McCaffrey, Anne & Scarborough, Elizabeth - Petaybee 02
erleichtert und ließ sich ins Haus begleiten.
»He, eine Gitarre!« Es platzte förmlich aus Diego heraus. Dann errötete er prompt, als ihm klar wurde, daß seine Begeisterung im Augenblick, nachdem gerade erst die Gefallenen von Bremport zur Sprache gekommen waren, nicht gerade taktvoll war.
»Du magst Gitarre?« fragte Lonciana, und ihre Miene hellte sich auf.
»Ob ich Gitarre mag? Ich habe versucht, eine zu bauen.« Diego griff in seinen Rucksack und zog den Hals hervor, den er so geduldig geschnitzt hatte.
»Que hombre!« Lonciana umarmte ihn wie einen lange verschollenen Freund. Diego grinste, als sie ihn umschlang – und es geschah mehr als Billigung ihrer Begeisterung denn aus Verlegenheit.
Als erstes wurde gegessen. Dann schickte man verschiedene junge Ondelacy-Ghompasse los, um dem ganzen Dorf mitzuteilen, daß es heute einen besonderen Liederabend geben würde: Es war zwar zu spät, um ein richtiges Latchkay vorzubereiten, aber es herrschte kein Zweifel darüber, daß es wenigstens Selbstgebrannten und etwas zu Futtern geben würde.
»Ich dachte, der Selbstgebrannte wäre Clodaghs Spezialität«, bemerkte Yana, als sie sich vor dem Abendessen wusch.
Johnny grinste. »Der Norden scheint wohl doch kein Monopol auf alle guten Sachen zu haben, Yana. Hätten Sie sich von unten hochgearbeitet wie ich, statt auf die Offiziersakademie zu gehen, wo ja nur wenige Kandidaten aus Petaybee teilnehmen, dann hätten Sie etwas von der Freude kennengelernt, die darin besteht, Selbstgebrannten zu vergleichen. Jedesmal, wenn Loncie aus dem Urlaub zurückkehrte, brachte sie eine Fuhre mit. Wir haben ihr Rezept
›Alter Armadillo‹ getauft, weil das Zeug so hervorragend gegen die Unbill des Schicksals wappnet. Die Gewürze, die Loncie verwendet, verleihen ihm etwas mehr Biß als den apfelweinähnlichen Sorten im Norden.«
Bunny, die gerade beobachtete, wie Pablo dem verzückten Diego erst die Techniken des Gitarrespielens und dann die Töne vorführte, die man mit dem Dudelsack erzeugten konnte, sagte: »Die scheinen hier im Süden noch eine ganze Reihe anderer Dinge zu haben, die wir im Norden nicht kennen.«
Lonciana bereitete die Bohnen auf eine Weise zu, deren Geheimnis zu erfahren Yana ihren rechten großen Zeh gegeben hätte. Das Gericht war äußerst schmackhaft und sättigend und stillte sogar Yanas herzhaften Appetit.
Dann wurde sofort der Tisch abgebaut und aus dem: Hauptzimmer getragen, in das man statt dessen nun Stühle, Bänke, Schemel und alte Kisten stellte. Wieder wurde die Gitarre von der Wand genommen, und Yana erkannte einen runden Gegenstand mit in den Rahmen eingelassenen klingenden Teilen als Tambourin.
Lonciana war in der Küche beschäftigt, wo sie mit ihren ältesten Töchtern den Selbstgebrannten mixte, während Pablo, Johnny und die älteren Ondelacy-Jungen sich daranmachten, die eintreffenden Besucher in Empfang zu nehmen.
Wieder einmal mußte Yana staunen, wie ein kleines petaybeeanisches Haus sich schier unendlich auszudehnen schien, um so viele Menschen aufzunehmen. Schließlich war nur noch ein kleiner Platz um den hohen Hocker herum frei, den man in der Mitte des Zimmers für die Sänger aufgebaut hatte – zu denen auch Yana gehörte, die wahrscheinlich sogar als erste an die Reihe kommen würde. Bunny und Johnny hielten ihren und Diegos Becher mit Selbstgebranntem, als Diego verkündete, daß sein Lied ebenfalls fertig sei. Yana hatte schreckliche Sehnsucht nach Sean, doch Johnny führte sie zu dem Hocker, ließ sie darauf Platz nehmen und nahm den Becher entgegen, nachdem sie ihn geleert hatte.
»Das ist Majorin Yana Maddock, die in Bremport dabei war und nun zu uns gehört«, führte Johnny sie mit schlichten Worten ein. »Sie hat ein Lied für euch.«
Die Stille besaß verschiedene Qualitäten, wie Yana wußte von jener vollkommenen Lautlosigkeit, die sie auf ihren wenigen Raumspaziergängen nicht gehört hatte, bis zu jenem erwartungsvollen Schweigen, das hoffnungsfroh oder bang sein mochte, sowie die bösartige Haltung nach dem Motto: ›Nun zeig mal, was du kannst‹.
Diese Stille jedoch war erwartungsvoll, beinahe ehrfürchtig. Es erschreckte Yana so sehr, daß sie zu singen begann, um dem ein Ende zu setzen, was ihre Ohren nicht vernahmen.
Nachdem sie die ersten Zeilen zum Besten gegeben hatte, begann sie, das Singen zu genießen, obwohl sie das Lied, das sie vortrug, sicherlich nie rückhaltlos erfreuen würde. Vielleicht würde sie ja schon bald, wie Sean es
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