Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
eines glänzenden, aber sehr riskanten Geschäfts eröffnet. Ich musste daran denken, dass er kürzlich für zwei Tage weggefahren war, ohne zu sagen, wohin, und ohne seine Partner mitzunehmen.
    »Eine Sicherheitslücke könnte jetzt verheerender denn je sein, Laura.«
    »Ich habe mit der Frau im Club keine fünf Minuten über den Yogakurs geredet, ich schwöre, Brandon, ich weiß nicht mal, wie sie heißt.«
    »Tu es nicht wieder. Ich vergess das fürs Erste, aber du besser nicht, haben wir uns verstanden? Ich muss meinen Leuten vertrauen können, Laura. Bei dir habe ich ein gutes Gefühl, du hast Klasse, das gefällt mir, und du lernst schnell. Wir können noch viel zusammen machen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Das sage ich dir, wenn es so weit ist. Du bist noch in der Probezeit.«
    Der lange angekündigte Moment kam im September. Von Juni bis August war ich noch in einem Sternennebel unterwegs. In der Wohnung kam kein Wasser aus den Hähnen, und der Kühlschrank war leer, aber Drogen gab es satt. Ich merkte gar nicht, wie zugedröhnt ich war; zwei, drei Pillen mit einem Glas Wodka, ein Joint zwischendurch, es war ein Automatismus, den mein Kopf schon nicht mehr registrierte. Was ich konsumierte, war ein Witz, verglichen mit dem, was sich die anderen ringsum einpfiffen, für mich war das ein Spaß, ich konnte jederzeit damit aufhören, ich war nicht abhängig, das glaubte ich.
    Ich gewöhnte mich an das Gefühl, dahinzutreiben, an den Nebel in meinem Kopf, daran, dass ich keinen Gedanken zu Ende denken und keine Idee in Worte fassen konnte, mir von all den vielen Begriffen, auf die meineNini einmal solchen Wert gelegt hatte, beim besten Willen keiner mehr einfiel. In meinen seltenen klaren Momenten erinnerte ich mich an meinen Vorsatz, nach Kalifornien zurückzukehren, sagte mir aber, das habe Zeit. Zeit. Wo blieb die eigentlich? Wie Sand rieselte sie mir durch die Finger, ich führte ein Leben im Wartestand, aber da war nichts zu erwarten, nur ein neuer Tag, der dem vergangenen glich wie ein Ei dem anderen, den ich mit Freddy vor dem Fernseher abhing. Tagsüber hatte ich nichts zu tun, als Pulver und Kristalle abzuwiegen, Pillen zu zählen, Plastiktütchen zu verschließen. Damit verging der August.
    Wenn es Abend wurde, rüttelte ich mich mit ein paar Lines Kokain wach und ging in den Club, um ein bisschen im Pool zu dümpeln. Vor den Spiegelreihen in der Umkleide musterte ich mich kritisch, suchte nach Zeichen für meinen Lebenswandel, man sah aber nichts; keine Spur vom Schindluder früherer Zeiten oder meinen jetzigen Exzessen. Ich sah aus wie eine junge Studentin, genau wie Brandon Leeman mich haben wollte. Noch eine Line, ein paar Pillen, ein starker Kaffee, und ich war bereit für meine Nachtschicht. Vielleicht hatte Brandon Leeman andere, die tagsüber den Vertrieb übernahmen, aber die bekam ich nie zu Gesicht. Manchmal begleitete er mich, doch nachdem ich gelernt hatte, wie es ablaufen sollte, und er Vertrauen zu mir fasste, schickte er mich meistens allein mit seinen Partnern los.
    Ich mochte den Trubel, die Lichter, die Farben, die rauschhafte Verschwendung in den Hotels und Casinos, die Anspannung der Spieler an den Automaten und Spieltischen, das Klick-Klack der Chips, die Cocktails mit dem Orchideenschmuck und den Papierschirmchen. Meine Kunden hatten mit denen auf der Straße nichts gemeinsam, sie besaßen die Unverfrorenheit von Leuten, die wissen, dass sie ungestraft bleiben. Auch die Händler hatten nichts zu befürchten, als habe man sich in dieser Stadt stillschweigend darauf verständigt, das Gesetz zu verletzen, ohne die Konsequenzen zu tragen. Leeman stand mit mehreren Polizisten in Verbindung, die ihren Anteil bekamen und ihn in Ruhe ließen. Ich kannte sie nicht, und Leeman sagte mir nie ihre Namen, allerdings wusste ich, wann sie wie viel zu bekommen hatten. »Das sind widerliche, unersättliche Dreckschweine, bei denen muss man aufpassen, die sind zu allem fähig, schieben Unschuldigen Beweismittel unter, lassen bei Razzien Schmuck und Geld mitgehen, stecken die Hälfte der konfiszierten Drogen und Waffen selber ein und halten sich gegenseitig den Rücken frei. Die sind korrupt, rassistisch und geistesgestört. Eigentlich gehörten die hinter Gitter«, regte der Boss sich auf. Die Jammergestalten, die auf der Suche nach Drogen zu uns ins Gebäude kamen, waren Gefangene ihrer Sucht, waren in tiefster Armut arm, in unwiderruflicher Einsamkeit allein; sie schleppten sich durch, verfolgt,

Weitere Kostenlose Bücher