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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Lösungsmittel für den Klebstoff befand sich in seinem Toilettenwasserfläschchen. Als er wieder herauskam, trug er immer noch eine dunkle Jacke, aber die zweiseitig zu tragende Hose war jetzt mittelgrau. Der Hut war in der Reisetasche verstaut, zusammen mit den buschigen Augenbrauen, Bart, Schnurrbart, Hemd und Krawatte. Sein Haar war nicht mehr grau, sondern kastanienbraun, und unter der Jacke trug er einen kanariengelben Pulli mit rundem Ausschnitt, der vorher unter dem Hemd verborgen gewesen war. Er verließ unbemerkt das Hotel, nahm ein Taxi und ließ sich vor der britischen Botschaft, gegenüber dem Kreml absetzen.
    Zwei Miliz-Soldaten vom MWD standen vor dem Tor Wache, auf sowjetischem Territorium, und verlangten seinen Ausweis. Er zeigte ihnen seinen britischen Paß, und während dieser geprüft wurde, sah er dem jungen Wachposten herausfordernd lächelnd in die Augen. Der junge Miliz-Soldat wurde verlegen und gab den Paß rasch zurück. Gereizt ließ er den schwulen Engländer passieren und sah dabei seinen Kameraden mit vielsagend hochgezogenen Augenbrauen an. Sekunden später war der Engländer in der Botschaft verschwunden.
    In Wirklichkeit war Rabbi Birnbaum weder Rabbi noch Amerikaner noch homosexuell. Sein richtiger Name war David Thornton, und er war einer der besten Maskenbildner der britischen Filmindustrie. Der Unterschied zwischen Maskenbildnerei für die Bühne und für den Film besteht darin, daß auf der Bühne zwar auch grelles Licht herrscht, der Abstand zum Publikum aber beträchtlich ist. Bei Dreharbeiten wird jedoch oft mit Großaufnahmen gearbeitet, bei denen die Kamera manchmal nur ein paar Handbreit vor dem Gesicht ist. Filmschauspieler müssen deshalb sehr viel besser und realistischer geschminkt werden. David Thornton arbeitete seit Jahren in den Pinewood-Studios, wo er immer alle Hände voll zu tun hatte. Außerdem gehörte er zu dem erstaunlich großen Kreis von Experten, auf den der britische Secret Service bei Bedarf jederzeit zurückgreifen kann.
    Der zweite Mann kam mit British Airways direkt aus London. Es war Denis Gaunt, und er sah genauso aus wie immer, nur daß sein Haar grau war, was ihn fünfzehn Jahre älter machte. Er hatte einen schmalen Aktenkoffer diskret am linken Handgelenk angekettet und trug die blaue Krawatte mit dem Windhund-Motiv, das Erkennungszeichen des Kurier-Corps der Königin.
    Alle Länder haben diplomatische Kuriere, die ihr Leben damit zubringen, Dokumente in die Botschaften in aller Herren Länder und von dort nach Hause zu befördern. Sie gelten nach dem Wiener Übereinkommen als diplomatisches Personal, und ihr Gepäck wird nicht durchsucht. Gaunt hatte einen britischen Paß auf einen anderen Namen, der aber absolut echt und gültig war. Er legte ihn vor und durfte unbehelligt die Sperren passieren.
    Ein Jaguar der Botschaft stand zu seiner Abholung bereit und brachte ihn unverzüglich zur Botschaft, wo er eine Stunde nach Thornton eintraf. Nun konnte er Thornton die Maskenbildner-Utensilien übergeben, die er in seinem Koffer mitgebracht hatte.
    Als dritter kam Sam McCready mit einer Maschine der Finnair aus Helsinki. Auch er hatte einen gültigen britischen Paß auf einen falschen Namen, und auch er war verkleidet. In dem gut geheizten Flugzeug war allerdings etwas schiefgegangen.
    Seine rotblonde Perücke war ein bißchen verrutscht, so daß darunter eine dunklere Haarsträhne hervorschaute. Der Klebstoff, mit dem sein ebenfalls rotblonder Schnurrbart befestigt war, war an einer Ecke offenbar geschmolzen, so daß sich der Schnurrbart teilweise von der Oberlippe gelöst hatte.
    Der Paßkontrolleur musterte das Bild in dem Paß und dann wieder den Mann, der vor ihm stand. Die Gesichter waren dieselben - Frisur, Schnurrbart, alles stimmte. Es ist nicht verboten, eine Perücke zu tragen, nicht einmal in Rußland; viele Kahlköpfe tun das. Aber ein abgehender Schnurrbart? Der Paßkontrolleur - es war nicht derselbe, der Rabbi Birnbaum gesehen hatte, denn Scheremetjewo ist ein großer Flughafen - wandte sich ebenfalls an einen Vorgesetzten, der daraufhin durch einen Spionspiegel blickte.
    Kurz darauf klickte hinter diesem Spiegel mehrmals eine Kamera; Befehle wurden erteilt, und mehrere Männer, die Bereitschaftsdienst gehabt hatten, setzten sich in Trab. Als McCready aus dem Flughafengebäude kam, warteten schon zwei nicht gekennzeichnete Moskwitschs auf ihn. Auch er wurde mit einem Wagen der britischen Botschaft abgeholt, allerdings einem

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