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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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die Straton nicht mehr sichtbar war, hatte er Angst, mit ihr zusammenzustoßen. Seine Hand zog den Steuerknüppel fast wie aus eigenem Antrieb nach hinten. Er überlegte, ob er sein Radargerät einschalten sollte, aber die Aufwärm- und Einstellzeit wäre zu lang gewesen – und aus solcher Nähe arbeitete das Gerät ohnehin nicht gut. Verdammt noch mal! Bei diesen Sichtverhältnissen würde er das Verkehrsflugzeug wahrscheinlich erst sehen, wenn es zum Ausweichen zu spät war. Matos zog den Steuerknüppel noch mehr zurück.
    »Matos! Haben Sie Sichtverbindung?«
    »Sichtweite fast null. Starker Regen. Turbulenz.« Der Leutnant suchte die grauen Wolken nach der Straton ab, ohne sie zu sichten. Regen prasselte auf seine Cockpitverglasung, und ein hinter ihm aufzuckender Blitz tauchte die F-18 in geisterhaft fahles Licht. Seine Hände zitterten, als er die Leistungshebel nach vorn schob und den Steuerknüppel nach hinten riß.
    Als seine Maschine zu steigen begann, drückte Matos auf den Sprechknopf. »Ich habe die Straton wieder in Sicht«, log er. »Dicht vor mir. Höchstens 30 Meter. Alles unverändert.«
    »Verstanden. Ihre Höhe?«
    »2500 Fuß und weiter sinkend. Noch etwa eine Minute bis zum Aufschlag.« Matos warf einen Blick auf seinen Höhenmesser. 7000 Fuß und weiter steigend. Er drehte nach Nordwesten ab, um so schnell wie möglich aus der Gewitterfront herauszukommen. Selbst in einem Hochleistungsflugzeug wie der F-18 war die Turbulenz stark zu spüren. Matos bedauerte einen Augenblick lang alle, die an Bord der Straton vielleicht noch lebten.
    »Bericht.«
    »Flughöhe 1200 Fuß. Starke Turbulenz. Wolken weniger dicht. Ich sehe das Meer. Bei diesem Seegang ist keine Notwasserung möglich.« Die F-18 schoß in 19 000 Fuß aus der Wolkendecke. Matos stieg mit voller Leistung weiter, als könne er dadurch um so rascher Abstand zu den Ereignissen unter ihm gewinnen. Tief unter der F-18 blieb ein blendendweißes Wolkenmeer zurück.
    »Zu schwerer Seegang für Überlebende?«
    »Augenblick.« Matos sah nach unten, aber er konnte nur die Gewittertürme ausmachen, denen er eben entkommen war. Er hob den Kopf und betrachtete den blauen Himmel über sich. Während die F-18 weiter stieg, dachte er an James Sloan. Matos hatte einen triumphierenden Unterton in Sloans Stimme gehört und fragte sich nicht zum erstenmal, ob der Commander voll zurechnungsfähig war. Dabei fiel ihm ein, daß der Navigationsfehler, mit dem dieser Alptraum begonnen hatte, unter Umständen gar nicht seine Schuld gewesen zu sein brauchte. Er dankte Gott, daß er seine zweite Rakete nicht gegen die Straton abgeschossen hatte. Im schlimmsten Fall konnte man ihm grobe Fahrlässigkeit vorwerfen. Damit konnte er leben.
    Aber er war nicht zum Mörder geworden.
    »Positiv, Homeplate. Für Überlebende ist der Seegang viel zu schwer.« Matos fühlte sich erleichtert. Er hatte plötzlich Tränen in den Augen und holte tief Luft, damit seine Stimme nicht zitterte. »Die Straton sinkt weiter«, fügte er hinzu, ohne den fernen Horizont aus den Augen zu lassen.
    »Verstanden.«
    Matos ging in 36 000 Fuß in den Horizontalflug über. Die Gewitterfront lag weit hinter und unter ihm. Als er sich danach umdrehte, erkannte er die für ein Gewitter charakteristischen Amboßwolken, von denen einzelne bis über 25 000 Fuß in die Höhe ragten.
    »Wir sind bei 400 Fuß«, log Matos.
    Er überlegte, daß es seine Pflicht war, zu Kapitän Diehl zu gehen. Er mußte ihm alles beichten – nicht so sehr um seines Seelenheils willen, sondern damit Commander Sloan aus dem Verkehr gezogen wurde, bevor er weiteren Schaden anrichten konnte. Dieser Mann war gemeingefährlich!
    »Wir sind bei 200 Fuß«, meldete der Leutnant. »Der Regen wird schwächer. Die Sicht ist besser. Der Seegang ist sehr hoch. Die Straton ist schon fast im Wasser. Nur noch ein paar Meter …« Matos kniff die Augen zusammen. Wahnsinn! Er versuchte zu vergessen, daß er Sloan etwas vorspielte, das sich tief unter ihm tatsächlich ereignete. Er glaubte zu sehen, wie das Verkehrsflugzeug in der hochgehenden See zerbrach und sank.
    »Matos! Matos! Ist sie drin?«
    Matos holte tief Luft. »Ja.« Er sprach ernst weiter und merkte, daß dieser Ernst nicht einmal gespielt war. »Ja, sie ist im Wasser. Der Rumpf ist dabei … in mehrere Teile zerbrochen … der Seegang ist zu schwer … die meisten Wrackteile sind sofort gesunken … nur das Leitwerk … und ein Tragflächenstück schwimmen noch. Es kann

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