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Mayabrut (German Edition)

Mayabrut (German Edition)

Titel: Mayabrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Argos
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Expedition.“
    Sutin schloss sich Celias Begründung an und stellte die obligatorische Frage nach gegenteiligen Meinungen. Schweigen, worauf Sutin befriedigt nickte. Mit dem Hinweis, am nächsten Tag Arbeitsgruppen zu bilden und mögliche Vorgehensweisen zu erarbeiten, entließ er sich selbst von seinen Gästen.
     
    Ein Hustenanfall schüttelte Sutin, als er durch eine der verspiegelten Türen des Foyers schlich. Der Raum dahinter war in bläuliches Licht getaucht. Der in einem roten Kunststoffsessel lümmelnde Jackson straffte sich sofort, als der Russe hereinkam und ihn anblaffte: „Alles erledigt?“
    „Ja Boss. Unser lieber Godzilla war ganz schön gierig. Der Kleine hat die Tussi mit zwei Happs verschlungen; und wie er mit seinem kleinen Schwänzchen gewedelt hat.“ Das Grinsen des Schwarzen verlor sich im Dämmerlicht des Raums.
    „Und unsere werten Gäste, was treiben die so?“
    „Die sitzen am Kamin und quatschen eine Menge dummes Zeug.“
    Der Russe wischte sich den Schweiß von der Stirn und öffnete sein Hemd, dann zwängte er sich in einen der Plastiksessel und starrte auf die vor ihm aufragende Armada von Monitoren. Kameras hinter den gläsernen Augenpaaren ausgestopfter Tiere lieferten schwarz-weiße Bilder, während die Mikrofone in den fellbesetzten Ohren jedes Wort, jedes Knistern wiedergaben. Sutin bedauerte innerlich, dass er die fellummantelten Spione in bestimmten Bereichen, wie in den Duschen seiner Gäste, nicht einsetzen konnte. Diesen Job übernahmen dafür Winzlinge hinter Steckdosen und Spiegeln. Unwillkürlich blickte er in einen Spiegel an seiner Seite und jäh holte ihn in die harte Wirklichkeit ein. Sein geöffnetes Hemd verdeckte nicht mehr die Flecken des Kaposi-Sarkoms. Ein heftiger Hustenanfall schüttelte ihn.
    „Jackson, hast du unser kleines Festmahl vorbereitet?“
    „Ja Boss. Nach der McKea-Geschichte habe ich ihm noch einen Liter Tee eingetrichtert.“
    „Gut. Dann wollen wir mal. Nicht, dass sich unser Gast noch ins Höschen macht.“
    Sutin verließ den Raum und verschwand hinter einer weiteren Spiegeltür des Foyers.
     
    Wenig später betrat Sutin einen Raum, der aus der Zarenzeit hätte stammen können, wenn da nicht vor einer Bücherwand ein modernes Stativ samt Camcorder gelauert hätte. Goldverzierte Petroleumlampen beleuchteten ein monumentales Zarenporträt, das vor einer roten Brokattapete prangte. Er schlenderte zur Bücherwand und drückte im Vorbeigehen den Aufnahmeknopf der Kamera. Aus dem Regal nestelte er dann ein weinrotes Buch, auf dessen samtenem Rücken goldene kyrillische Lettern glänzten. Surrend fuhr das Bücherregal zur Seite und eine gläserne Wand erschien, hinter der ein garagengroßes Glasbassin aufragte.
    Dieses war mannshoch mit Wasser gefüllt. Im oberen Teil war eine Nische mit einer rostigen Tür zu erkennen. Ein von der Decke bis in den sandigen Boden herabhängendes Fischernetz teilte das Becken in zwei gleich große Bereiche. Auf der einen Seite schwammen handgroße olivgrüne Fische mit roten Bäuchen, deren überstehender Unterkiefer ihnen ein bösartiges Aussehen verlieh. Im anderen Teil blitzten ab und zu fingerlange Fische auf. Ansonsten verfügte dieses seltsame Aquarium aber weder über eine Bepflanzung noch andere dekorative Elemente wie Steine oder Wurzeln.
    Sutin schlich mit dem Buch zu einem Biedermeier tisch, auf dem ein silberfarbener Samowar zischte. Dessen Dampfwolken streichelten ein daneben stehendes Grammofon. Langsam drehte er an der Messingkurbel und wehmütige russische Gesänge erklangen, die vom Knistern und Rauschen der Schellackplatte begleitet wurden.
    Andächtig öffnete er den Hahn des Samowars und ein dampfender Strahl schoss in seine Porzellantasse. Vorsichtig fläzte er sich mit seiner heißen Fracht in einen mit rotem Samt bezogenen Ohrensessel. Gedankenverloren blätterte er in dem Buch, verharrte bei einem handkolorierten Märchenbild, dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen.
    Da waren sie wieder, all die Bilder, Gerüche und Geräusche seiner Kindheit, die er mit seinen Geschwistern auf dem Gut seiner Großeltern verbracht hatte. Trotz des landesweit diktierten Sozialismus hatten sie dort wie zur Zarenzeit gelebt.
    Wissenschaftler wie seinen Großvater, wie seine Eltern, die Bändiger der atomaren Kräfte, hätschelten die neuen Zaren des Kremls. Und während seine Eltern weit hinter dem Ural an geheimen Rüstungsprojekten forschten, streifte er als Robin Hood mit seinem jüngeren

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