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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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zwei Finger dicken Schicht bedeckt war.
    Dann erhob sie sich, zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Hände Arbeit -
    manchmal war der Schlamm zu naß, so daß er nicht richtig auf dem Fleisch hielt - und stieg zu dem Felssims zurück.
    Zaubers Feuerstelle - nun auch die ihre! - war ein graubepuderter Berg glühender Kohlen draußen vor dem Zelt. Vorsichtig bettete sie den Hasen in die Mitte der Kohle. Die Hitze würde den Schlamm trocknen und härten, während das Kaninchen im Innern der Kruste zu einem saftig-zarten, perfekten
    Braten schmoren würde. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, als sie sich vorstellte, die gehärtete Kruste aufzubrechen und zuzusehen, wie der rote Fleischsaft und das zähflüssige, heiße Fett heraustropfen würde.
    Zauber konnte nicht mehr gut beißen, doch dieses Fleisch würde ihm im Mund zergehen.
    Es wird ihm schmecken, gelobte sie. Ich werde ihm eine gute Frau sein.
    Und, wenn ich das bin, kann er die anderen - Stein, Speer, sogar meinen Vater, Haut - vielleicht irgendwie dazu bringen, daß sie mich mögen.
    Irgendwie.
    In der Ferne signalisierte ein plötzliches Stimmengewirr das Ende der Versammlung im Haus des Mysteriums. Immer noch leicht vor sich hin lächelnd, stand Maya auf und ging zum Ein gang ihres neuen Heims. Sie wollte dort stehenbleiben, bis der alte Mann zurückkehrte.
    Etwas Warmes rann an der Innenseite ihrer Schenkel entlang. Bis vor kurzem hatte sie das noch erschreckt. Nun trug es nur dazu bei, daß»sich das verborgene Lächeln in ihrem Innern vertiefte. Eine Frau, dachte sie.
    Jetzt bin ich eine Frau.
    Nordwestlich des Grünen Tals
    »Mach schon«, sagte Schwarzes Karibu. »Iß alles auf.« Jetzt strömten die Tränen ungehindert über seine sonnengegerbten Wangen, doch Frühlingsblüte schien es nicht zu bemerken. Sie lächelte ein kleines, süßes Lächeln und wunderte sich darüber, daß sie alles um sich herum so verschwommen sah, daß ihr Schädel so voller wirbelnder, sich drehender Dinge war. Doch sie bemühte sich zu tun, was ihr Bruder ihr aufgetragen hatte, auch wenn seine Stimme so weit entfernt und so dumpf klang, als riefe er ihr vom Rand eines tiefen, dunklen Brunnens aus etwas zu. Sie machte einen Versuch, die Hand zu dem Korb zu rühren, schaffte es jedoch nicht; ihre jungen Muskeln gehorchten nicht mehr ihrem Willen, sondern zuckten nur noch schwach, wie die ziellosen, krampfhaften Zuckungen eines erlegten Bisons, das noch lange nach Eintritt des Todes mit den Beinen strampelte.
    Karibu sog angesichts des mitleiderregenden Anblicks den Atem ein, ein langgedehntes, seufzendes Klagen, und wischte sich mit dem Ärmel seines Umhangs den Rotz ab, der ihm aus der Nase tropfte. Er hielt Frühlingsblüte auf seinem Schoß, stützte ihren Rücken mit seinem starken linken Arm. Sie schien überhaupt nichts zu wiegen, nicht mehr als die kleine gelbe Blume, der sie ihren Namen verdankte. Ihre Lider waren schwer, halb zugefallen, ihre schwarzen Pupillen auf die Größe einer Nadelspitze geschrumpft. Sie war fast entschlummert, und immer noch lächelte sie dieses zärtliche, vertrauensvolle Lächeln. Er wußte, daß er ihr keine Beeren mehr geben sollte, denn wenn sie völlig das Bewußtsein verlöre, würde Gebro chene Faust sich ärgern. Das Ritual verlangte, daß der Ge opferte bei vollem Bewußtsein blieb, in der Lage war, den entsetzlichen Schmerz bis zum äußersten zu erfahren, denn der Schmerz selbst war das, wonach es den Geist der Lüfte am heftigsten verlangte.
    Karibu wußte, daß er seiner Schwester die Beeren wegnehmen sollte, doch er vermochte es nicht. Seine Finger bewegten sich fast von selbst, schaufelten eine weitere Portion von dem klebrigen Brei auf und verschmierten es sanft - oh, so sanft - auf ihren Lippen und ihrer Zunge.
    Er sah zu, wie sie zu kauen versuchte, doch das giftige Zeug, rot und klebrig, floß langsam wieder aus ihrem Mund, bevor sie etwas dagegen tun konnte.
    Vielleicht ist es genug, dachte er hoffnungsvoll. Er warf einen flüchtigen Blick zu dem Korb; er war fast leer. Laß es genug sein, betete er, und dann erkannte er mit ängstlichem Schrecken, daß er ja keine Ahnung hatte, an wen er sein Gebet richtete. Die plötzliche Erkenntnis lahmte ihn; seine Muskeln verkrampften sich zu harten, hervortretenden Knoten.
    Wenn er seine unausgesprochenen Bitten nicht an den Geist der Lüfte richten konnte, an wen dann? Es gab nichts um das Entsetzen und die Verzweiflung zu lindern, die er empfand, als er Frühlingsblüte - das

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