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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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bereits zu spät. Hennings verdrängte diese beunruhigenden Überlegungen aus seinen Gedanken.
    Sloan konzentrierte sich scheinbar auf die Elektronik. Er starrte das Schaltpult an, aber in Wirklichkeit versuchte er, sich ins Gedächtnis zurückzurufen, was er über Randolf Hennings wußte. Der Admiral hatte am Zweiten Weltkrieg und am Koreakrieg teilgenommen. Er galt als freundlicher Vorgesetzter, was nicht ausschloß, daß er energisch durchgreifen konnte, wenn es sich als nötig erweisen sollte. Hennings hatte Durchsetzungsvermögen bewiesen: genug, um Karriere zu machen, aber nicht genug, um seine Vorgesetzten zu gefährden. Diese Vorgesetzten, die unterdessen ganz oben standen, hatten Hennings für einen höchst sensiblen Auftrag ausgewählt. Hennings war für seine sprichwörtliche Zuverlässigkeit und Diskretion bekannt. Und obwohl er nur eine Art Laufbursche der Vereinigten Stabschefs war, mußte Sloan auch auf ihn Rücksicht nehmen. Er sah wieder zu Hennings hinüber.
    »Kaffee, Admiral?«
    »Nein, danke.«
    Sloan dachte weniger an das Elektronikproblem als an die politischen Auswirkungen dieses Versuchs. Er überlegte, ob er Hennings um nähere Auskünfte bitten sollte. Aber das wäre ein Fehler gewesen. Außerdem wußte Hennings wahrscheinlich nicht mehr als er selbst.
    »Sir, die Verbindung über Pearl Harbor kommt nicht zustande.«
    Sloan starrte Moriarty an. »Was?«
    »Vielleicht liegt das Problem eher dort.«
    »Richtig! Das glaube ich auch.« Sloan sah zu Hennings hinüber, dessen Finger einen Marsch auf der Armlehne seines Drehstuhls trommelten. Seine Aufmerksamkeit schien dem Fernschreiber zu gelten, der gewöhnliche Wettermeldungen schrieb. Signalmaat Moriarty drehte sich halb um. »Sir? Soll ich’s weiter versuchen?«
    Sloan zündete sich eine Zigarette an. Er wußte, daß er eine Entscheidung treffen mußte, hatte ein flaues Gefühl im Magen und wußte auch, warum Offiziere häufiger als Unteroffiziere oder Mannschaften Magengeschwüre hatten. Er überlegte. Die Erprobungselemente befanden sich fast alle in Position. Eine Verzögerung konnte bedeuten, daß die Erprobung um einige Stunden verschoben werden mußte. Hennings sollte am nächsten Morgen mit seinem Bericht im Pentagon sein. Falls darin lediglich stand »Sondererprobung verschoben«, warf das ein schlechtes Licht auf Commander James Sloan. Die Verantwortlichen konnten kalte Füße bekommen und den Versuch abblasen. Oder sie konnten, was noch schlimmer wäre, den Eindruck gewinnen, er habe die Nerven verloren. Sloan überlegte, ob er Hennings um Rat bitten sollte, aber das wäre ein taktischer Fehler gewesen.
    »Sir?« fragte der Elektronikfachmann drängend.
    Sloan schüttelte den Kopf. »Zum Teufel damit, Moriarty! Unser Versuch ist wichtiger als diese Routineverfahren. Geben Sie den Start frei und holen Sie eine neue Positionsmeldung ein.«
    Moriarty konzentrierte sich wieder auf seine Geräte. Er hatte den Verdacht, daß es sich hier um mehr als einen gewöhnlichen Test handelte, aber als ehemaliger U-Boot-Fahrer verstand er zu wenig von Raketen und Jägern, um erraten zu können, in welcher Beziehung diese Erprobung über den Rahmen des Routinemäßigen hinausging. Moriarty ahnte jedoch, daß seine Unwissenheit mit dazu beigetragen hatte, ihn aus dem U-Boot, das ihm verhaßt geworden war, herauszuholen und auf die Nimitz zu bringen, die ihm erträglicher erschien. Und er wußte, daß sein Versetzungsgesuch zur im Mittelmeer operierenden 6. Flotte genehmigt werden würde, wenn er sich hier als verschwiegen erwies.
    Sloan beobachtete ihn einige Sekunden lang, bevor er wieder zu Hennings hinübersah. Der Alte starrte weiterhin den Fernschreiber an und hatte eine orientalisch undurchdringliche Miene aufgesetzt. »Jetzt ist’s bald soweit, Admiral.«
    Hennings hob den Kopf. Er nickte schweigend.
    Sloan überlegte sich, daß es Hennings vielleicht – wie ihm selbst – darauf ankam, ausdrücklich nichts Belegbares gesagt zu haben.
    »Leutnant Matos ist in Position, Sir«, meldete der Signalmaat. »Er kreist im Sektor 23.«
    »Danke. Geben Sie durch, daß wir die Zielinformation in Kürze erwarten.«
    »Ja, Sir.«
    Sloan versuchte, seine eigene Beteiligung an diesem Projekt zu bewerten. Die Sache hatte damit begonnen, daß vor vier Wochen zwei Phoenix-Raketen an Bord der Nimitz gebracht worden waren. Er hatte für den Empfang dieser Luft-Luft-Raketen quittiert. Dann war aus Pearl Harbor die Routinemeldung eingegangen, Hennings werde an

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