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McJesus

McJesus

Titel: McJesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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Billigung seitens der entsprechenden Organisation. Wenn ein Mann in einem weißen Kittel und einem Stethoskop um den Hals lächelnd für ein mildes Abführmittel warb, hatten die kleinen, brutal wirkenden Pillen plötzlich die durch nichts belegte Anerkennung der American Medical Association. Dementis wie »Ich bin kein Arzt, ich spiele nur einen im Fernsehen« spielten keine Rolle. Das Bild war weitaus mächtiger als Worte. Oder, wie ein Werbefachmann es selbstgefällig ausgedrückt hatte: »Image ist alles.«
    Ein anderer psychologischer Aspekt, über den Dan im Zusammenhang mit seiner neuen Kleidung nachdachte, war die Hierarchie. Warum trugen hochrangige Militärs und religiöse Würdenträger auffälligere Kleidung als die unteren Chargen? Nur, um ihren Rang zu erkennen zu geben? Das konnte man auf wesentlich einfachere Weise tun. Nein. Aufwändige Ausstattung war schlicht eine Machtdemonstration mit der unverhüllten Absicht, einzuschüchtern, überlegen zu wirken und Gehorsam zu fordern.
    Aber warum unterstellten die Menschen, dass jeder, der in einer Uniform steckte, wirklich das war, was er der Uniform nach sein sollte? Auch das war ganz einfach: weil sie gewöhnlich genau das waren, was die Uniform aus ihnen machte. Deshalb waren Uniformen so geeignet, um Menschen etwas vorzugaukeln, wie zum Beispiel in der Werbung, oder um ihnen weiszumachen, der mit dem Stehkragen habe einen direkten Draht zum Allerhöchsten. Der Anschein von Autorität ist genauso gut wie echte Autorität – solange man nicht erwischt wird.
    Dan machte eine Vierteldrehung und betrachtete sich im Profil. Er dachte, dass ein Geistlicher nicht nur Verantwortung hatte, sondern auch ein enormes Potenzial. Er konnte Gutes tun, helfen, retten, Erlösung, Vergebung und Hoffnung spenden. Das waren die Dinge, die ihn einst motiviert hatten, Theologie zu studieren – Erinnerungen, die, wie er hoffte, schnell wieder verschwinden würden.
    Sein Blick fiel auf die Kommode, wo die Bibel lag, die ihm seine Anwältin gegeben hatte. Er nahm sie, schlug sie irgendwo auf und begann zu lesen: »Ich bin der Herr dein Gott.« Dan fand, dass es schön klang. Mit volltönender Stimme las er weiter. »Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!« Dan hob das Kinn und blickte von oben herab auf sein Spiegelbild.
    Er versuchte, so auszusehen, als habe er einen direkten Draht zu Gott. Plötzlich begann die Erde zu beben. Dan ließ die Bibel fallen und war bereit, auf die Knie zu sinken, als er merkte, dass es sich nur um einen kleinen Erdstoß handelte, vermutlich ein Nachbeben des Northridge-Bebens. Andererseits war es vielleicht doch kein Erdstoß? Er hob das Buch auf, hob die Augen zum Himmel und bat um Vergebung. Als er die Bibel wieder auf die Kommode legen wollte, sah er, dass eine Seite ein Eselsohr hatte. Er schlug die Stelle auf Matthäus, Kapitel acht, Vers 22. »Aber Jesus spricht zu ihm: Folge du mir und lass die Toten ihre Toten begraben!« Langsam klappte Dan das Buch zu. Er dachte an Michael, und dann fiel ihm ein, dass er das Beerdigungsinstitut anrufen musste.
     
    Schwester Peg dachte immer noch an Sonia, als sie von einem lauten Geräusch in die Gegenwart zurückgeholt wurde. Ruben schlug mit einer großen Kelle gegen den Makkaronibottich. Er versuchte, Schwester Peg auf sich aufmerksam zu machen, damit er ihr einen Teller in die Hand drücken konnte. Manchmal machte sich Ruben Sorgen um sie. Sie arbeitete so schwer und musste immer wieder Enttäuschungen einstecken. Er wusste, wie so etwas an einem zehrte, wenn einem das bisschen Hoffnung, das man vielleicht hatte, Stück für Stück genommen wurde. Sie arbeitete so viel, dass sie manchmal vergaß, etwas zu essen. Ruben sorgte dafür, dass es nicht zu oft vorkam. Er reichte ihr einen Teller.
    Sie löffelte ein paar verkochte Bohnen neben ihre Makkaroni mit Käse, dann setzte sie sich auf das Buffet, um während des Essens einen weiteren Telefonanruf zu erledigen. Sie biss in eine Scheibe Brot, wählte und wartete.
    »Hallo?« Die Stimme klang fern und hatte einen leichten Nachhall wegen der Freisprechanlage.
    Schwester Peg hasste diese indiskrete Erfindung. »Monsignore, hier ist Schwester Peg. Ich versuche, Pater Michael zu finden. Ich dachte, Sie wüssten vielleicht, wo er –«
    Monsignore Matthews schaltete die Freisprechanlage aus und griff nach dem Hörer. »Schwester!«, sagte er. Er klang nervös und aufgeregt. »Ich habe ganz sicher keine Ahnung, wo er sich aufhält, und ich bin

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