Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
chile‹ und landete in Chiloé. Es gab etliche Fotos und auf Youtube drei Filme davon. Ein Computer macht die Recherche so unglaublich einfach. Ich nahm Kontakt zu den Personen auf, von denen die Filme stammten, darunter eine Frances Goodrich in Seattle. Ich schrieb ihr, ich wolle nach Chiloé reisen, und bat sie um Informationen, es ging kurz hin und her, bis sie mir sagte, nicht sie, sondern ihr Bruder Daniel sei in Chiloé gewesen, und mir seine Mailadresse und Telefonnummer gab. Er reagierte auf keine meiner Nachrichten, aber auf seiner Internetseite fand ich den Namen dieser Insel, wo er Ende Mai über eine Woche verbracht hat.«
    »Aber es gibt dort überhaupt keinen Hinweis auf mich, Officer, ich kenne die Seite.«
    »Das nicht, aber unter den Fotos in deinem Elternhaus in Berkeley war eins von euch beiden.«
    Bis zu diesem Augenblick hatte mich der absurde Gedanke beruhigt, Arana könne mir ohne einen Haftbefehl von Interpol oder der chilenischen Polizei in Chiloé nichtsanhaben, aber als er mir jetzt schilderte, was er alles unternommen hatte, um mich zu finden, brachte mich das auf den Boden der Tatsachen zurück. Wenn er so viel Aufwand getrieben hatte, um mich aufzustöbern, dann war er bestimmt auch befugt, mich festzunehmen. Wie viel wusste er?
    Instinktiv wich ich einen Schritt vor ihm zurück, aber er hielt mich ohne Grobheit am Arm fest und wiederholte mir das, was er auch meiner Familie schon gesagt hatte, er wolle mir nur helfen und ich solle ihm vertrauen. Seine Aufgabe sei erledigt, sobald er das Geld und die Druckplatten gefunden hätte, die Druckwerkstatt habe man ja bereits ausfindig gemacht und von dem inhaftierten Adam Trevor alles Wesentliche über seinen Handel mit den gefälschten Scheinen erfahren. Er sei auf eigene Faust und aus Berufsehre nach Chiloé gekommen, weil er den Fall selbst abschließen wolle. Von mir wisse das FBI bisher nichts, doch würden die Verbrecherbanden, mit denen Adam Trevor im Geschäft gewesen war, mich genauso gern in die Finger kriegen wie die Behörden in den USA.
    »Und wenn ich dich gefunden habe, dann können diese Kriminellen das auch, das verstehst du doch«, sagte er.
    »Niemand kann mich mit der Sache in Verbindung bringen«, entgegnete ich trotzig, aber der Klang meiner Stimme verriet meine Angst.
    »Da täuschst du dich. Warum haben dich diese beiden Schlägertypen Joe Martin und der Chinese in Las Vegas wohl entführt? Und übrigens würde mich interessieren, wie du denen entwischt bist, nicht nur einmal, sondern sogar zweimal.«
    »Das waren nicht die hellsten Kerzen auf dem Kuchen, Officer.«
    Für etwas muss es ja gut sein, dass ich unter den Fittichen des Verbrecherclubs aufgewachsen bin, bei einer paranoiden Großmutter und mit einem Iren, der mir Detektivgeschichten zu lesen gab und mir beibrachte, logische Schlussfolgerungen zu ziehen wie Sherlock Holmes. Woher wusste Officer Arana, dass Joe Martin und der Chinese nach Brandon Leemans Tod hinter mir her gewesen waren? Oder dass sie mich an ebendem Tag entführten, als er mich beim Klauen dieses Videospiels erwischte? Das konnte nur bedeuten, dass er es gewesen war, der beim ersten Mal angeordnet hatte, Leeman und mich zu beseitigen, nachdem er die falschen Scheine in seinem Bestechungsgeld entdeckt hatte, und beim zweiten Mal musste er es gewesen sein, der die beiden über Handy anrief und ihnen sagte, wo sie mich finden würden und wie sie die Information über den Verbleib des restlichen Geldes aus mir herausbekamen. Als mich Officer Arana an dem Tag in das Tex-Mex-Lokal einlud und mir die zehn Dollar gab, trug er keine Uniform, so wenig wie beim Besuch meiner Familie und jetzt auf dem Hügel. Und zwar nicht, weil er, wie er vorgab, für das FBI ermittelte, sondern weil man ihn wegen Korruption aus dem Polizeidienst entfernt hatte. Er gehörte zu denen, die von Brandon Leeman bestochen wurden und Geschäfte mit ihm machten; für die Beute war er einmal um die halbe Welt gereist, was mit Pflichtgefühl nichts zu tun hatte und erst recht nichts mit dem Wunsch, mir zu helfen. Offenbar sah Arana an meinem Gesichtsausdruck, dass er zu viel geredet hatte, und er reagierte, ehe ich loslaufen und den Hügel hinunterrennen konnte. Mit beiden Händen hielt er mich fest wie in einem Schraubstock.
    »Du denkst doch wohl nicht, ich fahre unverrichteter Dinge wieder nach Hause«, sagte er drohend. »Du gibst mir, was ich haben will, ob freiwillig oder nicht, auch wenn ich dir nicht gern wehtun will. Wir

Weitere Kostenlose Bücher