Mayday
Nachrichten.« Sharon zeigte auf einen kleinen Bildschirm im unteren Drittel des Instrumentenbretts.
Berry starrte das Gerät an. Er hatte bisher darüber hinweggesehen, weil er mit den vielen Tasten nichts hatte anfangen können. Und den Bildschirm hatte er für eine Art Radarschirm gehalten. Jetzt begriff er, wozu beides diente. Er hatte erst kürzlich in einer Luftfahrtzeitschrift von den Data-Links gelesen, mit denen einige Fluggesellschaften Verbindung zu ihren Maschinen hielten. Er wandte sich an Sharon.
»Wissen Sie, wie das Ding funktioniert?«
»Nein. Aber ich glaube, daß man einfach nur tippen muß. Am besten versuchen wir’s gleich.« Ihre Stimme klang erwartungsvoll aufgeregt. »Los, wir haben nichts zu verlieren! Bei eingeschaltetem Gerät muß eine grüne Kontrollampe leuchten. Dieses Lämpchen muß hier brennen.«
Berry suchte die Tastatur ab. Er streckte zögernd die rechte Hand aus und drückte auf den Knopf ENTRY. Das grüne Lämpchen flammte auf. Berry vermutete, daß es anzeigte, daß die Frequenz frei war. Er drückte auf den Knopf TRANSMIT und schrieb drei Buchstaben: SOS. Dann sah er auf den Bildschirm. Nichts. »Muß man nicht sehen, was man geschrieben hat?«
»Ja.«
»Ich sehe nichts. Der Teufel soll’s holen! Dieses gottverdammte Flugzeug!«
»Soviel ich weiß, tippt man erst die Nachricht und drückt dann auf den Sendeknopf.«
»Okay.« Berry drückte auf den Knopf CLEAR. »Okay, versuchen wir’s damit.« Er tippte das SOS erneut ein, hob die Hand und drückte den Knopf TRANSMIT. Beide starrten gespannt auf den Bildschirm. Dort erschien SOS in weißen eckigen Computerbuchstaben …
»Wir haben’s geschafft!« rief Sharon begeistert aus. »Wir haben’s geschafft!« Sie griff impulsiv nach Berrys Hand und drückte sie.
Berry grinste zufrieden. »Ja, wir haben’s geschafft. Okay, okay.« Aber er hatte den Verdacht, daß das SOS auf dem Bildschirm nicht viel bedeutete. Ob ihr Notruf wirklich gesendet und irgendwo empfangen worden war, ließ sich wahrscheinlich erst feststellen, wenn eine Antwort auf dem Bildschirm sichtbar wurde.
Da Berry vermutete, daß das Data-Link-Gerät nicht gleichzeitig senden und empfangen konnte, widerstand er der Versuchung, das SOS zu wiederholen, und wartete auf eine Antwort. Falls das Gerät funktionierte, mußte die gesendete Nachricht – im Gegensatz zu einem Funkspruch – irgendwo ausgedruckt worden sein. Er fragte sich, wie oft die eingegangenen Texte gelesen wurden.
Die Straton 797 flog gleichmäßig nach Nordwesten über den Pazifik weiter, während die Minuten lautlos verstrichen.
John Berry wußte, daß dies ihre letzte Überlebenschance war. Er sah zu Sharon Crandall hinüber. Sie schien es ebenfalls zu wissen. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?« Er zeigte nach draußen auf die Bar.
»Nein, danke. Nicht jetzt. Vielleicht später. Holen Sie sich einen, wenn Sie wollen. Ich passe inzwischen hier auf.«
»Ich brauche keinen.« Er sah auf den Bildschirm und dann wieder zu Sharon Crandall hinüber. »Soll ich Ihnen von japanischen Geschäftssitten erzählen? Die sind teilweise sehr interessant.«
Crandall nickte. »Das kann ich mir vorstellen«, antwortete sie mit gezwungenem Lächeln. Ihr Lächeln verschwand jedoch, als sie wieder auf den Data-Link-Bildschirm sah, auf dem lediglich ihr eigenes SOS stand.
6
Obwohl Leutnant Matos die Straton 797 nicht direkt beobachtete, hatte er den Eindruck, die Verkehrsmaschine habe kurz eine leichte Schräglage eingenommen und sei danach in den Horizontalflug zurückgekehrt. Er starrte das Flugzeug an. Es lag waagrecht in der Luft. Ein Blick auf seinen Magnetkompaß zeigte ihm, daß der Kurs bei 325 Grad geblieben war. Nein, die Straton hatte keine Kurve geflogen. Das war eine Illusion gewesen. Matos rieb sich die Augen. Er litt offenbar schon anÜbermüdungserscheinungen.
Die F-18 fiel etwas weiter zurück und folgte der riesigen Verkehrsmaschine in etwa 1000 Meter Abstand. Um den von der Straton hervorgerufenen Luftwirbeln zu entgehen, ging Matos etwas höher. Der letzte von der Nimitz eingegangene Funkspruch war geradezu bizarr gewesen. Ein bizarrer Befehl in einer bizarren Situation. »Navy drei-vier-sieben, folgen Sie der Straton. Sorgen Sie dafür, daß Sie weder aus der Kabine noch aus dem Cockpit gesehen werden. Machen Sie keinen, ich wiederhole, keinen Versuch, mit der Straton Verbindung aufzunehmen. Bestätigen Sie diesen Befehl.« Matos hatte ihn bestätigt und kommentarlos
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