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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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Strumpfhose überwinden mußte, und sah in den Salon hinaus. Überall zusammengekrümmte Gestalten von Toten und Sterbenden, die an achtlos hingeworfene Puppen in einem Kinderzimmer erinnerten. Aber viele der Passagiere waren noch auf den Beinen und stolperten ziellos über den mit Leichen übersäten Teppich. Daniel McVary stand so, daß er die Cockpittür beobachten konnte. Sein Gesicht war zerkratzt; das linke Auge zugeschwollen. Jetzt hinkte er langsam auf Berry zu.
    Am Klavier saß Isaac Shelbourne mit zerraufter weißer Künstlermähne und spielte wie besessen. »Aufhören! Ruhe, Shelbourne! Hören Sie endlich auf!«
    »John!« rief Crandall hinter ihm.
    McVary kam weiter auf ihn zu. Einige Passagiere hoben den Kopf. Irgend jemand lachte. Aber der Pianist spielte weiter, ohne John Berry wahrzunehmen.
    »John!« wiederholte Crandall.
    »Machst du bitte die Tür zu?« mischte sich jetzt auch Linda ein.
    Berry zog den Kopf zurück. Die Cockpittür schloß sich durch die Spannung der elastischen Nylonstrumpfhose. Er machte kehrt, ging langsam an seinen Platz und setzte sich. Nachdem er sekundenlang vor sich hin gestarrt hatte, griff er wieder nach dem Steuerhorn. »Okay, ich übernehme wieder.«
    Sharon warf ihm einen sorgenvollen Blick zu und berührte seine Schulter. »Was hast du?«
    »Nichts«, wehrte er ab.
    Im Cockpit herrschte verlegenes Schweigen.
    Linda hörte ein Geräusch hinter sich und drehte sich danach um. Sie schrie entsetzt auf.
    Berry und Crandall fuhren herum.
    Mehrere Hände tasteten durch den Türspalt. Einige hielten die Türkante fest und zerrten daran.
    Crandall schnallte sich los. »Verdammt noch mal, jetzt hast du sie wieder aufgeregt!« Sie stand auf.
    »Nein, bleib hier. Ich kümmere mich darum.«
    »Das brauchst du nicht. Ich werde schon mit ihnen fertig. Du mußt die Maschine fliegen.« Sharon riß den Feuerlöscher aus der Wandhalterung, trat an die Tür und untersuchte die Strumpfhose. »Du hast sie gedehnt.«
    Berry gab keine Antwort.
    Crandall betrachtete den Knoten an dem aufgesprengten Riegel. Der Knoten war so fest wie zuvor, aber das Glasfasermaterial der Tür war ums Schloß herum gesprungen, und sie wußte nicht, ob das schon vorher so gewesen war. Auch die Nieten, die Schloß und Riegel festhielten, schienen sich gelockert zu haben. Sie hob den Kopf und sah in dem etwa 15 Zentimeter breiten Türspalt zahlreiche Hände und Gesichter. Sharon zielte mit dem Feuerlöscher in McVarys Gesicht, drückte den Handhebel und sprühte den Türspalt mit Löschschaum ab. Gellende Schreie waren die erste Reaktion. Die meisten Hände verschwanden. Sie holte mit dem Feuerlöscher aus, traf damit eine der Hände und schlug wieder zu, bis die letzten Finger losgelassen hatten. Sharon wartete einen Augenblick, bevor sie sich abwandte, den Feuerlöscher in die Halterung zurückhängte und wieder Platz nahm. »Ums Schloß herum bekommt die Tür lauter Risse.«
    John Berry nickte.
    »Der Kopilot … Dan McVary … scheint sich für die Tür zu interessieren.«
    »Ja, ich weiß.« Berry fragte sich, wie sich in einem so geschädigten Gehirn eine fixe Idee festsetzen konnte. Wie verständigte er sich mit den anderen, die ihn offenbar als eine Art Führer anerkannten?
    »Der Feuerlöscher ist so leicht, als ob er fast leer wäre.«
    »Laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen.«
    »Warum nicht?«
    »Hör zu, dieser Auftritt von vorhin tut mir leid. Ich hätte mich besser zusammenreißen müssen. Okay?«
    Sie nickte mit Tränen in den Augen. »Entschuldige, daß ich dich so angefahren habe. Du bist bisher so prima zurechtgekommen, John. Ich weiß nicht, ob ein Berufspilot das alles geschafft hätte.«
    »Nein, bestimmt nicht. Er hätte von Anfang an erkannt, daß die Sache hoffnungslos ist.« Berry tätschelte Sharons Wange. »Ich habe eine hervorragende Besatzung.« Er drehte sich nach Linda um. »Das gilt auch für dich, Kleine.«
    Sie lächelte verlegen.
    Sharons Hand lag auf seinem Arm. »Soll ich wieder eine Zeitlang fliegen?«
    »Danke, ich komme gut zurecht.«
    »Willst du’s noch mal mit dem Autopiloten versuchen?«
    »Nein, ich kann ebensogut selbst steuern. Außerdem brauche ich die Übung.«
    »Okay.«
    Aber in Wirklichkeit bedauerte Berry den Ausfall des Autopiloten, mit dem er eine automatische Landung hätte versuchen können, falls sie den Flughafen fanden. Ohne den Autopiloten würde er die beschädigte Straton 797 bis zur Landung selbst steuern müssen. Er suchte den Horizont ab

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