McJesus
Anzüge und achtete auf einen stumpfen Gesichtsausdruck. Gefühle zu zeigen war ihm zuwider; außerdem hielt er es für unprofessionell. Butch hatte einen Job zu verrichten, und Gefühle verstellten nur den Blick.
Er fuhr mit dem Aufzug in den obersten Stock der Zentrale der Mutual of California Insurance Corporation. Ungehalten blätterte er in einem Ordner. Die Aufzugstüren öffneten sich. Schweigend ging er durch den mit Teppich belegten Korridor und blickte erst auf, als er bei den Doppeltüren am Ende des Gangs angelangt war. Er klopfte.
»Herein!«
Harnetts Chef saß über seinen Schreibtisch gebeugt und versuchte, hinter das betrügerische System zu kommen, das er bei etlichen Versicherungsanträgen, die ihm vorlagen, vermutete. Er blickte auf, als sein bester Versicherungsdetektiv eintrat.
»Haben Sie etwas gefunden?«, fragte er. Butch hob den Ordner, den er mitgebracht hatte, an seine Nase.
»Ich habe das hier gefunden. Und es stinkt«, sagte er.
»Wonach?«
»Dreihundertvierzigtausend.«
»Jemand, den wir kennen?«
Butch schüttelte den Kopf. »Sieht nach Anfänger aus«, sagte er. »Ein gewisser Dan Steele. Verstorben.«
»Verstorben? Tatsächlich.« Harnetts Boss liebte es, dass Butch nichts glaubte, bis er sozusagen nicht selbst die Hand in die Wunde gelegt hatte. »Was denken Sie?«
»Ich denke, dass alle Menschen in Gottes Augen Sünder sind«, sagte Butch.
6
Dan wollte nicht schäbig sein, aber in seiner Situation blieb ihm nichts anderes übrig. Er befand sich in Smyth’s Mortuary in der Nähe des Autobahnkreuzes San Diego und Simi Valley Freeway. »Würde und Gediegenheit, wo die 405 auf die 118 stößt«, stand im Prospekt.
Beerdigungsinstitute waren Dan schon immer unheimlich. Trotz der in warmen Tönen gehaltenen Holzverkleidungen und der schweren, beruhigenden Samtportieren hatte sich Dan noch bei keiner Beerdigung, an der er teilnehmen musste, warm oder beruhigt gefühlt. Smyth’s Mortuary bildete hier nur insofern eine Ausnahme, als es sich keine Mühe machte, mittels seiner Innenausstattung Trauerhilfe zu leisten. Die Örtlichkeit war das kackbraun gestrichene Ende einer Häuserreihe, und was Dan am stärksten auffiel, war, dass es roch. Er fächelte die Luft mit dem Prospekt, den er in der Hand hielt; doch auch das änderte nichts an der Tatsache, dass es komisch roch – nicht lustig komisch, sondern irgendwie nach Leichenschweiß.
Dan blätterte in der Broschüre, bis er auf die »Alternative Containerpreisliste« stieß. Als er einen Blick auf das billige Ende der Liste warf, fragte er sich, was einem die Firma Smyth für 84,06 Dollar ins Haus schicken würde. Gemessen an dem Preis für einen Kiefernsarg gab es für vierundachtzig Dollar vielleicht ein leeres Mayonnaiseglas mit abgeschabtem Etikett.
Dan las auch das Kleingedruckte unten an der Seite: »Es gibt keinen wissenschaftlichen oder anders gearteten Beweis, dass ein versiegelter Sarg menschliche Überreste konserviert.« Dan fragte sich, welche falschen Versprechungen diesen gesetzlichen Hinweis nötig gemacht hatten. »Sagen wir mal, Sie lassen einen Deluxe Staub-zu-Staub Größe III mit der neuesten Hydroversiegelung springen, okay? In zehn Jahren, wenn die Medizin ein Heilmittel findet für das, was Ihren geliebten Gatten getötet hat, können wir ihn exhumieren und …« Dan legte die Broschüre beiseite und wischte sich die Hände mit dem Taschentuch ab. Selbst nach seiner langjährigen Tätigkeit in der Werbung fand er es empörend, dass sich diese Leute nicht schämten, solche Lügen zu erzählen, nur um etwas zu verkaufen. Ein Waschmittel konnte man mit allem möglichen Hokuspokus anpreisen, seinetwegen auch mit ultraweiß machenden Enzymen, aber bei einem Trauerfall ging ihm das zu weit.
Dan stutzte plötzlich. Woher kam diese moralische Anwandlung? Er richtete sich doch sonst immer strikt nach dem Motto »Schröpft den Kunden«.
Wenige Augenblicke später erschien ein Verkäufer. Dan hatte eine Art Frankenstein erwartet, aber der Mann sah mehr oder weniger normal aus. Er hieß Walter. Walter hatte interessante Augenbrauen, aber sonst kaum etwas, das Dan auffiel. Walter hasste seinen Job, aber er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Er musste Rechnungen bezahlen und war nicht ehrgeizig genug, sich eine andere Arbeit zu suchen. Also schwatzte er jedem, der hereinkam, das teuerstmögliche Zeug für ein erhabenes Ende auf.
Das teuerste Angebot in diesem Monat war ein Prometheus-Bronzesarg mit
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