Mayabrut (German Edition)
Bruder durch die weiten Birkenwälder. Stundenlang sammelten sie Pilze oder angelten an einem kleinen Waldsee. Brav spielte ihre Schwester die Lady Marian und putzte gemeinsam mit Swetlana, der Tochter der Magd, die Fische und Pilze. Gemeinsam spießten die vier ihre Leckereien auf Weidenruten und grillten sie. Der Duft ihrer Sherwood-Spieße kitzelte noch heute in seiner Nase. Wenn sie dann am Abend schmutzig und abgekämpft nach Hause kamen, heizte Swetlanas Mutter den Badeofen und den Samowar an. Blitzblank saßen sie in ihren leinenen Nachthemden an Laras Biedermeiertischchen und schlürften aus Porzellan tassen süßen grusinischen Tee. Im flackernden Kerzenlicht las er dann seinen Geschwistern und Swetlana aus dem mit weinrotem Samt bezogenen Märchenbuch Geschichten von wilden Räubern und der Hexe Baba Jaga vor.
Es war soweit. Auf der anderen Seite der Glaswand erschien Jackson, der den gefesselten Diego an seinen Handschellen führte. Diego humpelte dem Schwarzen mit schmerzverzerrtem Gesicht hinterher. Eine Kugel hatte ihn beim Überfall an der Mine am Oberschenkel getroffen. Ein Durchschuss, eine Fleischwunde, die zwar schmerzte, aber seine Beweglichkeit kaum einschränkte, und dies war wichtig.
In Sutins Inneren erwachten Filmsequenzen aus Hannibal. In dem Ami-Streifen hatte man das Verfüttern eines Menschen an wilde Schweine als besonderes Horror-Highlight gefeiert.
Wie aufwendig - wie primitiv. Interessiert studierte er Diegos nackten, muskulösen Körper, den Dutzende rot-braune, kreisrunde Wunden bedeckten.
Jedes seiner eigenen Kaposi-Schandmale hatte er auf die Haut dieses Hurensohns kopiert – eingebrannt mit Zigarrenglut. Wütend schnaubte Sutin. Dieses Miststück da drüben zeigte immer noch nicht das geringste Krankheitszeichen.
Er sah, wie sich Jacksons Mund bewegte, und hörte trotz des Panzerglases Diegos Aufschrei. Jackson erläuterte ihm gerade die Abfolge des bevorstehenden Drei-Gänge-Menüs – Menü à la Diego. Dazu gehörte die namentliche Vorstellung seiner Tischgäste, die sich vor ihm im Wasser tummelten. Verzweifelt bäumte Diego sich auf und stemmte sich gegen Jackson. Lässig bändigte der schwarze Muskelberg den Gefangenen. Auf einmal begann Diego zu zittern und ein gelber Strahl schoss ins Bassin.
Mist - jetzt musste es schnell gehen. Sutin hob die Hand, das Zeichen für Jackson. Mit einem Ruck riss der den Verband von Diegos Schenkel ab, dann öffnete er dessen Handschellen. Der Latino wand sich in Jacksons Pranken.
Langsam führte Sutin das Porzellantässchen an seinen Mund und schlürfte nachdenklich von dem heißen Getränk. Swetlana warum nur, warum hast du dich von diesem Affen bespringen lassen? Auch wenn wir keine Kinder hatten - wir waren doch glücklich? Vielleicht hätte ich dir ja auch deinen Fehltritt verzeihen können, wenn du mich nicht mit dieser Dreckspest besudelt hättest, die mich Stück für Stück dahinmordet. Und trotzdem tat es mir weh, dir den brünierten Pistolenlauf in deine blonden Locken zu schieben und …
Entschlossen straffte er sich und stellte klirrend die Tasse ab. Es wurde Zeit für das Horsd’oeuvre, das mit der Quelle seines Unglücks beginnen sollte.
Schnell hob er die rechte zur Faust geballte Hand, aus der sein Daumen nach oben zeigte, dann drehte er langsam den Arm. In dem Moment, in dem sein Daumen senkrecht nach unten zeigte, stieß der Schwarze den Latino ins Bassin. Dieser zog sofort seine Beine an. Behutsam trat er in dem glasklaren Wasser auf der Stelle und sah ängstlich zum Absperrnetz. Wild drängelten sich dort die olivgrünen Fische. Zwei sprangen aus dem Wasser und prallten am Netz ab. Aber auch die durchsichtigen Fische auf Diegos Seite schossen mittlerweile heftig hin und her.
Aufmerksam studierte er Diegos ängstliche Schwimmbewegungen. Schade, dass er sein Videotape nur einem begrenzten Publikum zur Verfügung stellen konnte, denn das, was hier nun gleich ablaufen sollte, würde das Schreckensszenario dieses Hollywood-Filmchens Hannibal verblassen lassen.
Er schaute an dem paddelnden Diego vorbei und suchte das ihn umgebende Wasser ab. Vielleicht klappte es ja doch nicht, da dieser Mistkerl sich vor Angst schon eingeschifft hatte, dann müsste er die ganze Prozedur morgen noch einmal wiederholen. Aufgeregt bemerkte er, wie die so harmlos wirkenden Candiru-Fischchen immer engere Kreise um Diegos Unterleib zogen. Er grinste, bekannter und gefürchteter waren diese Tierchen unter dem Namen
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