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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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dann damit sagen wollen, Mr. Drake?«
    »Ich habe damit sagen wollen, ich glaube nicht, daß der Gouverneur unsere Petition nach London weitergeben wird. Ich wollte damit sagen, daß wir, so arm wir sind, zusammenlegen und jemanden mit der Bitte um einen neuen Gouverneur nach London schicken sollten. Um einen Mann, der uns versteht und der vorschlagen wird, was wir erbitten.«
    »Und das wäre?«
    »Ein Referendum, Mr. Hannah. Hier spielt sich zur Zeit etwas Ungutes ab. Fremde sind zu uns gekommen, ehrgeizige Männer, die über uns bestimmen wollen. Wir sind vollauf zufrieden mit unserem bisherigen Leben. Wenn es bei uns ein Referendum gäbe, würde die große Mehrheit dafür stimmen, daß wir bei England bleiben. Was ist denn daran so verkehrt?«
    »Nichts, wenn Sie mich fragen«, räumte Hannah ein, »aber ich treffe ja keine politischen Entscheidungen.«
    »Das tat der Gouverneur auch nicht. Aber er hätte die Sache seiner Karriere zuliebe ausgeführt, selbst wenn er wußte, daß es unrecht war.«
    »Er hatte keine andere Wahl«, sagte Hannah. »Er hat nur seine Pflicht getan.«
    Drake blickte nickend in sein Glas.
    »Das haben die Männer, die Christus kreuzigten, auch getan, Mr. Hannah.«
    Hannah wollte nicht in politische oder theologische Diskussionen hineingezogen werden. Er hatte einen Mord zu klären.
    »Sie mochten Sir Marston nicht, hab ich recht?«
    »Nein, Gott verzeihe mir.«
    »Gab’s dafür einen Grund, außer seiner Amtsführung hier?«
    »Er war ein Heuchler und ein Wollüstling. Aber ich habe ihn nicht getötet. Der Herr gibt und der Herr nimmt, Mr. Hannah. Der Herr sieht alles. Am Dienstagabend hat der Herr Sir Marston Moberley abberufen.«
    »Der Herr benützt selten eine großkalibrige Handfeuerwaffe«, gab Hannah zu bedenken. Einen Moment lang glaubte er Anerkennung in Drakes Blick auffunkeln zu sehen. »Sie haben von einem >Wollüstling< gesprochen. Was meinen Sie damit?«
    Drake musterte ihn scharf.
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Myrtle, die abgängige Sekretärin. Sie haben sie nicht gesehen?«
    »Nein.«
    »Sie ist eine dralle Person, robust, lüstern.«
    »Sie hält sich bei ihren Eltern auf Tortola auf«, sagte Hannah.
    »Nein«, sagte Drake leise. »Sie ist im Allgemeinen Krankenhaus auf Antigua und läßt ein Kind abtreiben.«
    O je, dachte Hannah. Er hatte nur gehört, wie Leute ihren Namen nannten, hatte nie ein Bild von ihr gesehen. Auf Tortola lebten auch weiße Familien.
    »Ist sie. Wie soll ich mich ausdrücken... ?«
    »Eine Schwarze?« dröhnte Drake. »Natürlich ist sie eine Schwarze. Ein munteres, strammes schwarzes Mädchen. Ganz nach Sir Marstons Geschmack.«
    Und Lady Moberley wußte davon, dachte Hannah. Die arme, verkümmerte Lady Moberley, von all diesen Jahren in den Tropen und von allen diesen einheimischen Mädchen dem Alkohol in die Arme getrieben. Resigniert, kein Zweifel. Oder vielleicht doch nicht ganz, vielleicht war es dies eine Mal zu viel gewesen.
    »Sie haben einen ganz leichten amerikanischen Akzent«, sagte Hannah, als er sich verabschiedete. »Können Sie mir sagen, woher das kommt?«
    »Die Baptisten in Amerika haben viele theologische Colleges«, antwortete Reverend Drake. »Ich habe dort für das geistliche Amt studiert.«
    Hannah ließ sich zum Government House zurückfahren. Unterwegs dorthin ließ er sich eine Liste möglicher Tatverdächtiger durch den Kopf gehen. Lieutenant Jeremy Haverstock verstand zweifellos mit einer Waffe umzugehen, wenn er eine in die Hand bekam, aber er hatte kein erkennbares Motiv. Es sei denn, daß er selbst Myrtle geschwängert und der Gouverneur gedroht hatte, ihm die Karriere zu ruinieren. Lady Moberley könnte so weit getrieben worden sein, aber sie hätte einen Komplizen gebraucht, der das Schloß der Gartentür sprengte. Es sei denn, es hätte sich mittels eines Landrovers und einer Kette bewerkstelligen lassen.
    Reverend Drake, trotz seiner Beteuerungen, ein Mann des Friedens zu sein? Selbst ein Mann des Friedens kann zu weit getrieben werden.
    Dann erinnerte er sich an Lady Coltranes Ratschlag, sich die >Entourage< der beiden Wahlkandidaten näher anzusehen. Ja, das wollte er tun. Diese Wahlhelfer genau ansehen. Doch wo war hier ein Motiv? Sir Marston hatte ihnen in die Hände gespielt, als er darauf hinarbeitete, die Insel in die Unabhängigkeit zu entlassen. Einer der beiden Kandidaten wäre der neue Premierminister geworden. Es sei denn, eine der beiden Gruppen hätte geargwöhnt, er begünstige die

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