Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
– dieser Junge muss bestraft werden!“
Mayra platzte der Kragen! „Sag mal, bist du eigentlich immer so, mein hochwohlgeborener Ragnar, Prinz von Terrestra? Sind dir andere Menschen und ihre Leid immer so egal?“
„Mayra, hör auf!“, bat Djuma sie.
Aber Mayra war voll in Fahrt. „Was ist eigentlich mit dir los? Der Djuma, den ich kennengelernt habe, ist anders!“, schleuderte sie ihm entgegen.
Djuma zuckte zusammen, als ob sie ihn geschlagen hätte. „Tut mir leid!“, sagte Mayra sofort. Dann fragte sie, sanfter: „Was ist passiert? Was ist passiert, dass du als Prinz, so, so von oben herab bist, so, hm, arrogant?“
Djuma sah sie an mit einem Blick, als ob er sie noch nie gesehen hätte. Dann schaute er von ihr weg über den See. Seine ganze Haltung drückte Spannung aus, fast schon Wut. Lange sagte Djuma überhaupt nichts und Mayra bekam schon Angst, dass er überhaupt nie wieder mit ihr reden würde.
Schließlich löste sich seine starre Haltung etwas, er zog ein Bein an, umfing es mit dem Arm, wandte ihr die Schulter zu. Mayra hatte den Eindruck, dass er sich damit vor ihr schützen wollte. Aber er fing an zu erzählen. „Das hatte ich dir gesagt, dass ich mit sieben Jahren zu meinem Vater kam.“ Er blickte kurz zu Mayra hinüber.
„Ja“, nickte sie.
Djuma wandte den Blick von Mayra ab und sprach weiter. „Geboren bin ich oben im Gebirge, auf der Hochebene zwischen den Gipfeln. Meine Mutter war die Tochter des Stammesführers. Sie und mein Vater hatten sich ineinander verliebt, als er noch nicht König war. Doch meine Mutter hielt es im Palast nicht aus. Es war ihr zu eng, das Hofprotokoll zu streng, sie hatte nichts zu tun. Nur auf weichen Kissen zu sitzen, war ihr zu wenig. Eines Nachts ist sie geflüchtet und zurück zu ihrem Stamm. Mein Vater hasst mich dafür!“ Djuma stockte kurz. Dann fuhr er fort: „Das Leben in der Wüste ist hart. Der Stamm zieht mit seinen Tieren von Wasserloch zu Wasserloch, und die Männer jagen. Es ist ein hartes Leben. Aber es ist auch ein freies Leben. Der Stamm der Mecheni ist das einzige Volk, das die Könige von Terrestra nie unterwerfen konnten. Wir sind die einzigen, die keinen Tribut entrichten.“ Er warf Mayra einen Blick zu, der irgendwo zwischen Wut und Spott lag, und meinte: „Die Mecheni wirst du auf der Tributzeremonie nicht finden!“
Mayra hätte gerne irgendetwas gemacht. Sie spürte Djumas Trauer. Aber sie spürte auch, wieviel es Djuma kostete, ihr überhaupt etwas von seinen frühen Erlebnissen zu erzählen. So tat sie nichts aktiv und hörte nur zu. Djuma hatte den Kopf gesenkt, während er weitersprach. „Es war die Welt, die ich kannte, Mayra. Draußen in der Wüste. Mich um die Pferde kümmern. Um die Schafe und Ziegen. Mit meinen Freunden spielen. Reiten lernen. Jagen lernen. Ich habe mich sicher gefühlt. Meine Mutter war da, mein Großvater, Onkel, Tanten. Mein Vater fehlte zwar. Aber ich habe ihn nicht wirklich vermisst. Er war eine Sagengestalt, die weit entfernt in einem Palast lebte. Bis dahin hatte ich noch nicht einmal Häuser gesehen, die aus Stein gebaut waren. Ich habe mir unter dem Palast ein riesiges Zelt vorgestellt.“ Djuma unterbrach sich. Dann schaute er Mayra sehr direkt an. „Sie haben mich ausgelacht, Mayra. Als ich mit sieben in den Palast kam. Der kleine Nomade, der mit Akzent spricht. Der nicht weiß, wie man sich bei Hof benimmt. Der keine Tischmanieren hat. Dass ich der Sohn des Königs war, hätte mich schützen können. Doch Philippus hat so deutlich gemacht, dass er mich verachtet, dass das die Erlaubnis war, auf mich loszugehen.“ Mayra hörte zu und sie versuchte sich vorzustellen, wie es für Djuma als Kind gewesen sein musste. Es war, als ob Djuma ihr Mitgefühl spürte, auch wenn sie nichts sagte. Jedenfalls fand er den Mut weiterzusprechen. „Was mit mir los ist? Was passiert ist?“ fragte er bitter. „Sei überheblich! Behandle andere, als seien sie Dreck vor deinen Füßen, und sie lassen dich in Ruhe!“
„Sie haben es verdient!“, rief Mayra leise. Djuma lachte auf und endlich legte er den Arm um sie. Er zog sie an sich.
Zum ersten Mal saßen sie so nah beieinander. Mayras Herz schlug schneller. Sie spürte Djumas Wärme neben sich, und es fühlte sich einfach gut an. Djuma beugte sie zu ihr hinunter und küsste ihren Nacken. Mayra ließ es gerne geschehen. Ihre Lippen fanden sich und sie fanden sich in einem Kuss, aus dem sie erst eine ganze Weile später wieder, atemlos,
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