mayday mayday ... eastern wings 610
Fensterplatz ergattert, nicht wahr? Du bist also Tony? Ich heiße Paul. Komm, setz dich. Ich verstau' schon mal deine Tasche im Fach.«
»Danke«, sagte Tony. Conchi lächelte kokett. Maria warf Brückner einen wütenden Blick zu. Weitere Passagiere drängten sich an ihnen vorüber. Abwarten, dachte sie. Vielleicht ist die Maschine nicht ausgebucht? Man wird sehen. Falls Plätze freibleiben, ziehen wir hier wieder aus. Aber ob sie ihn damit loswerden konnte? Und die Kids hatte er auch schon vereinnahmt.
»So«, sagte Brückner, als Tony und Conchi Platz genommen hatten. Fürsorglich legte er Conchi den Sicherheitsgurt zurecht. Er sah Maria an. »Da wären wir wieder.«
»Und Sie scheinen das für furchtbar witzig zu halten, nicht wahr?«
»Witzig?« Brückner schüttelte den Kopf. »Wichtig wäre vielleicht das richtige Wort.«
Charles Lidell war denkbar schlechter Laune: Es gab Zeiten, da schob sich eine Pleite paßgerecht in die nächste. Seine Frau Elisa, die es mit der Astrologie hielt, pflegte dann von ›Saturn-Einflüssen‹ und ›schlechten Bestrahlungen‹ zu faseln. Lidell war sich sicher, daß hinter dieser ›schlechten Bestrahlung‹ ein Haufen cleverer Leute steckte, die sich verschworen hatten, ihn abzuschießen. Sie würden keinen Erfolg haben. Bisher hatte er noch jede Krise wieder hingebogen. Eine Lösung gab es immer – noch immer …
Er verfaßte ein Memo an Tencroft, den Anwalt. Was ihn am meisten ärgerte: Er mußte es mit der Hand schreiben. Nun, in dieser Situation war auf niemand Verlaß. In dieser? Eigentlich in jeder. Das hatte immer gegolten, nur, Herrgott noch mal, er hatte diese Leitregel vergessen. Und nicht nur im Fall Tony Rosario.
Die Tür öffnete sich, richtiger, sie flog auf. Und da war er, Tony. Und hinter ihm tauchte auch noch McCore auf. Hatten die beiden nichts Besseres zu tun, als um diese Zeit bei ihm hereinzustürmen?
Lidell hob den Kopf und kniff die Augen zu einem Spalt zusammen.
Im allgemeinen genügte es. Diesmal nicht.
»Charles, tut mir leid, aber es ist eine Sache, die keinen Aufschub verträgt. Eine ganz und gar dringende Angelegenheit. Wir müssen sofort handeln!«
Lidell ließ den Kugelschreiber sinken. »Was heißt das, keinen Aufschub?«
»Die DC-10, Charles. Die DC-10 der Eastern Wings. Sie haben bei Walcott eines ihrer Triebwerke überholt. Mit unserem Material.«
»Ja, und?«
Tony gab keine Antwort. Er machte die paar Schritte von der Tür zu Lidells Schreibtisch und griff zum Telefonhörer.
»Was soll der Quatsch? Was glaubst du eigentlich, was du dir hier leisten kannst? Laß das! Wen, zum Teufel, willst du anrufen?«
»Airport Control. Die Flugsicherung. Die müssen den Start verhindern.«
»Den Start verhindern? Hast du den Verstand verloren?!«
Lidell beugte sich nach vorn und schlug mit der Faust Antonio Rosario den Hörer aus der Hand. Das Gerät baumelte. Er zog es hoch und legte es auf die Gabel. »Ich hab' dich etwas gefragt. Ich will jetzt eine Antwort. Was ich nicht will und in jedem Fall verhindern werde, ist, daß du hier durchdrehst und irgendwelche Dinge unternimmst, ohne meine Erlaubnis zu haben! Core, was ist mit der DC-10?«
Mit kurzen, stockenden Worten verschaffte ihm der Werkmeister eine annähernde Übersicht über das, was geschehen war.
»Und Sie halten die Lage deswegen für kritisch?«
»Das kommt darauf an, was Sie unter kritisch verstehen, Mr. Lidell«, sagte McCore.
»Das ist doch keine Antwort, Herrgott noch mal! Kann das verdammte Ding fliegen oder nicht?«
»Eine DC-10 kann immer fliegen. Schließlich hat sie drei Triebwerke, Mr. Lidell.«
»Hat sie. Völlig richtig.« Lidell starrte Antonio Rosario an. »Außerdem ist sie eine der zuverlässigsten und gutartigsten Maschinen, die es überhaupt gibt.«
»Sie wird am Boden bleiben. Sie wird nicht starten, Charles«, bestand Antonio hartnäckig.
»Was hast du da gesagt?«
Lidell lehnte sich zurück. Unter seinen Backenknochen spannten sich Muskeln und Haut derart, daß Höhlungen entstanden, die dem mageren Gesicht einen totenkopfähnlichen Ausdruck verliehen.
»Ich sagte, daß diese Maschine bleibt, wo sie ist. Und zwar so lange, bis diese ganze beschissene Geschichte geklärt ist.«
Schweigen. Der gleiche Blick hinter den Brillengläsern. Eine Sekunde, zwei Sekunden … Antonio erwiderte ihn. Nicht nur das, er ging zu Lidells Schreibtisch, stemmte beide Fäuste darauf und starrte von oben auf ihn herab. »Ich hab' die Schnauze voll, Charles! Ich
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