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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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brach, der ihn gefangengehalten hatte.
    Er beugte sich weit über die qualmenden, verkohlten Überreste dessen, was nur Minuten zuvor noch ein vertrauensvolles kleines Mädchen gewesen war, stieß mit dem Messer zu (wie leicht doch die Klinge durch die schmächtige Brust schnitt), riß Knochen und Fleisch auseinander, griff hinein und holte das dunkle, blutgefüllte Organ heraus, das er dort fand.
    Schließlich erbarmte der Wahnsinn sich seiner, und er sollte sich später nie mehr daran erinnern, wie er das tropfende Herz - das heißer in seinen Händen brannte als alles, was er jemals zuvor in seinem Leben festgehalten hatte - gegen seine Zähne gepreßt und zugebissen hatte, wie er das blutige Fleisch gekaut und heruntergeschluckt hatte.
    »Aagghhhaaa ...«, gurgelte Gebrochene Faust.
    Und das Volk des Bisons, das nun in besinnungsloser Ekstase vortaumelte, die Finger zu scheußlichen Klauen gekrümmt, riß und zerrte und stöhnte zur Antwort, bis die Münder mit heißem, dampfenden Fleisch gestopft waren und sie nicht mehr klagen konnten.
    So versuchte das Volk des Bisons, den unendlichen, grausamen Hunger des Geistes der Lüfte zu stillen, als dieser und der Gott der Schlangen zum erstenmal in das Grüne Tal kam.
    Das Grüne Tal
    An jenem Morgen, dem Tag nach der großen Versammlung im Zelt des Mysteriums, als Alter Zauber verkündet hatte, daß er mit den Geistern gesprochen und sie ihm befohlen hätten, das Volk solle keinerlei Anstrengungen unternehmen, um dem fremden neuen Volk zu begegnen, das am Flußufer sein Lager aufgeschlagen hatte, ja, das Volk solle seine Feuerstellen löschen und nur ein paar wenige glühende Kohlen für die Zeit zurückbehalten, wenn das fremde Volk wieder abgezogen und es ungefährlich sei, die Herdstellen wieder zu entzünden, an jenem Morgen also blickte Maya auf.
    Alter Zauber, dessen gefurchtes Gesicht ganz friedlich war, kaute auf den Resten des Hasen herum, den sie ihm am Abend zuvor zubereitet hatte. Er hatte nur wenig gesagt, nachdem er vom Mysterienzelt zurückgekommen war, hatte ihr nur seinen Dank für das Mahl ausgesprochen. Er hatte müde ausgesehen, erschöpft, als sei die Energie, die seinen alten Körper so überraschend neu belebt hatte, nun restlos verbraucht.
    Er hatte gegessen, sich in seinen Fellen zusammengerollt und nach einer kurzen Weile zu schnarchen begonnen. Schließlich hatte auch Maya sich niedergelegt, nachdem sie entschieden hatte, daß ihr das, was Alter Zauber für sie haben mochte, höchstwahrscheinlich nicht in dieser Nacht zuteil werden würde.
    Doch nun blickte sie übers Feuer hinüber und bemerkte, daß er ihren Blick erwiderte.
    »Stimmt irgend etwas nicht, kleine Maya?« wollte er wissen.
    Ob etwas nicht stimmte? Sie wußte es nicht. Wie sollte sie beschreiben, daß sie das scheußliche Gefühl hatte, vor einer riesigen schwarzen Tür zu stehen, die sich öffnete und einen riesigen, stinkenden Abfallhaufen aus Feuer und Rauch enthüllte? Die Empfindung hatte nur Bruchteile von Sekunden gedauert, und dann war sie - wie eine Erinnerung, aber dann auch wie der nicht - verblaßt. Was sie fühlte, machte ihr unendliche Angst, obwohl sie nicht wußte, was sie eigentlich gesehen hatte hinter dieser Tür.
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Nein, Alter Zauber. Es ist alles in Ordnung. Möchtest du heute abend noch einen Hasen essen?
    Auch Zauber hatte die Tür gesehen, aber noch verschwommener als Maya, wie die Fetzen eines Alptraums, den man nach dem Erwachen nicht mehr zu packen vermochte. Er starrte sie einen Herzschlag länger an, um dann zu lächeln.
    Der Hase war köstlich gewesen. »Ja, Maya«, sagte er. »Ein Hase wäre gut.«

    KAPITEL ZWÖLF

    Das Grüne Tal: 17983 v. Chr.
    Maya starrte Geist mißtrauisch an.
    Sie saßen am Ufer des Ersten Sees, und die Nachmittagssonne brannte auf sie hernieder - die Wolken der letzten Woche hatten sich verzogen und einem strahlenden blauen Himmel Platz gemacht -, während sie Seite an Seite auf einem umgestürzten Baumstamm rasteten und ihre nackten Zehen fast d as sanft bewegte, eisige Wasser berührten.
    Der Sommer machte einem überaus kurzen Herbst Platz, doch eine kurze Zeitlang würde das Wetter im Grünen Tal so schön sein wie nie: faule, heiße Tage und frische, kühle Nächte, der Geruch von Wasser und Gras und trockenen, abgefallen Blättern in der Luft. Eins jedoch fehlte in dem üppigen Duftgemisch: Die Feuerstellen lagen kalt und stumm. Feuer hatte sorgfältig glühende Kohlen aus jeder

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