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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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Berry löste ihren Sicherheitsgurt und zog Crandall aus dem Sitz hoch. Sie klammerte sich eine Sekunde lang an ihn, hob dann aber energisch den Kopf. »Mir geht’s schon besser. Komm, wir müssen hier raus!«
    Berry sah sich um. Das Cockpit hinter ihm war voller zukkender, sich unbeholfen bewegender Leiber. Die ersten beißenden Rauchschwaden zogen bereits über die Wendeltreppe in den Salon. Auf der Flucht vor ihnen drängten immer mehr Passagiere nach vorn ins Cockpit.
    Berry mußte schreien, um das Jammern der Verletzten und den Lärm der Lösch- und Rettungsfahrzeuge zu übertönen. »Du machst den Notausgang auf. Ich hole Linda.«
    Crandall nickte hastig und bahnte sich einen Weg durch die herandrängenden Gestalten.
    Berry zog einen über dem Beobachtersitz zusammengesackten Mann an den Armen zurück und löste Lindas Gurt. Die Kleine war kaum noch bei Bewußtsein, als er sie über die Schulter nahm.
    Er kämpfte sich mit ihr zum Notausgang durch, der noch immer geschlossen war. »Sharon! Warum machst du nicht auf? Du sollst aufmachen!«
    Sie kniete neben dem Notausgang und sah mit tränenüberströmtem Gesicht zu Berry auf. »Die Tür klemmt, John! Ich krieg sie nicht auf!«
    Berry drückte ihr Linda in die Arme und zog an dem Hebel, mit dem sich der Notausgang öffnen ließ. Aber die Tür sprang nicht auf, obwohl er mit aller Kraft an dem Hebel zerrte. Verdammter Mist! Wahrscheinlich ist der Rumpf verzerrt. Er sah sich verzweifelt um. Durch die Cockpittür ergoß sich ein Strom kriechender, torkelnder, um sich schlagender Passagiere unter beißenden schwarzen Rauchwolken, die das Cockpit verdunkelten. Die Schreckensgestalten bedrängten ihn; sie schlugen in ihrer Angst heulend um sich. Löschschaum bedeckte die Windschutzscheiben und machte das Cockpit noch dunkler. Berry hob den Kopf und stellte fest, daß Sharon und Linda verschwunden waren. Er wollte nach ihnen greifen, aber andere Leiber drückten ihn gegen das Schaltpult des Flugingenieurs. Er ließ sich auf die Knie nieder und rammte nach vorn, bis er den Notausgang wieder erreicht hatte. Dann tastete er blindlings nach dem Hebel und fand ihn auch. Aber der Rauch machte ihn benommen, so daß er nicht die Kraft fand, an dem Hebel zu ziehen. »Sharon! Linda! Wo seid ihr?«
    »Hier, John.« Ihre Stimme klang schwach. »Wir sind weiter vorn.«
    »Haltet aus!« Berry hob den Kopf, aber er konnte wegen des dichten Rauches und der zusammengedrängten Menschenleiber kaum einen Meter weit sehen. Er griff wieder nach dem Hebel, holte tief Luft, ohne auf den dadurch ausgelösten Hustenreiz zu achten, und zog mit voller Kraft daran. Er zog und zerrte, bis ihm schwarz vor den Augen wurde.
    Die Tür flog plötzlich auf. Dann knallte es laut, als die Stickstoffflasche die Notrutsche aufblies. Berry holte erneut tief Luft. Er griff nach einer der in seiner Nähe stehenden Gestalten, aber seine Augen brannten, und er konnte wegen der aus dem Notausgang quellenden schwarzen Rauchwolken nicht erkennen, wen er vor sich hatte.
    Die Passagiere stolperten an ihm vorbei, weil ihre Restintelligenz sie ans Licht zog. Berry hatte Mühe, dieser Menschenflut standzuhalten. »Sharon!« rief er mit heiserer Stimme. »Linda!«
    »John. Wir sind hier. Neben dem Kopilotensitz. Bitte, wir kommen nicht durch.«
    Berry kroch in die angegebene Richtung und versuchte, unter den Rauchschwaden zu bleiben. Er sah mit tränenden Augen ein nacktes Bein und griff danach. Aber die an ihm vorbei ans Licht Drängenden wuchsen zu einer Flutwelle an, deren Gewalt nur mit der entweichenden Kabinenluft, die diesen Alptraum ausgelöst hatte, vergleichbar war. Der kniende Berry wurde mitgerissen und fand sich auf der leuchtendgelben Not-rutsche wieder, bevor er recht wußte, was mit ihm geschah. Er griff verzweifelt nach den Randwülsten, konnte sich nicht mehr festhalten und rutschte mit dem Kopf voraus auf die Landebahn hinab. Bevor er aufprallte, hörte er sich noch einmal laut »Sharon!« kreischen.
     

20
     
    John Berry hatte dröhnende Kopfschmerzen. Ihm war schwindlig, und er mußte gegen einen starken Brechreiz ankämpfen. Irgendwo in der Ferne hörte er Rufe und Schreie und das Klirren von Metall auf Metall. Aus einer Platzwunde auf seiner Stirn lief ihm Blut übers Gesicht. Er setzte sich mühsam auf und wischte sich das Blut ab. Er war dicht davor, bewußtlos zu werden. Aber er wußte, daß er wach bleiben mußte. Für sich. Für sie. Sharon. Linda. Er zwang sich dazu, tief Luft zu holen,

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