Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel
Hause?« fragte Wobbler.
Kirsty sah aus, als hätte sie jemand geschlagen.
»Nein, ich habe keine… äh… was?« sagte sie. »Äh… eine Kassette oder zwei… ein paar… nicht viele… was soll das denn? Ich sehe sie mir sowieso kaum an!«
»He«, schaltete sich Yo-less ein, »hast du die, in der diese geheimnisvolle Kraft – «
»Sei still! Sei jetzt bloß still! Nur, weil diese Serie zufällig exakt die sozialen Probleme des späten Zwanzigsten Jahrhunderts widerspiegelt, heißt das noch nicht, daß du mich deshalb verarschen kannst, weil ich ein gewisses akademisches Interesse daran zeige.«
»Hast du auch eine
Enterprise
-Uniform?« fragte Yo-less.
Kirsty wurde rot.
»Wenn einer von euch das
irgendwem
erzählt, wird er einen Riesenärger kriegen«, sagte Kirsty. »Und das meine ich ernst!«
Johnny öffnete die Tür. Draußen ging der Mittwochnachmittag langsam in den Mittwochabend über. Es nieselte. Johnny atmete die 1941er Luft tief ein. Sie roch nach Kohlen und Sauerkonserven und Marmelade, mit einer Spur von heißem Gummi. Hier wurden Sachen
hergestellt.
All diese Schornsteine…
1996 gab es in Blackbury keine Fabriken mehr. Bis auf eine einzige, in der Computer zusammengesetzt wurden, und ein paar Lagerhäuser und die örtliche Zentrale der Straßenmeisterei. Die Leute schoben die Sachen nur noch von hier nach dort oder addierten Zahlen.
»Also gut, es kann ja sein, daß ich mir Science-fiction-Serien ansehe«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Aber wenigstens tue ich das im Geist intelligenter Dekonstruktion. Ich sitze nicht einfach da und sage: Boh, Laser! Geil!«
»Das hat doch auch keiner behauptet«, meinte Yo-less, und er schaffte es, geradezu aufreizend vernünftig zu klingen.
»Das wirst du mich wohl nie vergessen lassen, wie?« sagte Kirsty.
»Ich werde es nie wieder erwähnen«, erwiderte Yo-less.
»Wilde Veganer sollen uns zerreißen, wenn wir das tun«, sagte Bigmac mit einem Grinsen.
»Nein, Veganer sind die Leute, die keine tierischen Produkte essen«, erklärte Yo-less. »Du meinst Vulkanier. Vulkanier sind die mit dem grünen Blut – «
»Könnt ihr nicht endlich die Klappe halten? Ich bin noch nicht mal geboren, und ihr streitet euch hier über blöde Außerirdische rum!« rief Wobbler.
»Was haben wir hier getan, was die Zukunft verändert hat?« fragte Johnny und sah alle nacheinander an.
»So ziemlich alles, nehme ich an«, sagte Kirsty. »Und Bigmac hat sein ganzes Zeug auf dem Polizeirevier gelassen.«
»Die haben auf mich geschossen – «
»Geben wir’s doch zu«, sagte Yo-less, »
alles,
was wir tun, verändert die Zukunft. Vielleicht haben wir jemanden angerempelt, und er ist deshalb fünf Sekunden zu spät über die Straße gegangen und ist überfahren worden oder so. Als wenn man auf einen Dinosaurier tritt. Jede Kleinigkeit ändert die gesamte Geschichte.«
»Das ist doch bescheuert«, sagte Bigmac. »Ich meine, Flüsse fließen immer in dieselbe Richtung, ganz egal, wohin die kleinen Fische schwimmen.«
»Äh…« sagte Wobbler. »Da war doch dieser… dieser Junge…«
Er sagte es mit der bedächtigen, hohlen Stimme eines Menschen, der befürchtet, ein wichtiges Beweisstück gefunden zu haben.
»Welcher Junge?« fragte Johnny.
»Irgendein Junge«, sagte Wobbler. »Er ist von zu Hause weggerannt oder so.
Nach
Hause, wollte ich sagen. Mit viel zu langen Shorts und einer Rotznase.«
»Was meinst du mit: nach Hause weggerannt?«
»Ach, er hat rumgejammert, weil er hierher evakuiert wurde und davon genug hatte und wieder nach London zurückwollte. Aber dann ist er mir in die Stadt nachgerannt und hat Steine nach mir geschmissen, weil er gemeint hat, ich wäre ein Spion. Wahrscheinlich ist er immer noch irgendwo da draußen. Er ist die Straße da runtergerannt.«
»Die Paradise Street?« fragte Johnny.
»Was ist denn damit?« fragte Wobbler beunruhigt.
»Sie wird heute nacht von Bomben zerstört«, sagte Kirsty. »Johnny redet dauernd davon.«
»Ha, ich kann mir nicht vorstellen, daß die Deutschen eine Bombe auf
den
werfen«, meinte Wobbler. »Der war ja so gut wie auf ihrer Seite.«
»Bist du sicher, daß es die Paradise Street war?« drängte Johnny. »
Ganz
sicher? Hast du da irgendwelche Verwandte? Großeltern? Urgroßeltern?«
»Woher soll ich das denn wissen? Das ist eine Ewigkeit her!«
Johnny holte tief Luft. »Es ist gerade jetzt.«
»Ich… ich weiß nicht. Mein einer Opa wohnt in Spanien, und der andere war schon tot, als ich
Weitere Kostenlose Bücher