Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
Vom Netzwerk:
Schamane gewesen, doch der Geist der Lüfte hatte sich auch durch den Mund des vorigen Schamanen gut verständlich machen können, und er war damals ebenso hungrig gewesen, wie er es in der Gegenwart war.
    Der Stamm der anderen war klein gewesen, weniger als zehn, und von langer Wanderschaft geschwächt. Sie hatten versucht, sich gegen den nächtlichen Überfall zu wehren, doch das Bisonvolk war stark gewesen und hatte Glück gehabt - zwei der anderen Jäger waren getötet worden, und den Rest hatte man mit gegerbten Lederseilen aneinandergebunden, ins Lager gebracht.
    Der Geist der Lüfte war satt geworden in jenen Zeiten. Karibu erinnerte sich noch gut an den gierigen, verkniffenen Ausdruck auf den Zügen seines Freundes Starke Faust. Starke Faust sollte bald Gebrochene Faust werden, auch wenn das damals noch niemand gewußt hatte. Doch nun, im klaren, durchscheinenden Licht der nachträglichen Einsicht, dachte Karibu, daß Fausts Zukunft für jeden ersichtlich gewesen war, der seine Augen hatte benutzen wollen: in der wollüstigen Art, in der er seine Lippen verzerrt hatte, als der heilige Rauch in den wartenden, unsichtbaren Schlund des Geistes der Lüfte gestiegen war.
    Solche Gedanken fuhren ihm durch den Kopf, als er sich dem geheimnisvollen Steinhaufen und dem, was darauf lag, näherte. Das Vo lk des Bisons hatte keinen Grund, Fremden zu vertrauen, hatte vielmehr guten Grund, auf der Hut zu sein. Der Geist der Lüfte war immer hungrig
    - gelegentlich fragte sich Karibu, was wohl passieren würde, wenn sie jemals auf einen großen Stamm träfen. Würde der Geist der Lüfte, der Gott der Schlangen sie unter allen Umständen auf die Jagd nach seiner Nahrung schicken, bis das Volk des Bisons selbst zu Opfern für ihn würde?
    Er erbebte. Über seinem Kopf reckten sich lange, gewundene Wolkenfinger, rot angestrahlt von der sinkenden Sonne, über den Himmel. Und hinter diesen blutigen Bannern türmten sich wie ein mächtiger Gebirgszug schwarzgrüne Gewitterwolken auf. Der Geruch drohenden Sturmes lastete schwer in der plötzlich windstillen Luft. Der abflauende Wind war ein weiteres schlechtes Zeichen.
    Zu seiner Rechten ragte drohend ein riesiger Knochenhaufen auf. Für eine Weile hatte Karibu Schwierigkeiten zu atmen. Er spürte die Anwesenheit von Geistern, die sich hier unsichtbar zusammenfanden wie ein gigantischer, langsam surrender Fliegenschwarm, um ein Festmahl über dem Kadaver abzuhalten.
    Er blinzelte. Er merkte, daß er stehengeblieben war, auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte, dies mit Absicht getan zu haben. Hinter ihm kam Schlange wieder auf die Füße, flüsterte Ratte schnell etwas zu, der nickte und sich nun seinerseits auf den Weg machte. Karibu mußte sich nicht umdrehen, um das zu sehen. Die leisen, schlurfenden Geräusche, die gedämpften Worte sagten ihm alles, was er wissen mußte, genauso wie Rattes plötzliches, scharfes Einatmen und das Knirschen von Kieseln, als Ratte langsam näher kam.
    Auch er hatte nun den Steinhaufen entdeckt, begriff Karibu. Und mit einemmal wollte er nicht, daß Ratte als erster dort anlangte.
    Karibu senkte den Kopf und stapfte in der zunehmenden Dunkelheit voran, Rattes leise Frage ignorierend.
    »Was ist denn das?«
    Karibu stieß seinen Speerstumpf in die weiche matschige Erde neben der Steinpyramide mit der abgeflachten Spitze, beugte sich vor und fuhr mit den Fingern über die Oberfläche des Bündels darauf.
    Nichts als Fell. Weiches, glänzendes, gepflegtes Fell und straffe kleine Knoten. Er nahm es hoch, wendete es zur einen und zur anderen Seite, als Ratte plötzlich hinter ihm stand.
    »Was ist das?«
    »Weiß nicht«, gab Karibu zurück.
    »Mach es auf.« Rattes Stimme klang gepreßt, als habe er Angst und versuche, diese zu verbergen. Aber hungrig, hungrig war er auch. Fast gierig.
    Karibu schüttelte den Kopf. Seine dicken, klobigen Finger machten sich an den Schnüren zu schaffen, hantierten an den Knoten herum.
    Ungeduldig sagte Ratte: »Komm, laß mich...«
    Er streckte die Hand aus, doch Karibu wandte sich zu ihm um und schob ihn weg. »Nein.«
    Wieder mühte er sich mit den Knoten ab, um dann zu erken nen, daß er nie ihre Rätsel lösen würde; das Päckchen in seiner linken Hand haltend, zog er seinen Speer aus dem Schlamm. Mit einem häßlichen Schmatzen löste  er sich. Er senkte die rasiermesserscharfe, behauene Spitze und schob sie unter eine der Schnüre. Dann rieb er die Schnüre darüber hin und her. Die Schnur riß auf. Er

Weitere Kostenlose Bücher