Mayabrut (German Edition)
sogar vor ihnen aus. Chola hatte recht, ab jetzt gehörten sie für die Bewohner des Yäx Tyuñ Tals zu Sutins Leichenräubern.
Im Camp herrschte aufgeregte Geschäftigkeit. Erstaunt beobachtete er zwei Russen, die aus dem Lagercontainer eine Sauerstoffflasche hinausschleppten. Stöhnend wuchteten sie die stählerne Flasche die Treppen der Pyramide hoch. Kurz darauf verschwanden sie im Tempelbau. Er wunderte sich. Was wollten die Russen mit dem Ding in der Pyramide?
Chola zog ihn weiter. Eine Stunde später kochte Chola für Akälajaw eine kräftige Hühnersuppe. Sie goss gerade den Sud durch ein Tuch in ein Töpfchen hinein, als Cara das Flapp-Flapp-Flapp des Hueys hörte. Sofort lief er hinaus und schaute verwirrt auf den anfliegenden Helikopter. Dies war zwar auch ein Huey, doch diese Maschine hatte eine fleckige Camouflage-Lackierung. Das war nicht Rons Huey. Woher hatte Sutin so schnell einen weiteren Helikopter organisiert? Wenig später schwebte der Huey über dem Plateau und senkte ein Netz mit Fässern ab.
Cara schnappte sich den Suppentopf und eilte die Treppen hinauf. Oben angekommen, wäre er bald Jackson in seine muskulösen Arme gelaufen. Doch zum Glück stand der mit dem Rücken zu ihm und überwachte das Absetzen der Fracht. Und nun sah Cara, dass es sich um Benzinfässer und Behälter mit Chemikalien handelte. Hastig wurde alles zum Aufzug transportiert. Vorsichtig stahl er sich an Jackson vorbei und hastete hinunter.
Ein schrecklicher Verdacht stieg in ihm auf. Als er dann am Schacht stand und die anrollenden Fässer sah, wusste er, dass dort das Finale der Operation Kugelkopf vorbereitet wurde. Neben Sauerstoffflaschen, die eigentlich medizinischen Zwecken dienen sollten, lagerten Benzin- und Chemikalienfässer und daneben stapelten sich alte Autoreifen und Holzbalken. Jetzt wurde ihm klar, was Sutin beabsichtigte. Sobald man da unten keine Leichenteile mehr fand, würde man den Schacht in eine Flammenhölle verwandeln. Danach wären alle Spuren des Pilzes getilgt und potenzielle Konkurrenten wären kaltgestellt.
Ihn fröstelte, trotz seines heißen Töpfchens Hühnersuppe. Eige nartigerweise hatte das Huhn keinen Fluchtversuch unternommen, als er es eingefangen hatte. Der Flattermann hatte mit seinen Artgenossen apathisch in seinem Gehege herumgelegen, das er für Chola aus den Gittern der Geflügelkisten gebastelt hatte, aber in diesem Tal war sowieso alles ein wenig seltsam.
Als er bei Akälajaw eint raf, wäre ihm fast sein Topf aus den Händen gefallen. Auf dem Tischchen lag neben dem Bildband ein handbreites Etwas, das mit einem gefleckten Fell, einem Jaguarfell bezogen war. Akälajaw streckte es ihm entgegen und gab ihm zu verstehen, dass dies sein Geschenk für ihn sei.
Er sank kraftlos auf den Schemel und legte Akälajaws Geschenk andächtig neben das Buch des deutschen Archäologen. Ehrfürchtig strich er über den gefleckten Felldeckel, dann hob er den hölzernen Buchdeckel an. Es war ein Mayacodex! Tausende dieser Kunstwerke hatten fanatische Missionare als Teufelswerk verbrannt und unersetzliches Wissen für alle Zeit ausgelöscht. Den Dresdener Codex hatte er sogar einmal aus der Nähe bewundern dürfen. Sollte es sich bei diesem Mayacodex nicht um eine Fälschung handeln, wäre dessen Wert unschätzbar, sowohl wissenschaftlich als auch materiell.
Ohne dass er es verhindern konnte, füllten sich seine Augen mit Tränen, und einige fielen auf das gefleckte Fell, wo sie gierig aufgesogen wurden. Erschrocken wischte er sich mit dem Handrücken über die Augen und riss aus Versehen die Atemmaske herunter.
Verblüfft stellte er fest, dass es kaum noch nach Ammoniak roch - deshalb rauchten die Russen hier unten. Mit dem Leeren des Schachtes und dem Abtransport der Leichenteile beseitigten sie nach und nach die Ammoniakquelle.
Beschämt, weil er Akälajaw vergessen hatte, schob er ihm den Topf mit der Hühnerbrühe hin. Laut schlürfend genoss der Alte die würzige Leckerei, denn genau wie Chola gierte auch er nach Salz, das Chola gern und reichlich einsetzte.
Immer wieder lugte er in Akälajaws Geschenk. Er hütete sich, die beschriebenen Seiten zu berühren, da er wusste, dass sein Fingerschweiß die empfindliche weiße Kalkschicht der Seiten beschädigen könnte. Außerdem konnte er dieses Werk hier in dieser Enge sowieso nicht betrachten, da die Seiten wie eine Ziehharmonika zusammengefaltet waren und sie entblättert auf eine Länge von mehreren Metern kommen konnten.
Cara
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