, das nahelegte, er solle lieber nicht versuchen näherzukommen.
Der Sergeant hatte schon lange aufgehört, sich zu fragen, wie die Katze in die Zelle kam. Es passierte jedesmal. Durch die Fenster hätte sie es nicht schaffen können, und ganz bestimmt nicht durch die Tür, aber immer, wenn die alte Dame eine Nacht in einer der Zellen verbrachte, war am
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