mayday mayday ... eastern wings 610
drei Ringe, das habe ich überprüft. Aber wir mußten sie hinfummeln, richtig neu bearbeiten … Und die verdammte Scheiße ist, die Maschine ist raus.«
Sioux City! Die DC-10 der Eastern Wings? Das Flugzeug, mit dem Maria und die Kinder flogen …
Antonio Rosario stand ganz steif. Irgend etwas schoß in ihm hoch. Es war das Gefühl, als habe ihm jemand eine Ladung heißes, flüssiges Blei durch die Wirbelsäule gejagt.
Ringverschlüsse? dachte er. Ringverschlüsse …
Seine Lippen waren ganz steif, als er fragte: »Und was bedeutet das, dieser kleine Unterschied?«
»Wie soll ich das sagen? Es kann durchaus gutgehen, meiner Meinung nach«, hörte er McCore. »Aber überlegen Sie doch selbst! In so einem Triebwerk entwickeln sich Temperaturen bis zu viertausend Grad. Und am Ring bestimmt zwölfhundert. Und das Ding rotiert und rotiert. Ist zwar alles Molybdänstahl, aber bei einer Rotation von fünfzehntausend Umdrehungen, da muß die kleinste Kleinigkeit einfach hinhauen, sonst …«
»Sonst was?«
»Sonst … was weiß ich? Eine Turbinenschaufel kann sich selbständig machen und den Motor ruinieren.«
»Wie ruinieren?«
»Wie soll ich das sagen, Mr. Rosario? Das Gehäuse durchschlagen, davonfliegen. Ist ja oft genug passiert.«
»Und dann?« flüsterte Antonio.
»Dann?« Er zuckte mit den Schultern.
»Sie sagten, es ist schon oft genug passiert.«
»Klar. Triebwerksausfall beim Flug kommt immer wieder mal vor. Und bei der DC-10 ist es ja nicht so schlimm. Schließlich haben die drei Triebwerke …«
Doch Antonio Rosario hörte das nicht. Er sah nur, wie sich McCores Lippen bewegten. Und er dachte immer nur an einen einzigen Satz, an Conchi dachte er und daran, wie ihre fröhliche Stimme klang, als sie sagte: »Wir fliegen mit der Eastern Wings, Papi, und Mami hat gesagt, ich kann dich auch von Sioux City wieder anrufen …«
»Ich nehme diese Zeitschrift hier. Was kostet sie?«
Die Verkäuferin gab Maria Rosario keine Antwort. Starr blickte sie an Marias Schulter vorbei. Maria drehte sich um: Am Boden lag ein Mann. Ein zweiter kniete über ihm. Da war etwas, das in seiner Hand funkelte. Handschellen, dachte sie.
Tony kam angerannt. »Mami, die haben sich geprügelt.«
»Ist ja gut, Tony.«
Sie wollte weg, nichts wie weg. »Also, wieviel?«
»Zwei Dollar fünfzig«, sagte die Verkäuferin. Sie schüttelte den Kopf. »Ewig diese Besoffenen hier. Mich kostet das noch den letzten Nerv.«
Maria nickte mitfühlend, machte einen vorsichtigen Bogen um die beiden Männer und sammelte ihre Kinder ein. »Los schon! Gleich wird der Flug aufgerufen.« Sie kontrollierte ihre Tickets: Gate 19.
»Der ist einfach auf den anderen zugerannt und hat ihn umgeschlagen. Einfach so.«
»Ist ja gut, Tony.«
»Eastern-Wings-Flug 610«, kam die Ansage. »Wir bitten die Passagiere nach Sioux City, sich über Flugsteig 19 an Bord der Maschine zu begeben.«
Sie nahm Tony bei der Hand und zog ihn weiter.
Als sie mit allen anderen das Innere des mächtigen Flugzeugs betraten, empfing sie Musik. »Rowing, rowing, rowing over the river …« Elvis, seine Version des alten Südstaatenliedes, zart klang es, zart und melancholisch.
»Reihe 16, B, C, D … Kommen Sie bitte.«
Die Stewardeß war jung, hübsch und dunkel. Zu der dunklen, glatten Haut ihres geschminkten Gesichtes paßte ihr karmesinrotes Kostüm, als sei es farblich auf sie abgestimmt. Sie legte die Hand auf Tonys Schulter und strahlte ihn an: »Darf ich Sie bitten, Sir …«
Etwas weiter vorne blieb sie stehen: »So. Hier wären wir.«
»Aber da ist ja der Gang dazwischen.« Tony blickte anklagend auf den Passagier am Fenster. »Und rausgucken kann ich auch nicht.«
Maria wandte sich um. Ihr Gesicht straffte sich, die Augen wurden schmal. Der Passagier hatte sich erhoben.
»Guten Morgen!«
»Kennst du ihn?« Conchi blickte von einem zum andern.
»Wir könnten die Plätze ja tauschen«, meinte der Mann lächelnd. »Du setzt dich ans Fenster, deine Schwester daneben. Damit sie auch ein bißchen Aussicht erwischt. Dann deine Mutter. Und ich nehm' den Platz in der mittleren Reihe. Was meinst du?«
»Für mich okay«, sagte Tony.
»Wenn man sich kennt, ist manches einfacher«, meinte die Stewardeß.
»Richtig«, sagte der Mann. »Und Zufälle sollte man nutzen.«
Bisher hatte Maria beim Anblick Brückners keinen Ton herausgebracht, solche ›Zufälle‹ machten sie zornig: »Zufall? Von wegen Zufall.«
»Immerhin habe ich Tony auf diese Weise einen
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