McCaffrey, Anne & Scarborough, Elizabeth - Petaybee 02
angedeutet hatte, Freude daran haben, selbst ein Lied zu komponieren.
Auch ich wurde hierher geschickt, um zu sterben, hier, wo der Schnee lebt,
Wo das Wasser lebt,
wo die Tiere und die Bäume leben.
Und ihr. Und nun lebe ich.
Erst als sie die letzten Worte schon gesungen hatte, fiel Yana auf, daß sie sie dem Lied hinzugefügt hatte.
Dann kamen Lonciana und Pablo auf sie zu und nahmen sie bei den Händen, drückten sie an ihre Wangen, benetzten Yanas Finger mit ihren Tränen. Und sämtliche Ondelacy-Kinder erfaßten ebenfalls ihre Hände und lächelten sie mit umwölkten Augen schüchtern an.
Nun ertönten auch andere lobende Stimmen, und Yana schaffte es ohne fremde Hilfe, vom Hocker aufzustehen.
Bunny führte Diego zum Hocker. Der Blick des jungen Mannes zeigte eine Zielstrebigkeit, die er bisher noch nie an den Tag gelegt hatte, wie Yana bemerkte. Langsam wurde er wirklich erwachsen, und die Ereignisse in McGees Paß hatten ihn reifen lassen.
»Dies ist Diego Metaxos, der mit mir in McGees Paß war und sein Leben riskiert hat, um mich zu retten«, verkündete Bunny und preßte Diegos Hand noch einmal. »Er hat ein Lied, das alle hören müssen.«
Diego legte den Kopf zurück, verengte die Augen zu Schlitzen und stemmte die Hände auf die Oberschenkel, die Füße in die unteren Querstreben des Hockers gehakt.
Tief ist der Ort der Verbindung
Wo Nebel und Eis und Gestein warm sind
Von etwas, das mehr ist als Freundschaft
Mehr als Vater- oder Mutterliebe,
Voll Fürsorge und Verständnis.
Wir alle lieben diesen Ort der Verbindung.
Es ist unser Ort, unser Ort, unser Ort.
Seine Stimme, inzwischen ein fester Bariton, wurde immer intensiver, als er den Satz wiederholte. Dann nahm er den Tonfall eines Geschichtenerzählers an, der dazu gezwungen war, Wahrheiten zu berichten, die ihm mißfielen.
Es gibt Leute, die glauben nicht, daß unser Ort Der unsere ist und dies schon war,
seit Männer und Frauen hierherkamen.
Sie gehörten einst zu uns
und kannten die Verbindung.
Sie gingen fort, und in den Jahren ihrer Abwesenheit lernten sie
Viel Böses und Selbstsucht und Habgier,
gefühllos, unfreundlich, sich selbst am nächsten, und dies immer.
Im Wissen um Dinge, die binden und treffen und bedecken,
Sind sie zurückgekehrt, um böse zu machen, was gut war.
Wieder nahm er einen anderen Ton an, gefärbt von einer Verbitterung, die Yana beunruhigt zusammenzucken ließ, eine Verbitterung, die alle seine Zuhörer empörte.
Warum stehlen, was uns gehört, damit es nur noch einer besitze?
Warum den vielen die Verbindung rauben
und die Hoffnung und den Frieden in Zeiten der Sorge?
Warum die Wahrheit vergraben?
Warum unseren Planeten bei lebendigem Leib beerdigen!
Entsetztes Keuchen quittierte diesen Satz, doch Diego ließ nicht locker.
Denn lebend wurde er beerdigt, in ungehörtem Schrei Zu McGees Paß.
Das Gestein verkohlt,
Die Wurzeln erwürgt,
Der Boden verkohlt.
Weißer Tod wie
Deine Schneehaut
Von jemandem, ähnlich
Und doch unähnlich
Einem Sohn.
Welcher Sohn wünscht seinem Vater den Tod?
Welcher Sohn verlangt nach unverdienter Ehre?
Frauen geschändet und Dörfer verschreckt
Und ihres Orts der Verbindung beraubt
Und der sanften, heilenden Nebel,
Der sanften Berührung, die uns tröstet,
Des Geistes, der uns nährt. Uns alle!
An diesem Abend versetzte Diegos Lied sämtliche Zuhörer in Empörung und Zorn. Bunny war so stolz auf sein Lied und den Vortrag, daß sie vor Freude zitterte. Und dann, nachdem sich alle wieder etwas beruhigt hatten, erzählten die beiden jungen Leute, was in McGees Paß geschehen war, und schilderten Satoks Verrat.
Vom Selbstgebrannten beschwipst, bekam Yana doch noch einiges von den Streitgesprächen mit, die bis spät in die Nacht dauerten, begleitet von Gitarre, Fidel, Flöte, Tambourin, Maracas und Kastagnetten. Doch sie, Loncie und Johnny hatten – wie Bunny möglicherweise einmal auch – den Entschluß gefaßt, daß die wichtigste Aufgabe darin bestand, La Probrecita vor dem Heulenden Hirten zu retten.
Loncianas Beschreibung zufolge war der Mann noch schlimmer als Satok, wenn er darauf bestand, ein vorpubertäres Kind zur Frau zu nehmen, obwohl er bereits vier oder fünf Ehefrauen hatte. Man hatte Yana gründlich gelehrt, die Sitten und Gebräuche einheimischer Völker unangetastet zu lassen. Doch sie war hier nicht einheimisch, und die Vorstellung einer erzwungenen Heirat war ihr ein Greuel. In dieser Nacht fügten sie das, was La Probrecita
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