Mayabrut (German Edition)
waren. Aus einem Mauerriss am Ende des Ganges entströmte ein ekelhafter Gestank. Neben dem Riss in einer Nische stand ein wunderschönes Abbild des Maisgottes Hun Nal. Im Fackelschein glänzte seine Haut wie die Sonne und auf seinem Kopf hielt er einen glitzernden, grünen Kristall, der wie ein Maiskolben geformt war.“
In Caras Innerstem brodelte es. Sollten dort wirklich die Bücher von Yax Pasaj lagern, von denen Akälajaw berichtet hatte. Auf der ganzen Welt gab es nicht einmal mehr eine Handvoll von diesen Mayacodices. Dies wäre ein unermesslicher Schatz für die Wissenschaft, ja für die gesamte Menschheit. Doch genauso konnten da unten auch hundert Tonnen Gold liegen, es wäre für sie nicht nur wertlos, sondern würde nur ihr Leben gefährden, resignierte Cara betrübt.
Dagegen war Cholas Information von diesem Geheimgang, der in diese Bibliothek führte, eine Sensation. Vielleicht könnte dort der Gang, der nach außen führte, verborgen sein.
„Chola, ich glaube, du hast uns gerade etwas Wichtiges mitgeteilt“, lobte er sie und küsste sie auf die Stirn. „Egal wie“, fuhr er fort, „wenn es für uns eine Chance auf Rettung gibt, dann liegt der Schlüssel dazu bei Akälajaw.“
Schweigend nickten die Anwesenden. Worauf Cara fortsetzte: „Ich hätte jetzt bald vergessen, euch von einer merkwürdigen Geschichte zu berichten, die ich gestern erlebt habe.“ Und nun schilderte er sein Erlebnis mit dem scheintoten Huhn. Am Ende wandte er sich an Tori: „Was meinst du, hatte dieses Federvieh einen Herzinfarkt oder Schlaganfall?“
„Vidal, so richtig kann ich mir keinen Reim darauf machen. Aber zwei Dinge geben mir zu denken. Zum einen, dass das Huhn mit einem Leichenteil aus dem Schacht in Berührung gekommen ist und zum anderen, das der Schädel vorher mit menschlichem Blut verunreinigt wurde. Ich hege zwar schon seit Langem die Befürchtung, dass sich im radioaktiven Umfeld des Schachtes irgendwelche mutagenen Organismen entwickelt haben könnten, aber das Ganze ergibt für mich keinen Sinn.“
„Gibt es irgendein Gift, einen Mikroorganismus, so in der Art Fluch des Pharaos, der solche merkwürdigen Symptome hervorrufen könnte?“, hakte Cara nach.
„Nein, diese Symptomatik entspricht eher schnell wirkenden Pfeilgiften, wie dem Tubokurarin oder dem Batrachotoxin der Pfeilgiftfrösche, auch das Tetrodotoxin der Kugelfische käme vielleicht noch infrage. Gifte wie Blausäure oder Nikotin wirken zwar auch schnell, sind aber sofort tödlich. Pfeilgifte dagegen lähmen in der Regel nur einen ganz bestimmten Teil der Muskulatur, sodass die Opfer letztendlich ersticken. Zum Beispiel wäre eine Kurare-Vergiftung reversibel, wenn man rechtzeitig Gegengifte wie Physostigmin spritzt. Ein solches Huhn würde dann wieder aufwachen und weglaufen.
Letztendlich können in dieser ätzenden Schachtatmosphäre aber weder giftige Pflanzen noch Tiere existieren, und in dem Schimmelpilz fand man bisher auch keine derartigen toxischen Stoffe, ansonsten wäre Sutin nicht mehr unter den Lebenden.“
„Danke Tori. Ich würde Folgendes vorschlagen: Wir statten diese Grotte unauffällig mit Nahrungsmitteln und anderen nützlichen Dingen aus, um uns hier im Notfall verbergen zu können. Von der Beschaffung von Waffen würde ich abraten, denn sobald deren Verlust bemerkt werden sollte, fallen Sutins Söldner über uns her, und gegen die haben wir nicht den Hauch einer Chance. Ich weiß, dass die Grotte kein wirklich sicheres Versteck ist, doch andererseits soll keiner der Talbewohner diesen Ort kennen, wie mir Chola versichert hat.“
„Also gehen wir wieder zurück und verhalten uns ruhig und unauffällig?“, hinterfragte Jeff.
„So makaber es auch ist, im Camp, in der Höhle des Löwen, sind wir momentan am sichersten, denn sobald sie einen von uns vermissen, beginnt die Jagd“, bestätigte Tori und wandte sich an Cara: „Kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?“
Wenig später standen sie an der weißen Quarzwand und Tori raunte ihm ins Ohr: „Vidal, einer der mumifizierten Arme von Akälajaws Lagerstatt stammt laut DNS-Analyse von Cholas Vater. Ich denke, diese Information ist wichtig.“
Die vier kehrten paarweise ins Camp zurück. Als sie durch die Siedlung liefen, mussten sie betroffen feststellen, dass sich das Verhalten der Talbewohner ihnen gegenüber verändert hatte. Menschen, die sie früher freundlich in ihre Hütten gebeten hatten, wandten sich von ihnen ab und manche spuckten
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