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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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Empfindungen in ihr auf, die sowohl schön als auch unangenehm waren. Die Erinnerungen waren zu schwach, um zu entscheiden, was überwog. Und der dritte, der jüngste, bereitete ihr die größten Sorgen.
    Er hatte sie angestarrt, als Karibu die drei ins Lager gebracht, sie mit Speerspitzen angetrieben und wild gelacht hatte. Wolf war sein Name; das immerhin hatte er ihnen gesagt. Er hatte nur einen einzigen Satz zu ihr gesprochen, hatte sie sogar beim Namen genannt: »Maya, warum siehst du mich auf diese Weise an?«
    Rastlos wälzte sie sich auf ihrem Lager herum. Übelkeit stieg in ihr auf, doch es war nicht das Kind. Tief in ihr vergrabene Erinnerungen drängten an die Oberfläche, versuchten in ihr Bewußtsein zu gelangen, und sie hatte Angst vor ihnen.
    Die Verletzungen, die ihr zugefügt worden waren, hatten eine Menge Schaden angerichtet, hatten sie vergessen lassen, doch sie verspürte nicht den Wunsch, sich an das zu erinnern, was sie verloren hatte.
    Im Gegenteil hatte sie darum gekämpft, in jener tröstlichen grauen Wolke bleiben zu können, die alles Vergangene vor ihr verbarg. Doch diese drei Fremden bedrohten ihren harterkämpften Frieden. Maya war sich sicher, daß ihr bisheriges Leben entsetzlich gewesen war, so wollte sie nichts darüber erfahren. Und doch schien sie keine Wahl zu haben. Faust würde zweifellos alle drei dem Geist der Lüfte opfern - sie ahnte, daß es ein grausames Opfer werden würde, auch wenn ihr noch niemand von einem solchen Akt erzählt hatte -, doch zuvor würde er ihr gewiß wieder befehlen, in seinem Namen mit den Fremden zu reden.
    Warum hatte sie zusammen mit allem anderen nicht auch ihre Sprache vergessen? Dann würde Faust sie in Ruhe lassen. Sie setzte sich auf, von einer Ruhelosigkeit ergriffen, die es ihr in den Fingern jucken ließ, etwas zu tun. Sie ließ den Blick durch das dämmerige Innere des Zeltes schweifen, so vertraut. Die Bettstelle, die sie und Karibu teilten. Die kleine Feuerstelle, genau unter der ruß verschmierten Dachklappe errichtet. Ihrer beider Besitztümer - seine, um genau zu sein. Messer und Schaber, zwei Lederbeutel, die winzige Gegenstände enthielten: mit Schnitzwerk verzierte Knochen, dünne Lederriemen, Feuersteinsplitter.
    Sie stöhnte, kroch zu einem der Beutel und leerte ihn aus, um seinen Inhalt zu säubern, neu zu ordnen, vielleicht nutzlos gewordene Dinge wegzuwerfen.
    Ein weiches, in Leder eingewickeltes Bündel kullerte auf ihre Knie. Sie starrte es an. Sie erinnerte sich nicht daran, es jemals zuvor gesehen zu haben, und dann verstand sie. Sie hatte Karibus Jagdrucksack ausgeleert, den er für gewöhnlich immer bei sich trug. Er war voll von den Dingen, die ein Jäger brauchte: Speerspitzen, Lederstreifen, ein getrocknetes, in mehrere Blattschichten gehülltes Stück Bisonfleisch, ein zusätzliches Paar Beinlinge. Und eben das Bündel.
    Sie seufzte, ließ sich auf die Fersen zurückfallen und begann Ordnung zu schaffen. Während sie arbeitete, drang Wimmern wie in Todespein an ihre Ohren. Sie zuckte zusammen, als sei sie es, die die Schmerzen erlitt.
    Die Speerspitzen waren stumpf geworden. Vor ihrem geistigen Auge konnte Maya sehen, was man tun mußte, um diesem Zustand abzuhelfen: ein paar scharfe Schläge mit einem entsprechend geformten Werkzeug würden den Mangel in kurzer Zeit abhelfen.
    Sie blinzelte. Woher wußte sie das?
    Lange starrte sie die Speerspitze an, nahm sie in die Hand, testete ihre Ausgewogenheit und ihr Gewicht, bewunderte die Geschicklichkeit, mit der sie gefertigt worden war. Schließlich putzte sie sie an ihren Fellen sauber und legte sie beiseite. Sie zu schärfen würde sie von weiteren dummen Gedanken abhalten.
    Doch zuvor nahm sie das in Leder eingewickelte Päckchen hoch und ertastete den harten kleinen Gegenstand darin.
    Nur ein einziger Riemen hielt das Päckchen zusammen. Der Knoten war locker geknüpft, als habe Karibu dem, was immer sich darin verbergen mochte, nur wenig Bedeutung beigemessen und es achtlos eingewickelt.
    Ohne darüber nachzudenken, lösten ihre Finger flink den Knoten, schoben das Leder beiseite und enthüllten den Mammutstein.
    Als Maya auf ihn hinabblickte, brachen die Dämme, die ihre Erinnerungen so lange von ihr ferngehalten hatten. Nach einer Weile begann sie zu zittern.
    Aus dem Augenwinkel beobachtete Karibu den Fortgang der Folter. Er machte sich Sorgen um Maya. Die Gefangennahme der drei Kundschafter
    - er hegte keinerlei Zweifel, daß sie das waren - hatte seine Frau

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