Mayday
Unterdeck offenbar auch.«
»Ist eine Tür aufgegangen?« fragte die Japanerin.
»Nein. Anscheinend ist eine Bombe detoniert.«
»Um Himmels willen!«
Sharon Crandall trat aus dem Aufzug. Sie drängte sich an Stein vorbei, bis die die ganze Kabine überblicken konnte. »Großer Gott! Barbara! Barbara!«
Barbara Yoshiro war mit wenigen Schritten neben Crandall. Auch sie erfaßte die Situation auf den ersten Blick. Sie schrie gellend auf und brach bewußtlos in Steins Armen zusammen.
Sharon Crandall bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, zwang sich dazu, tief durchzuatmen, und wandte sich dann an Stein. »Und die Piloten? Was ist mit den Piloten?«
»Tot. Na ja … bewußtlos. Aber oben ist ein Passagier, der Pilot ist. Kommen Sie, wir müssen hier weg! Sie sind hirngeschädigt, verdammt noch mal! Sauerstoffmangel. Sie werden leicht gewalttätig. Los, kommen Sie endlich!«
Etwa ein Dutzend Fluggäste kamen in den breiten Gängen auf sie zu. Einige weitere Passagiere in unmittelbarer Nähe wollten aufstehen, wurden aber durch ihre Sitzgurte zurückgehalten. Andere schienen jedoch noch vage Erinnerungen zu haben: Sie öffneten ihre Gurtschlösser und standen auf. Einige von ihnen schlossen sich den nach vorn Gehenden an. In Steins Nähe erhob sich ein großer athletischer Mann.
»Beeilen Sie sich doch!« drängte Stein die Brünette. »Gehen Sie voraus!«
Crandall nickte und stieg rasch die Wendeltreppe hinauf. Stein schleppte Yoshiro zur Treppe. Vor ihm stand plötzlich ein Fluggast auf und versperrte ihm den Weg. Stein versetzte ihm mit ausgestreckter Hand einen Stoß, und der Mann taumelte wie ein schlecht funktionierender Kreisel zur Seite.
Stein, der die ohnmächtige Stewardess zu schleppen hatte, kam auf der Treppe nur langsam voran. Irgend jemand war hinter ihm. Eine Hand griff nach seinem Knöchel. Er trat danach und beschleunigte sein Tempo so sehr, daß er Crandall auf der obersten Stufe beinahe umgerannt hätte. »Verdammt, das war knapp!« Er legte Yoshiro auf den Teppich und beugte sich übers Geländer. Ein halbes Dutzend grotesker Gesichter starrte ihm entgegen. Er bildete sich ein, im Hintergrund seine Frau zu sehen, aber das ließ sich nicht sicher feststellen. »Verschwindet!« rief Stein keuchend. »Habt ihr nicht gehört? Ihr sollt verschwinden!«
Sharon Crandall sah sich im Salon um. »Mein Gott, das ist ja schrecklich!«
Stein blieb an der Treppe stehen und wickelte sich den Ledergürtel erneut um die rechte Faust. »Ich bleibe hier. Sie gehen ins Cockpit.«
Berry erschien an der Tür zum Salon. »Hierher!« forderte er Crandall auf.
Aber sie hatte nur Augen für die auf dem Boden sitzende Stewardess. »Terri!« Sie lief zu ihrer Freundin und kniete neben ihr nieder. »Was hast du? Terri?«
Terri O’Neil riß die Augen auf und sah in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Das war eine unwillkürliche Reaktion auf einen akustischen Reiz. Ihr rationales Denkvermögen war durch die dünne Luft in 62 000 Fuß ausradiert worden. Der Anblick von Sharon Crandalls Gesicht bedeutete ihr nichts. Die Erinnerung an Hunderte von gemeinsamen Flugstunden war aus ihrem Gehirn verdunstet wie kochendes Wasser aus einem Teekessel.
»Terri!« Sharon rüttelte ihre Freundin an der Schulter.
»Zwecklos!« rief Berry, der inzwischen wieder Platz genommen hatte. »Kommen Sie lieber hierher!«
Sharon warf einen Blick ins Cockpit und sah einen Mann auf dem Platz des Captains sitzen. Seine Stimme klang entfernt bekannt. Aber sie war zu verwirrt, um klar denken zu können. Sie ignorierte Berry und ging an der Treppe vorbei zu den neben dem Klavier liegenden Piloten hinüber. Weder Stuart noch McVary reagierte, als Crandall ihre Namen rief und sie wachzurütteln versuchte.
Stein beobachtete, wie ein Mann langsam die Wendeltreppe heraufkam. Ein zweiter Mann und eine Frau folgten ihm. Wenig später waren es sechs oder sieben Menschen, die unbehol
fen die Treppe hinaufstiegen. »Zurück! Bleibt unten!«
»Aaaaah!«
Stein hielt sich am Geländer fest und trat nach dem Kopf des ersten Mannes.
Der Mann ging in die Knie, fiel nach hinten und riß die anderen mit, die nun die Wendeltreppe hinabpolterten.
Linda Farley kniete neben Crandall nieder. »Die beiden sind sehr krank. Ich hab’ versucht, ihnen zu helfen.«
Sharon warf ihr einen verständnislosen Blick zu. Dann sah sie zu dem Mann am Geländer und zu der ohnmächtigen Barbara Yoshiro hinüber. Sie stand auf und holte den Erste-Hilfe-Kasten aus
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