Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
daran, ihren Transponder einzuschalten, um Myrddins Erklärungen aufzunehmen. Sie hoffte einfach, dass sie den Anfang im Kopf behalten konnte. Der alte Heiler schien sie voll und ganz als Schülerin akzeptiert zu haben, obwohl er ja wusste, dass sie nur ein paar Wochen auf Terrestra war. Mayra war ihm dankbar dafür und gab alles, nahm so viel in sich auf, wie sie konnte, speicherte es in ihrem Gedächtnis ab, versuchte Zusammenhänge herzustellen, fragte nach.
Als sie wieder bei der Höhle waren, stapelten sie die Säcke mit der Kohle neben die Holzscheite. Dort lagerten sie unter dem Dach, das das geschlagene Holz schützte, im Trockenen. Mayra war müde. Der Vormittag war aufregend gewesen. Aber da es fast Mittag und sie mit Djuma am See verabredet war, verabschiedete sie sich von Myrddin und sattelte Halda. Bevor sie abritt, brachte ihr Lehrer noch einen Beutel mit Proviant: Brot, Käse und einen Früchtekuchen. Mayra wollte das erst gar nicht annehmen. Doch Myrddin bestand darauf.
Kapitel 43
Mayra war vor Djuma am See. Sie band Halda lose an, sodass die Stute grasen konnte, und setzte sich ans Ufer. Vor sich breitete sie das Essen aus und während sie auf Djuma wartete, schaute sie den flatternden Tieren zu, die mit ihren blauen Flügeln auch diesmal über den See schwebten. Der Besuch in der Köhlerhütte ging ihr nach. Was sie verblüffte, war nicht nur die Anerkennung, die ihr Myrddin gezollt hatte, bei der sie sich gar nicht sicher war, wofür eigentlich, was sie da so Besonderes gemacht hatte. Im Nachhinein sprang sie die Armut der Köhlersfamilie an, unter welch primitiven Umständen sie lebte, dass sie kaum genug zu essen hatte. Mayra genoss es, am See zu sitzen und zu beobachten, wie die Bäume sich im Wasser spiegelten. Doch der Gedanke an Tammo und seine Familie ließ sie nicht los.
Als Djuma schließlich kam, bemerkte sie ihn erst spät. Schüchtern begrüßte sie ihn. Sie blieb sitzen, während er Thandril ein Stück weit von Halda entfernt festmachte und dann zu ihr hinüberkam. „Ich war heute Morgen bei Myrddin, und er hat darauf bestanden, dass ich etwas zu Essen für uns mitnehme“, erklärte sie.
„Ja, Myrddin hält viel von regelmäßigen Mahlzeiten.“ Djuma grinste. „Das ist gut, denn ich habe Hunger.“ Djuma setzte sich neben sie, zog ein Messer aus dem Gürtel und fing an Brot und Käse aufzuschneiden. Mayra knabberte mehr an dem Brot, als dass sie wirklich aß. Djuma bemerkte ihre Nachdenklichkeit und fragte: „Was ist?“
Mayra erzählte ihm von ihrem Krankenbesuch mit Myrddin. Sie war sich nicht sicher, ob es klug war, Djuma darauf anzusprechen, aber da es ihr keine Ruhe ließ, tat sie es trotzdem. „Weißt du, was ich nicht verstehe ist, warum irgendjemand nicht genug zu essen für seine Kinder hat! Myrddin sagte, Soris’ Kinder seien deswegen so oft krank, weil er sie nicht gut ernähren kann. Die Kinder hatten keine Schuhe, und ihre Kleidung war kaputt. Das gibt es bei mir zu Hause nicht. Ehrlich gesagt, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass es das überhaupt gibt!“ Sie sah Djuma eindringlich an. Gerne hätte sie eine beruhigende Antwort gehört.
Djuma legte sein Brot aus der Hand und meinte: „Das stimmt, dass es für Leute, die nicht in der Stadt wohnen, manchmal schwierig ist. In der Stadt geben die reichen Familien den armen.“
„Aber das stimmt doch nicht!“, rief Mayra.
„Bitte?“ Djuma zog die Augenbrauen hoch.
„Auch in der Stadt gibt es Leute, denen es total schlecht geht. Am Anfang auf Terrestra hat mich ein Junge in der Stadt beklaut. Der war so dünn, dass er fast verhungert war!“
„Dich hat jemand bestohlen? Wer? Wie sah er aus?“, fragte Djuma streng.
„Das ist doch egal! Der Punkt ist, dass Kinder bei euch hungern, im Wald und in der Stadt!“
Mayra war sauer und ärgerte sich noch mehr, als Djuma erwiderte: „Das ist nicht egal! Wenn ein Terrestraner ausgerechnet Sternenleute bestiehlt, muss ich das wissen! Warum hat dein Großvater nichts gesagt?“
„Weil er es nicht weiß!“ Mayra starrte Djuma wütend an.
„Wie sah er aus? Mayra, ich werde den Dieb suchen lassen und wir finden ihn. Wie sah er aus? Was hat er dir genommen?“
„Das sage ich nicht. Und ich habe ihm den Gürtel geschenkt, verstehst du? Es gibt keinen Dieb!“
Djuma nahm einen tiefen Atemzug. Dann sagte er sehr leise und sehr deutlich: „Mayra, es ist sowieso schon schwierig zwischen deiner Welt und Terrestra. Auch wenn du das nicht verstehst
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