MAYA LINDON: Und die Macht der Magie (German Edition)
auf, schüttelte ich meine müden Glieder aus und drehte meinen Kopf im Kreis, um die Anspannung in meinem Nacken loszuwerden. Das seltsame Gefühl verschwand allmählich, und mein Herz schlug wieder gleichmäßig. Auf Zehenspitzen ging ich aus meinem Zimmer, die Treppe hinunter in die Küche, denn abgesehen von einem extrem knurrenden Magen hatte ich einen Monsterdurst. Ich öffnete den Kühlschrank, nahm einen großen Schluck Eistee und lief mitsamt dem Tetrapack zurück in mein Zimmer. Mein Kopfkissen und die Bettdecke waren so zerknautscht, als hätte ich mehrere Runden mit ihnen geboxt, daher schüttelte ich beides erst einmal auf. Danach legte ich mich wieder hin. Ich war so aufgewühlt, dass es mir schwerfiel, erneut einzuschlafen. Ich wendete sämtliche Tricks an, die mir spontan in den Sinn kamen. Ich zählte rückwärts von hundert bis eins, zählte Schäfchen und versuchte mich nur auf die nächtlichen Geräusche, wie das Rascheln der Bäume, zu konzentrieren.
Ein paar Stunden später wurde ich zwar nicht angesichts eines düsteren Traumes geweckt, aber auf Grund des kalten Windes, der durch das offene Fenster wehte. Er war so eisig, dass ich sogar unter der Bettdecke leicht fröstelte. Verwundert blinzelte ich zum Fenster. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, es geöffnet zu haben. Da die letzte Nacht jedoch alles andere als gewöhnlich war, konnte es durchaus sein, dass ich es schlichtweg vergessen hatte. Ich schlug die Decke zurück und schwang meine Beine aus dem Bett. Dann schnappte ich mir meinen Bademantel, der am Kleiderschrank hing, schloss das Fenster und ging nach unten.
Mom saß bereits mit ihrer
Beste Mom der Welt
Tasse am Küchentisch und blätterte in der Sonntagsausgabe unserer Ortszeitung. Als ich hereinkam, schaute sie kurz auf und lächelte mich herzlich an. Dad saß ihr direkt gegenüber, gänzlich in seinen Laptop vertieft.
„ Guten Morgen“, sagte ich, trottete zur Kaffeemaschine und nahm mir ebenfalls einen frischen Kaffee. Ich setzte mich zu ihnen an den Tisch und nippte, noch völlig verschlafen, an meiner Tasse.
„ Habt ihr für heute irgendwas geplant?“
Als ich das fragte, blickte Dad von seinem Laptop auf und strahlte mich an.
„ Wie? Es ist Sonntagmorgen, halb zehn und du fragst wirklich deine Eltern, ob sie etwas geplant haben?“ Er schaute zu Mom. „Liebling ich glaube, unsere Tochter wird krank.“ Er zwinkerte ihr mit einem breiten Grinsen zu.
„ Freundlichkeit scheint heute nicht besonders hoch im Kurs zu stehen“, gespielt entsetzt schüttelte ich den Kopf. „Nicht das ihr denkt, ich wäre wild drauf das Laub im Vorgarten zusammen zu rächen! Ich setze mich auch lieber vor meinen Rechner und chatte den ganzen Sonntag“, frech grinste ich meinen Dad an.
Wenn ich genauer darüber nachdachte, hatte ich heute keinerlei Lust irgendetwas zu tun. Da mir keiner der beiden antwortete, wertete ich das als ein
mach, wozu du Lust hast
.
„ Da ihr anscheinend gut auf meine Anwesenheit verzichten könnt, werde ich jetzt nach oben in mein Zimmer gehen und mich meinem PC widmen.“
Ich schob den Stuhl zurück und richtete mich auf.
„ Falls du magst, leihe ich dir gerne meinen“, entgegnete mir Dad.
Er wollte mich definitiv ärgern. Zu oft hatte er mich schon fluchend und wild gestikulierend vor meinem Rechner sitzen sehen. Er war nicht mehr auf dem neusten Stand und brachte mich regelmäßig an den Rand der Verzweiflung, wenn er sich wieder einmal aufhängte und auf keinen einzigen Tastendruck reagierte oder die Onlineseiten sich nicht schnell genug aufbauten.
„ Ich lehne dankend ab. Ich wäre mit Sicherheit mit der Schnelligkeit deines Laptops völlig überfordert“, erwiderte ich sarkastisch und streckte ihm die Zunge entgegen.
Zwischen Dad und mir war es zu einem richtigen Ritual geworden, jede Unterhaltung mit ein bisschen Sarkasmus und Ironie zu würzen. Wirklich ernsthafte Gespräche kamen eher selten vor. Ich nahm meine halbvolle Kaffeetasse vom Tisch und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Als ich die Hälfte der Treppenstufen hinter mir hatte, fiel mir schlagartig die Einladung an Kevin ein. Wie konnte ich das nur vergessen? Aufgeregt und voller Neugier rannte ich die letzten Stufen hinauf, hastete an meinen Rechner und schaltete den Bildschirm ein. Eigentlich ging ich fest davon aus, mindestens eine neue Nachricht zu haben, und zwar von Kevin. Zuerst schaute ich nach, ob er meine Freundschaftsanfrage akzeptiert hatte. Er hatte sie
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